tag:blogger.com,1999:blog-57914897768775019612024-03-08T02:18:13.492-08:00Recumbently PortugalAnonymoushttp://www.blogger.com/profile/11924140569160672339noreply@blogger.comBlogger16125tag:blogger.com,1999:blog-5791489776877501961.post-736696702828308472008-08-07T12:15:00.000-07:002008-08-07T12:16:09.671-07:00Ein VorwortNatürlich war die Idee, mitten im Juli, der heißesten Zeit des Jahres, einer Zeit, in der die Niederschlagswahrscheinlichkeit ins Negative geht, mit dem Rad in den äußersten Süden zu fahren, vollkommener Irrsinn. Niemand sollte sich den Strapazen einer 100 km-Etappe bei 45 Grad trockener Hitze aussetzen. Es sei denn, er fährt für die Telekom, bekommt eine Million Euro dafür und hat sein Blut mit Epo getuned.<br /><br />Ich fahre nicht für die Telekom, anstatt es zu bekommen, habe ich für den ganzen Trip eine Menge Geld bezahlt und das einzige Tuning, das ich meinem Körper zukommen lasse, sind Brausetabletten mit Magnesium.<br /><br />Aber natürlich bin ich stolz auf meine Leistung - 760 Kilometer durch ein Land gefahren zu sein, das sich ab 12 Uhr komplett in kühle Häuser zurückt zieht und erst ab 15:30 Uhr wieder die Rolläden öffnet. Mitunter war ich stundenlang der einzige Mensch auf den Straßen, bekam niemanden zu Gesicht. Selbst scharfe Wachhunde zwinkerten nur benommen mit den Augenlidern, bevor sie dieses ungewöhnliche Gefährt unbehelligt weiterziehen ließen, anstatt es - wie üblich - eine Weile mit drohendem Gebell zu begleiten.<br /><br />Es war ein wunderschöner Trip, voller bewegender Momente, atemberaubender Panoramen. Voller Leiden bei steilen Aufstiegen, die auch einem Alp d´Huez in nichts nachstehen würden, bei rasanten Abfahrten durch haarsträubende Serpentinen, bei denen ich mir vorkam, wie ein Eurofighter-Pilot im Nahkampf. Ich traf viele - eigentlich nur - liebenswerte, nette Menschen, die viel, sehr viel lachten, die stets hilfsbereit waren und ... ich wählte oft die schwierigere Strecke, um mehr zu sehen, von diesem Land.<br /><br />Portugal, von dem man so viel hört, dessen Speisen man schon so oft im Restaurant aß, aber das man eigentlich doch gar nicht kennt. Ich wünsche viel Spaß bei <span style="font-style: italic;">Recumbently Portugal </span><span>und ... alles hier ist gern zum Nachahmen empfohlen. Aber mit Vorsicht zu genießen.<br /><br /></span><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIrhVA2-k6I/AAAAAAAAAc0/nOF9tC4zoKA/s1600-h/map_all.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIrhVA2-k6I/AAAAAAAAAc0/nOF9tC4zoKA/s400/map_all.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5227238068640977826" border="0" /></a><span>Ich weilte insgesamt 12 Tage in Portugal, von denen ich 7 Tage auf meinem Liegerad HP Velotechnik <span style="font-style: italic;">Speedmachine </span>verbrachte. Jeweils 2 Tage in Lissabon und Porto tat ich nichts, als Tourist zu sein und ein Tag Ruhe in Castelo Branco, im heißen Inland, zwischen den Bergetappen, gönnte ich mir auch.<br /><br />Die 7 Etappen gliedern sich in 4 flache und 3 Bergetappen auf - wobei das Wort "flach" im Zusammenhang mit Portugal mit Vorsicht zu genießen ist. Denn schon sehr schnell lernte ich meine erste Lektion: <span style="font-style: italic;">Portugal ist ein einziger Berg</span>. Hat man den einen überwunden, bekommt man dafür zwei neue aufgetischt. Wer im flachen Land fahren will, der hat hier definitiv den falschen Flieger bestiegen.<br /><br />Ich fuhr am Tag rund 6 Stunden, wobei ich immer gegen 8 Uhr gestartet bin. Bis 11 Uhr ist das Wetter - vor allem an der Küste - sehr schön. Vom Meer weht frischer, feuchter Nebel ins Land und die Sonne kann noch nicht allzuviel ausrichten. Dann allerdings wird es kriminell - im Inland gern auch schon ab 9. Dann glüht Portugals Sonne unbarmherzig bis 16, 17 Uhr und man muss sich entscheiden, wie man es handhaben will.<br /><br />Man kann ab 12 bis 14 Uhr Siesta machen, sich unter einen großen Eukalyptusbaum legen und dösen, etwas Leichtes essen und dann weiterfahren. Kann man. Hab ich aber nie gemacht. Ich habe mir einen Zentimeter Sonnencreme aufgespachtelt und bin durchgefahren. Durch die unerträgliche Mittagshitze genauso, wie durch die paar Stunden bis Sonnenuntergang, wenn die Sonne zwar an Macht verliert, dafür der Boden, die Felsen und vor allem der Asphalt die gesammelte Wärme wie Unterhitze im Backofen abgeben.<br /><br />Ich wollte ankommen, nicht rumhängen. Das war bestimmt nicht die klügste Entscheidung, weil ich meinem Körper enorme Strapazen zugemutet habe, mehr als einmal vor einem Hitzeschlag stand. Aber für mich ist Radfahren mehr, als nur das Verbinden von Punkt A mit Punkt B.<br /><br /></span><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp1.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJNDC-rNv3I/AAAAAAAAAnM/SCBFnn2djUs/s1600-h/confusion.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp1.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJNDC-rNv3I/AAAAAAAAAnM/SCBFnn2djUs/s400/confusion.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5229597310770331506" border="0" /></a><span>Es geht mir um zwei Dinge: Das Erleben von Natur. Und das Erleben meines Körpers.<br /><br />Zum Erleben der Natur ist das Rad genau das richtige Fortbewegungsmittel. Man ist unmittelbar im Geschehen, kein Blechkleid trennt einen von dem, was einen umgibt. Wind, Wetter - und eben auch die Hitze - können ungefiltert erfahren werden. Gerüche, Geräusche, mit all dem kann man sich auseinandersetzen, denn man hat Zeit, ist langsam genug, nachzudenken, zu genießen, genau zu beobachten. Und man ist trotzdem schnell genug, um Gebiete zu durchfahren, die genug Abwechslung in ihrem Erscheinen bieten, dass es nie langweilig wird. Wandern, Laufen, ist da viel zu langsam. Autofahren viel zu schnell, viel zu abgeschottet, viel zu unpersönlich. In einem Auto fährt man - mit einem Rad reist man.<br /><br />Was das Erleben des Körpers angeht, nun, da gehört zuerst natürlich die Veränderung hinzu, die der Körper durchmacht, wenn er gefordert wird. Wie reagieren meine Muskeln, mein ganzer Bewegungsapparat, wenn ich ihn diesen Belastungen aussetze? Wie fühlt sich das an, diesen Körper eine 10%-Steigung hinaufzuprügeln? Wie ist das, wenn ich bei 45 Grad Hitze im Schatten durch die pralle Sonne fahre?<br />Das Leid gehört - bis zu einem gewissen Grad - mit hier her. Leiden, fast schon Qualen, machen das ganze für mich so lebendig. Ich mühe mich ab, um ein Ziel zu erreichen. Das Schöne und das Unschöne unmittelbar nebeneinander.<br /><br />Stechenden Schmerz in den Lungen zu fühlen und sich gleichzeitig an einem atemberaubenden Panoramablick mit über 100 km Sichtweite zu erfreuen - wo hat man das schon?<br /><br /></span><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp1.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIrbsyGSsOI/AAAAAAAAAcs/y8vo5A_7n68/s1600-h/von_hinten.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp1.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIrbsyGSsOI/AAAAAAAAAcs/y8vo5A_7n68/s400/von_hinten.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5227231879925772514" border="0" /></a><span>Ich lag insgesamt 37 Stunden im BodyLink-Sitz meiner <span style="font-style: italic;">Speedmachine</span>, schleppte das 14 kg schwere Rad mit mir 60-Kilo-Leichtgewicht und 25 kg Gepäck über exakt 761 km durch Portugal, überwand mindestens 100 Berge, wobei sich gern mal 500 bis 600 Höhenmeter vor mir auftürmten, durchfuhr dabei unzählige enge Serpteninen und kam auf den rasanten Abfahrten auf maximal 66,85 km/h.<br /><br />Dieser Blog gibt die Texte wieder, die ich während der Reise immer nach meiner Ankunft am jeweiligen Etappenziel geschrieben habe - ich übernehme die Texte unverändert. Wer sie nacheinander liest, wird vielleicht bemerken, wie sich Veränderungen aufgrund von Erfahrungen einstellen. Wie Euphorie vielleicht umschlägt. Wie Superlative egalisiert werden. Wie an jedem neuen Tag das vom gestrigen ad absurdum geführt wird. Auch das ist Radfahren - Abenteuer. Nicht zu wissen, was morgen kommt und deshalb die Freiheit zu haben, das Heute mit großen, staunenden Augen zu sehen und aufzusaugen, zu genießen.<br /><br />Für alle, die sich auch auf eine solche oder ähnliche Tour machen wollen, folgt eine kleine Beschreibung meiner Ausrüstung, die ich (mehr oder weniger nützlich) mitnahm und am Ende ein kleines Portugal-ABC.<br /><br /><br />Viel Spaß - ich hatte ihn jedenfalls.<br /><br /><br /><br /></span>Anonymoushttp://www.blogger.com/profile/11924140569160672339noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5791489776877501961.post-83097811510661941992008-07-30T23:54:00.000-07:002008-08-07T21:55:47.450-07:00Links & Adressen<span style="font-style: italic;"><br />Zunächst einmal - eine Tour steht und fällt mit der Ausrüstung, die man mitnimmt. Deshalb hier einige Sätze zu dem, was ich mit mir führte:</span><br /><br /><span style="font-weight: bold;">Fahrrad & Packtaschen<br /></span>Ich bin stolzer und überglücklicher Besitzer einer <span style="font-style: italic;">HP Velotechnik "Speedmachine"</span>. Sie ist (noch) mit einer Shimano Deore XT und Magura Scheibenbremsen (hydraulisch) ausgestattet. Meine Reifenwahl war der Schwalbe "Marathon", sonst fahre ich sie in Deutschland mit dem "Marathon <span style="font-style: italic;">Racer</span>".<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://3.bp.blogspot.com/_QfcXEaXAEmQ/SJp_Njgo2tI/AAAAAAAAAp4/sKWIPmZxxxU/s1600-h/Lars_Reisberg_Speedmachine_.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://3.bp.blogspot.com/_QfcXEaXAEmQ/SJp_Njgo2tI/AAAAAAAAAp4/sKWIPmZxxxU/s400/Lars_Reisberg_Speedmachine_.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5231633787991415506" border="0" /></a><span style="font-weight: bold;">Packtaschen<br /></span>Kann man natürlich normale, z.B. von Ortlieb, nehmen, ich finde aber, dass die extra für Liegeräder optimierten Taschen von <strong style="font-weight: normal;"><a href="http://www.radicaldesign.de/">Radical Design</a></strong> genau zum Rad passen, dabei aerodynamisch sind und - in die Größe XL mit 80 Litern - Enormes rein geht. Kann ich nur empfehlen.<br />Ansonsten lohnt es sich, ein paar Schnallen und Schnüre mitzunehmen, wie man auf dem Bild erkennen kann, habe ich Iso-Matte und Schlafsack außen transportiert.<br /><br /><span style="font-weight: bold;">Ausrüstung<br /></span>Eines vorweg: Ich hatte viel zu viel mit. Insgesamt kam ich auf etwa 20 Kilogramm Gepäck, was natürlich Wahnsinn ist. Bei einer Weltumrundung kann man das mal machen, aber nicht bei einem 7-Etappen-Ritt.<br />Versucht, so auf 8 bis max. 10 Kilo zu kommen. Dabei ist ein leichtes Zelt schon einmal ein guter Anfang ...<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://4.bp.blogspot.com/_QfcXEaXAEmQ/SJqAzEOHhfI/AAAAAAAAAqA/exd3P2drQ-I/s1600-h/Bikesachen.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://4.bp.blogspot.com/_QfcXEaXAEmQ/SJqAzEOHhfI/AAAAAAAAAqA/exd3P2drQ-I/s400/Bikesachen.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5231635531938891250" border="0" /></a><span style="font-weight: bold;">1</span> Biketrikots "NW" und "Nalini", ein langärmeliges Biketrikot von "Jeantex" (das habe ich aber wieder nach Hause geschickt),<span style="font-weight: bold;"> 2</span> Bike-Hosen von "Alex" und "VAUDE" und die<span style="font-weight: bold;"> 3</span> Clickschuhe von Shimano - (Fußpuder nicht vergessen!)<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://4.bp.blogspot.com/_QfcXEaXAEmQ/SJqBUx4Qf2I/AAAAAAAAAqI/wNjoEfhWTgc/s1600-h/Klamotten.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://4.bp.blogspot.com/_QfcXEaXAEmQ/SJqBUx4Qf2I/AAAAAAAAAqI/wNjoEfhWTgc/s400/Klamotten.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5231636111130918754" border="0" /></a>Bei den Klamotten war ich auch sehr sparsam: 2 Shorts, 2 Paar Socken, 1 T-Shirt, 1 Hemd, 1 Jeans (leider ohne Gürtel, den ich nachkaufen musste) und 1 Paar Chucks. Fertig. Mehr braucht Ihr nicht.<br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://1.bp.blogspot.com/_QfcXEaXAEmQ/SJqBmVxfV6I/AAAAAAAAAqQ/4aEESsIMZcE/s1600-h/Camping.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://1.bp.blogspot.com/_QfcXEaXAEmQ/SJqBmVxfV6I/AAAAAAAAAqQ/4aEESsIMZcE/s400/Camping.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5231636412823984034" border="0" /></a><span style="font-weight: bold;">1</span> Da ist sie, die schicke Radtasche von <a href="http://www.radicaldesign.de/">Radical Design</a>, die ich mit St.Pauli und Hamburg-Aufnähern verschönert habe. Schließlich bin ich ja auch Botschafter meiner Stadt ... <span style="font-weight: bold;">2 </span>Das Zelt und der Schlafsack sind noch nicht Profimaterial. Mit 4,5 Kilo ist da Zelt extrem schwer, der Schlafsack mit über 1 Kilo ebenfalls. Da werde ich bei Gelegenheit mal was leichteres kaufen. Probleme gabs deswegen aber nicht, außer, dass ich viel schleppen musste. <span style="font-weight: bold;">3</span> Eine Motorradplane ist was Tolles - so kann man das Bike abdecken, es ist vor Regen und allzu neugierigem Blick geschätzt. Sie wiegt auch nur 200 Gramm.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://3.bp.blogspot.com/_QfcXEaXAEmQ/SJqCoxqrGcI/AAAAAAAAAqY/TgDXuL93cYg/s1600-h/Kosmetik.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://3.bp.blogspot.com/_QfcXEaXAEmQ/SJqCoxqrGcI/AAAAAAAAAqY/TgDXuL93cYg/s400/Kosmetik.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5231637554182953410" border="0" /></a><span style="font-weight: bold;">1 </span>Das Fußpuder ist ein Traum: Gerade bei hohen Temperaturen und in den abgeschlosenen Bikeschuhen schwimmen Füße häufig im Schweiß, was auf langen Touren dann gern mal zu Fußpilz und anderen Leckereien führen kann. Mit Fußpuder aber nicht. <span style="font-weight: bold;">2 </span>Auch wenns ein bissel was wiegt - ohne den Klosterfrau Latschenkiefer (und nur den von Klosterfrau!) geht gar nix. Erfrischend auf den Waden, zieht es sofort ein und belebt müde Muskelgruppen nach einem anstrengenden Kurbel-Tag. <span style="font-weight: bold;">3 </span>Autan ist was Tolles - in Portugal aber völlig unsinnig. Ich habe nicht eine einzige Mücke gesehen ... <span style="font-weight: bold;">4</span> Die Düfte von MEXX liebe ich, warum ich allerdings auf einer Radtour den schweren Flacon mitnehmen musste, weiß nur mein Hirn ... <span style="font-weight: bold;">5 </span>Gesunde Ernährung reicht vollkommen aus, um seinen Bedarf (auch den sportlich bedingt erhöhten) mit Vitaminen & Mineralien zu decken. Allerdings nehme ich regelmäßig Magnesium und "Gelenke plus ultra" von taxofit zu mir. Kann nicht schaden.<br />Seife, Q-Tips, Klo-Papier (wichtig!!!) und Zahnreinigungsdinge verstehen sich von selbst.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://4.bp.blogspot.com/_QfcXEaXAEmQ/SJqD10I4TlI/AAAAAAAAAqg/Q8NgC009u-0/s1600-h/Technik.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://4.bp.blogspot.com/_QfcXEaXAEmQ/SJqD10I4TlI/AAAAAAAAAqg/Q8NgC009u-0/s400/Technik.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5231638877696446034" border="0" /></a><span style="font-weight: bold;">1 </span>Das gute WD40-Öl ist ein MUSS! Gerade bei hoher Beanspruchung freuen sich die Kugellager, das Ritzelpaket und der Umwerfer alle paar hundert Kilometer über einen Schuss Gleitmittel. <span style="font-weight: bold;">2 </span>Das gute Sil von saptil - hiermit habe ich die eine Rad-Garnitur jeden Tag gewaschen, während ich die andere getragen habe. Bei dem portugiesischen Klima trocknet das locker über Nacht. Alles andere wäre ekelig. <span style="font-weight: bold;">3</span> Ersatzschläuche von Schwalbe. Gut, sie zu haben, ich habe sie gottseidank nicht gebraucht. <span style="font-weight: bold;">4</span> Die Syntace-Toolbox und einen Satz Inbus-Aufsätze für die Ratsche müssen sein. Wer weiß, was einem unterwegs kaputt geht. Ab und zu kann man auch mal die Schrauben checken und ggf. festziehen, für den Flieger musste ich sowieso meinen Lenker schräg stellen. Werkzeug wiegt viel - kann aber einer Tour retten. <span style="font-weight: bold;">5</span> Gewebeband (Gaffa) sollte mindestens eine Rolle mitkommen. Es ist die Universalwaffe gegen alles. <span style="font-weight: bold;">6</span> Die gute alte Wese-Luftpumpe. Unverzichtbar. <span style="font-weight: bold;">7</span> Vollkommener Schwachsinn - aber gut gemeint - hingegen die irreschwere MagLite, die ich sofort nach Hause geschickt habe, ebenso, wie das <span style="font-weight: bold;">8</span> Schloss, das ich nicht gebrauchen konnte. Wer allerdings sein Rad mal irgendwo abstellen möchte, der sollte eins dabei haben. Logisch.<br /><br /><br /><span style="font-style: italic;">Vor einer großen Tour sollte man sich natürlich über Land und Leute und vor allem die Strecke informieren. Hier kommt, was ich gelesen habe:<br /><br /></span> <span style="font-weight: bold;">Fahrrad-Weltführer</span> von Helmut Hermann (Verlag Reise Know-How)<br />Das Standardwerk für alle, die es per Bike in die weite Welt führt. Dickes Ding, macht Spaß und vor allem Lust. Die Tipps sind recht präzise, natürlich können sie nur als Eckpunkte fungieren. Aber um einen Überblick über die Radelreviere der Welt zu bekommen, unverzichtbar. Portugal (wie ganz Europa) findet sich in diesem Buch freilich nicht - aber es ist immer wieder eine beruhigende Dosis, wenn einen das Fernweh packt.<br /><span style="font-weight: bold;"><span style="font-style: italic;">Sehr zu empfehlen</span></span><br /><br /><span style="font-weight: bold;">Radreisen Basishandbuch </span>von Sven Bremer (Verlag Reise Know-How)<br />Was man alles beachten sollte - von der Reiseplanung über Gepäck bis hin zu on the road - steht hier drin. Meiner Meinung nach nichts, was man sich nicht auch selbst in mehreren, kleinen bis mittleren Touren beigebracht hätte, aber für alle, die sicher gehen wollen und komplett neu in der Materie sind, sicher ein guter Anfang.<br /><span style="font-weight: bold;"><span style="font-style: italic;">Bedingt zu empfehlen</span></span><br /><br /><span style="font-weight: bold;">Portugal per Rad</span> (Band 2 "Der Norden) von Falk v. Kriegsheim (Cyclos-Verlag)<br />Ein sehr, sehr detailliertes Buch, das nach einer fast diplomarbeitsmäßigen Abhandlung zur Geschichte, Sprache und dem Allgemeinen des Landes eine Fülle von Tourenvorschlägen für den Norden Portugals liefert. Lückenlos recherchiert, immer wieder garniert mit allerlei Hintergrundinfos. Die Touren gehen so weit, dass sie konkrete Angaben enthalten, wo man abbiegen soll "... an der Pastelaria neben der Telefonzelle links und dann gleich wieder links - sonst verfahrt Ihr Euch ..." , was schon eher Geheimtipps gleich kommt.<br />Da dieses Buch in einem kleinen Verlag erschienen ist, fehlen Bilder - die Zeichnungen und Karten sind schmucklos, weshalb ich schnell ermüdet bin.<br />Bei einer Tourenplanung ist dieses Buch Gold wert - ich habe es allerdings nur überflogen, da ich auf eigene Faust entdecken wollte. Für alle anderen:<br /><span style="font-style: italic;"><span style="font-weight: bold;">Sehr zu empfehlen</span></span><br /><br /><span style="font-weight: bold;">MARCO POLO Portugal</span> Reiseführer<br />Joa, wie Reiseführer so sind. Meiner war sehr aktuell und hat mir (vor allem in Lissabon) sehr geholfen. Ansonsten habe ich mich unterwegs über die Städte informiert, die ich dan letztlich doch nicht wirklich zu Gesicht bekommen habe ... als Einstimmung und generelle Planung der Tour sicher optimal. Unterwegs ergeben sich aber meist immer Alternativen.<br /><span style="font-style: italic;"><span style="font-weight: bold;">Bedingt zu empfehlen</span></span><br /><br /><span style="font-weight: bold;">Portugiesisch Wort für Wort</span> (Kauderwelsch-Band 11) <span><br />Na, da dachte ich, ich glänze vor Ort mal mit etwas Sprachkenntnis. Ich habe es auch echt versucht, aber eine Sprache erlernt man nicht aus einem Buch heraus. Obwohl dieses sehr einfach und strukturiert die Grundzüge der Sprache erläutert, habe ich außer einer Handvoll Grundvokabeln in Portugal nichts davon gebrauchen können.<br /><span style="font-weight: bold;"><span style="font-style: italic;">Unnötig, aber interessant</span></span><br /><br /><span style="font-weight: bold;">Kartenmaterial<br /></span>Kauft Ihr<span style="font-weight: bold;"> </span>Euch am besten vor Ort (ist auch billiger) und dann unbedingt <span style="font-weight: bold;">im Maßstab 1:600.000 </span>oder kleiner. Nicht größer, das bringt dann nichts mehr. Ich hatte eine Karte von Michelin, die ich nicht empfehlen kann, da diese eine mehr als ungenügende Darstellung von Höhendaten enthalten hat. Es waren nur die höchsten Punkte verzeichnet, Gebirgszüge nur sehr schlecht und rudimentär dargestellt.<br /><span style="font-weight: bold; font-style: italic;">Michelin ist nicht zu empfehlen</span><br /><br /><br /><span style="font-style: italic;">Wer</span></span><span style="font-style: italic;"> </span><span style="font-style: italic;">die Tour oder Teile von ihr nachfahren will, dem kann ich einige Dinge empfehlen - Hotels, Campingplätze usw.. Hier die Adressen.</span><br /><br /><span style="font-weight: bold;">Anreise</span><br /><span style="font-weight: bold;"><span>TAP Air Portugal</span></span><span><span> </span><span>- Die </span></span><span>Fahrra</span><span>dmitnahme kostet zwar 50 Euro pro Strecke (zahlbar in Bar beim Check-In) aber dafür ist der Service auch prima. Flugzeuge neu, sehr freundlicher Service und - wichtig </span><span>für die Landung auf einem der windigsten Flughäfen der Welt - mithin eine Airline mit den besten Piloten der Welt.</span><span style="font-weight: bold;"><span> </span></span><span><span>Wegen der Fahrradmitnahme, die bestätigt werden muss, immer in einem Reisebüro buchen!</span></span><span style="font-weight: bold;"><span><br /><a href="http://www.flytap.com/Deutschland/de/Homepage/">TAP Portugal</a></span><span style="font-style: italic;"><br /><br /></span></span><span style="font-weight: bold;">Hotel in Lissabon<br /><span>"Olisippo Marques de Sa" </span></span><span><br />Ein kleineres Dreisterne-Haus nahe dem Parque Eduard VII und dem Riesenshopping-Center El Corte Ingles. Tolle, freundliche Leute, preiswerte Zimmer und ruhige Lage. Ins Zentrum läuft man eine gute Stunde, kommt dabei aber die Avenida Libertade entlang und somit an allen großen Sehenswürdigkeiten vorbei. Zum Parque, wo z.B. die Sightseeing-Tour startet, etwa 10 Minuten. Ich kanns nur empfehlen.</span><span style="font-weight: bold;"><br /><a style="font-style: italic;" href="http://www.hotelolissippomarquesdesa.com/">Marques de Sa</a><br /><br />Camping in Ericeira</span><br /><span><span>Der Campingplatz - wie beschrieben - ist super gepflegt, alles ist auf dem neuesten Stand. Es gibt elektronische Chipkarten zum ein- und ausgehen, der Platz ist bewacht und zum (ersten) Strand sind es nur </span></span>10 Minuten Fußweg. Direkt am Platz ist ein Mini-Mercado und eine Pizzeria, nach Ericeira sind es ca. 20 Minuten Fußweg.<br />Der Untergrund ist <span style="font-weight: bold;">extrem hart</span>, weshalb Ihr unbedingt Stahlhäringe braucht, falls Ihr mit Zelt unterwegs seid!<br /><a style="font-style: italic; font-weight: bold;" href="http://www.ericeiracamping.com/">Ericeira Camping</a><br /><span style="font-weight: bold;"><br /><span style="font-weight: bold;">Camping in Sáo Martinho de Porto<br /></span></span><span><span>Einfacher Zeltplatz direkt gegenüber vom Strand. Der Platz bietet alles, was man braucht - am Haupteingang sind zwei kleine Restaurants, die Fastfood und die portugiesischen Standards bieten. Zur Promenade und ins pralle Urlaubsleben sind es 5 Gehminuten. Der Platz ist zu 80 % von Wohnwagen okkupiert, der Zeltbereich ziemlich weit außen.<br />Keine Perle, aber wenn man nach Sáo Martinho kommt, will man ja auch kein Zeltplatz, sondern die fantastische Meeresbucht genießen. Aber Achtung - dies ist einer der beliebtesten Ferienorte Portugals. Also nicht gerade ein ruhiges Fleckchen ...<br /><br /><span style="font-weight: bold;">Camping </span></span></span><span style="font-weight: bold;"><span style="font-weight: bold;">in Tómar<br /></span></span><span><span>Ein Traum - das mal vorneweg - ist dieser kleine, feine Platz. Ein liebenswertes holländisches Pärchen hat sich hier eine wahre Schönheit in den steilen Abhang gesetzt. Komplett mit einem schnieken, kleinen Restaurant, einer tollen Bar, einem Pool und allem, was man zum Duschen und Sauberhalten braucht, ist das hier Idylle pur. Zwar "nur" runde 5 Kilometer von Tómar entfernt, aber Kilometer, die es in sich haben - Steigungen mit fiesen Ausmaßen zermürben noch einmal die Radfahrer auf ihren letzten Metern. Aber die Tortur lohnt sich in jedem Fall - Pelinos war der tollste, angenehmste Platz der ganzen Reise - <span style="font-weight: bold;">unbedingt zu empfehlen!</span><br /><a style="font-style: italic; font-weight: bold;" href="http://www.campingpelinos.com/">Camping</a></span></span><span style="font-weight: bold;"><span style="font-weight: bold;"><a style="font-style: italic;" href="http://www.campingpelinos.com/"> Pelinos</a><br /><br />Best Western Castelo Branco<br /></span></span><span><span>Service, wie man ihn eher in einem 5-Sterne-Haus erwartet - dieses 3-Sterne-Hotel war einfach nur toll! Super Zimmer, ganz ganz engagierte, freundliche Mitarbeiter und ein ziemlich gutes (preiswertes) Restaurant haben den Ruhetag in Castelo Branco zu einem wirklichen Urlaubstag gemacht. Wer hier her kommt, kann sich wirklich fallen lassen - mehr kann man echt nicht erwarten! Ganz großes Kino - <span style="font-weight: bold;">unbedingt zu empfehlen.</span><br /><br /><span style="font-weight: bold;">Hotel</span></span></span><span style="font-weight: bold;"><span style="font-weight: bold;"> Dom Henrique Porto<br /></span></span><span><span>Sicher, es gibt Schönere. Es gibt Modernere. Es gibt Kuscheligere. Aber kein Hotel in Porto bietet einen derart fantastischen Ausblick über die Stadt: Ich war im 15ten Stockwerk und hatte eine Übersicht wie aus einem </span></span><span><span>Aussichtsturm.<br />Das Ambiente könnte aus einem italienischen Agentenfilm aus den 70ern stammen - aber hier ist alles tip-top, wie es sich für ein 4-Sterne-Haus gehört. Sehr gut: Das Frühstücksbuffet, das das beste aller 3 Hotels war, in denen ich abgestiegen bin. Zuvorkommender, prompter Service, alles fein. <span style="font-weight: bold;">Unbedingt zu empfehlen.</span></span><span style="font-style: italic;"><br /><a style="font-style: italic; font-weight: bold;" href="http://www.oportohoteldomhenrique.com/">Dom</a><a style="font-style: italic; font-weight: bold;" href="http://www.oportohoteldomhenrique.com/"> Henrique</a><br /><br /><br /></span></span><span><span style="font-style: italic;">So, und nun bleibt mir hier nur noch eines: Setzt Euch auf Eure Räder, legt Euch in Eure Sitze und fahrt raus! Erobert Euch die Welt! Und falls wir uns unterwegs entgegen kommen sollten, haltet ruhig aufn kleinen Schnack an.<br /><br />Falls Ihr einem anderen Liegeradfahrer begegnet: Nicht vergessen, ihm zu winken und freundlich zu hupen. Das bringt Glück!<br /><a style="font-style: italic; font-weight: bold;" href="http://www.oportohoteldomhenrique.com/"></a><br />Viel Spaß! </span></span>Anonymoushttp://www.blogger.com/profile/11924140569160672339noreply@blogger.com3tag:blogger.com,1999:blog-5791489776877501961.post-37756591682357464502008-07-27T01:34:00.001-07:002008-08-06T11:20:54.981-07:00Ein VorwortNatürlich war die Idee, mitten im Juli, der heißesten Zeit des Jahres, einer Zeit, in der die Niederschlagswahrscheinlichkeit ins Negative geht, mit dem Rad in den äußersten Süden zu fahren, vollkommener Irrsinn. Niemand sollte sich den Strapazen einer 100 km-Etappe bei 45 Grad trockener Hitze aussetzen. Es sei denn, er fährt für die Telekom, bekommt eine Million Euro dafür und hat sein Blut mit Epo getuned.<br /><br />Ich fahre nicht für die Telekom, anstatt es zu bekommen, habe ich für den ganzen Trip eine Menge Geld bezahlt und das einzige Tuning, das ich meinem Körper zukommen lasse, sind Brausetabletten mit Magnesium.<br /><br />Aber natürlich bin ich stolz auf meine Leistung - 760 Kilometer durch ein Land gefahren zu sein, das sich ab 12 Uhr komplett in kühle Häuser zurückt zieht und erst ab 15:30 Uhr wieder die Rolläden öffnet. Mitunter war ich stundenlang der einzige Mensch auf den Straßen, bekam niemanden zu Gesicht. Selbst scharfe Wachhunde zwinkerten nur benommen mit den Augenlidern, bevor sie dieses ungewöhnliche Gefährt unbehelligt weiterziehen ließen, anstatt es - wie üblich - eine Weile mit drohendem Gebell zu begleiten.<br /><br />Es war ein wunderschöner Trip, voller bewegender Momente, atemberaubender Panoramen. Voller Leiden bei steilen Aufstiegen, die auch einem Alp d´Huez in nichts nachstehen würden, bei rasanten Abfahrten durch haarsträubende Serpentinen, bei denen ich mir vorkam, wie ein Eurofighter-Pilot im Nahkampf. Ich traf viele - eigentlich nur - liebenswerte, nette Menschen, die viel, sehr viel lachten, die stets hilfsbereit waren und ... ich wählte oft die schwierigere Strecke, um mehr zu sehen, von diesem Land.<br /><br />Portugal, von dem man so viel hört, dessen Speisen man schon so oft im Restaurant aß, aber das man eigentlich doch gar nicht kennt. Ich wünsche viel Spaß bei <span style="font-style: italic;">Recumbently Portugal </span><span>und ... alles hier ist gern zum Nachahmen empfohlen. Aber mit Vorsicht zu genießen.<br /><br /></span><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIrhVA2-k6I/AAAAAAAAAc0/nOF9tC4zoKA/s1600-h/map_all.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIrhVA2-k6I/AAAAAAAAAc0/nOF9tC4zoKA/s400/map_all.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5227238068640977826" border="0" /></a><span>Ich weilte insgesamt 12 Tage in Portugal, von denen ich 7 Tage auf meinem Liegerad HP Velotechnik <span style="font-style: italic;">Speedmachine </span>verbrachte. Jeweils 2 Tage in Lissabon und Porto tat ich nichts, als Tourist zu sein und ein Tag Ruhe in Castelo Branco, im heißen Inland, zwischen den Bergetappen, gönnte ich mir auch.<br /><br />Die 7 Etappen gliedern sich in 4 flache und 3 Bergetappen auf - wobei das Wort "flach" im Zusammenhang mit Portugal mit Vorsicht zu genießen ist. Denn schon sehr schnell lernte ich meine erste Lektion: <span style="font-style: italic;">Portugal ist ein einziger Berg</span>. Hat man den einen überwunden, bekommt man dafür zwei neue aufgetischt. Wer im flachen Land fahren will, der hat hier definitiv den falschen Flieger bestiegen.<br /><br />Ich fuhr am Tag rund 6 Stunden, wobei ich immer gegen 8 Uhr gestartet bin. Bis 11 Uhr ist das Wetter - vor allem an der Küste - sehr schön. Vom Meer weht frischer, feuchter Nebel ins Land und die Sonne kann noch nicht allzuviel ausrichten. Dann allerdings wird es kriminell - im Inland gern auch schon ab 9. Dann glüht Portugals Sonne unbarmherzig bis 16, 17 Uhr und man muss sich entscheiden, wie man es handhaben will.<br /><br />Man kann ab 12 bis 14 Uhr Siesta machen, sich unter einen großen Eukalyptusbaum legen und dösen, etwas Leichtes essen und dann weiterfahren. Kann man. Hab ich aber nie gemacht. Ich habe mir einen Zentimeter Sonnencreme aufgespachtelt und bin durchgefahren. Durch die unerträgliche Mittagshitze genauso, wie durch die paar Stunden bis Sonnenuntergang, wenn die Sonne zwar an Macht verliert, dafür der Boden, die Felsen und vor allem der Asphalt die gesammelte Wärme wie Unterhitze im Backofen abgeben.<br /><br />Ich wollte ankommen, nicht rumhängen. Das war bestimmt nicht die klügste Entscheidung, weil ich meinem Körper enorme Strapazen zugemutet habe, mehr als einmal vor einem Hitzeschlag stand. Aber für mich ist Radfahren mehr, als nur das Verbinden von Punkt A mit Punkt B.<br /><br /></span><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp1.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJNDC-rNv3I/AAAAAAAAAnM/SCBFnn2djUs/s1600-h/confusion.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp1.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJNDC-rNv3I/AAAAAAAAAnM/SCBFnn2djUs/s400/confusion.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5229597310770331506" border="0" /></a><span>Es geht mir um zwei Dinge: Das Erleben von Natur. Und das Erleben meines Körpers.<br /><br />Zum Erleben der Natur ist das Rad genau das richtige Fortbewegungsmittel. Man ist unmittelbar im Geschehen, kein Blechkleid trennt einen von dem, was einen umgibt. Wind, Wetter - und eben auch die Hitze - können ungefiltert erfahren werden. Gerüche, Geräusche, mit all dem kann man sich auseinandersetzen, denn man hat Zeit, ist langsam genug, nachzudenken, zu genießen, genau zu beobachten. Und man ist trotzdem schnell genug, um Gebiete zu durchfahren, die genug Abwechslung in ihrem Erscheinen bieten, dass es nie langweilig wird. Wandern, Laufen, ist da viel zu langsam. Autofahren viel zu schnell, viel zu abgeschottet, viel zu unpersönlich. In einem Auto fährt man - mit einem Rad reist man.<br /><br />Was das Erleben des Körpers angeht, nun, da gehört zuerst natürlich die Veränderung hinzu, die der Körper durchmacht, wenn er gefordert wird. Wie reagieren meine Muskeln, mein ganzer Bewegungsapparat, wenn ich ihn diesen Belastungen aussetze? Wie fühlt sich das an, diesen Körper eine 10%-Steigung hinaufzuprügeln? Wie ist das, wenn ich bei 45 Grad Hitze im Schatten durch die pralle Sonne fahre?<br />Das Leid gehört - bis zu einem gewissen Grad - mit hier her. Leiden, fast schon Qualen, machen das ganze für mich so lebendig. Ich mühe mich ab, um ein Ziel zu erreichen. Das Schöne und das Unschöne unmittelbar nebeneinander.<br /><br />Stechenden Schmerz in den Lungen zu fühlen und sich gleichzeitig an einem atemberaubenden Panoramablick mit über 100 km Sichtweite zu erfreuen - wo hat man das schon?<br /><br /></span><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp1.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIrbsyGSsOI/AAAAAAAAAcs/y8vo5A_7n68/s1600-h/von_hinten.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp1.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIrbsyGSsOI/AAAAAAAAAcs/y8vo5A_7n68/s400/von_hinten.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5227231879925772514" border="0" /></a><span>Ich lag insgesamt 37 Stunden im BodyLink-Sitz meiner <span style="font-style: italic;">Speedmachine</span>, schleppte das 14 kg schwere Rad mit mir 60-Kilo-Leichtgewicht und 25 kg Gepäck über exakt 761 km durch Portugal, überwand mindestens 100 Berge, wobei sich gern mal 500 bis 600 Höhenmeter vor mir auftürmten, durchfuhr dabei unzählige enge Serpteninen und kam auf den rasanten Abfahrten auf maximal 66,85 km/h.<br /><br />Dieser Blog gibt die Texte wieder, die ich während der Reise immer nach meiner Ankunft am jeweiligen Etappenziel geschrieben habe - ich übernehme die Texte unverändert. Wer sie nacheinander liest, wird vielleicht bemerken, wie sich Veränderungen aufgrund von Erfahrungen einstellen. Wie Euphorie vielleicht umschlägt. Wie Superlative egalisiert werden. Wie an jedem neuen Tag das vom gestrigen ad absurdum geführt wird. Auch das ist Radfahren - Abenteuer. Nicht zu wissen, was morgen kommt und deshalb die Freiheit zu haben, das Heute mit großen, staunenden Augen zu sehen und aufzusaugen, zu genießen.<br /><br />Für alle, die sich auch auf eine solche oder ähnliche Tour machen wollen, folgt eine kleine Beschreibung meiner Ausrüstung, die ich (mehr oder weniger nützlich) mitnahm und am Ende ein kleines Portugal-ABC.<br /><br /><br />Viel Spaß - ich hatte ihn jedenfalls.<br /><br /><br /><br /></span>Anonymoushttp://www.blogger.com/profile/11924140569160672339noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5791489776877501961.post-22869521116681176382008-07-27T01:32:00.003-07:002008-07-27T01:32:56.308-07:00Meine AusrüstungAnonymoushttp://www.blogger.com/profile/11924140569160672339noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5791489776877501961.post-68194969211885106472008-07-27T01:32:00.001-07:002008-08-06T10:58:59.855-07:00Das Portugal-Recumbent ABCKurz und bündig - Wissenswertes und Diverses zum Thema Radfahren in Portugal. Das basiert alles natürlich nur auf den Erfahrungen, die ich auf meiner Strecke gemacht habe.<br /><br /><br /><span style="font-weight: bold;">A - wie Abfahrt/Anstieg<br /></span><span>Wer dieses Blog halbwegs durchgelesen hat, dem werden allenthalben Berge begegnen. Und wer dann doch den Schritt wagt und mit seinem Bike runterfliegt, der wird es aus dem Flugzeug schon sehen können: Portugal ist voller Berge. Wir haben kleine, fiese mit steilen Steigungen, große, breite mit mäßigen und dann gibt es noch die Serra de Estrela, wo es richtig abgeht.<br />Bergfreunde kommen hier voll auf ihre Kosten. Ansonsten kann eine intelligente Streckenplanung vor allzu großen Geröllhaufen schützen. Wer Berge absolut nicht mag - der sollte das Holland gehen.<br />Meine Weisheit (geboren aus schmerzhafter Selbsterfahrung): Hast du einen Berg hinter dir, kommen dafür zwei neue.<br /></span><span style="font-weight: bold;"><br />B - wie Bremsen<br /></span><span>Ich hab</span><span>e</span><span style="font-weight: bold;"><span style="font-weight: bold;"> </span></span><span>gut Lachen, denn ich besitze ja auch zwei bissfeste Magura-Hydraulik-Scheibenbremsen. </span><span>Mit viel weniger würde ich mich die teilweise halsbrecherisch schnellen Abfahrten auch nicht hinab trauen. In jeden Fall, egal wo man fährt, sollte man über eine einsatzbereite und stark verzögernde Bremsanlage verfügen, denn nicht nur die Bergrücken, die man rasant hinabschießen kann, sondern auch der eine oder andere liegeradbegeisterte Portugiese zwingen zu abrupten Bremsmanövern. </span><span style="font-weight: bold;"><span style="font-weight: bold;"><br /><br /></span>C - wie Camping<br /></span><span>Campen ist in Portugal - vor allem entlang der Küste - überhaupt kein Problem. Die Campingplätze, die ich besucht habe, waren allesamt auf dem neuesten Stand: Saubere Waschräume, Sicherheitsdienst - es gab hier einfach alles. Aufpassen sollte man bei der Wahl seiner Häringe, denn manchmal werden die Camping-Sites auf Untergründen errichtet, die den Standard-Alu-Häringen, die nur weichen deutschen Mutterboden gewöhnt sind, nach ein, zwei Schlägen das Genick brechen. Stahlhäringe (angespitzt, wenns geht) kaufen!<br />Im Inland nimmt die Dichte der Plätze ab - Kartenstudium ist erforderlich!<br /><br /><span style="font-weight: bold;">D</span></span><span style="font-weight: bold;"> - wie Durchhalten<br /></span><span>Radfahren hat ja auch immer was mit Leiden zu tun. Irgendwie sind wir da ein wenig SM-mäßig veranlagt. Es ja ja auch was, diese kleinen, regelmäßigen Schübe in den Schenkeln zu spüren, sich abzumühen, zu schwitzen und zu leiden. Oft kann man dabei interessante Beobachtungen an sich selbst machen, was die Kraft des Gedankens, die Macht der Psyche über den schnöden Körper angeht. Durchhalten, oft die Devise. Aber bitte nicht übertreiben: Portugal ist ein heißes Backofen, der einem schnell das Genick brechen kann. Am besten, Ihr aklimatisiert Euch erst mal ein, zwei Tage irgendwo, gewöhnt Euch an die Temperaturen, die (oft nicht vorhandene Luftfeuchte), bevor Ihr losfahrt. Lissabon ist ein super Aklimatisationsort. Ansonsten: Durchhalten! Die Befriedigung der Ankunft, dieses Pulsieren heißen Blutes in den Adern ist unvergleichlich!<br /><br /><span style="font-weight: bold;">E</span></span><span style="font-weight: bold;"> - wie Einsamkeit<br /></span><span>Die alte Frage: Allein oder mit mehreren fahren? Kommt darauf an. Hat beides seine Vor- und Nachteile. Wer allein fährt (wie ich es getan habe), der wird naturgemäß mehr Kontakt zu den Einheimischen haben müssen, denn bevor er gar nicht spricht, dann doch schon mit den Leuten, die er trifft. Die Menschen werden einen auch eher ansprechen, als dass sie sich einer Gruppe nähern. Allein bestimmst du das Tempo, richtest du dich nur nach dir selbst, bist dein eigener Herr und triffst die Entscheidungen allein. Du hast Zeit, kontemplativ, ja, fast meditativ, zu fahren. Das hat seine Vorteile.<br />Aber so nachts im Zelt allein ... Essen allein ... Leiden allein. Das muss man können.<br />In der Gruppe passieren weniger Fehler - 4 Augen sehen mehr als 2. In der Gruppe kann man sich gegenseitig motivieren. Man kann sich helfen, wenn einer eine Panne hat.<br />Aber in einer fremden Gruppe - das würde ich mir überlegen. Am besten, übt vorher auf kleinen Touren. Dann seht Ihr, ob Ihr es schafft, nie enden wollende Steigungen von 10 % Tag für Tag zu meistern.<br />Einsamkeit kann etwas sehr Befreiendes und Reinigendes haben. Ich habe das erlebt - für mich war es perfekt.<br /><br /><span style="font-weight: bold;">F</span></span><span style="font-weight: bold;"> - wie Fahrradfahren<br /></span><span>"Die Portugiesen fahren wie die Irren!" Habe ich oft gehört. "Pass bloß auf, die saufen auch gern mal einen!" Habe ich sogar in einem Reiseführer gelesen. Kann ich alles nicht bestätigen. Ich habe die portugiesischen Autofahrer als rücksichtsvolle Verkehrsteilnehmer empfunden, die stets Respekt vor mir und meiner Art, mich fortzubewegen hatten. Ich wurde nicht einmal bedrängt, bse angehupt, geschnitten oder sonstiges. Kann sein, dass das am Liegerad gelegen hat und dass sie mit Uprights anders umgehen - das kann ich nicht sagen.<br />Aber wenn ich das Radfahrklima Deutschlands und Portugals vergleichen müsste, dann würde ich Portugal empfehlen: Hier wird man auf der Straße nicht als Fremdkörper und lästigen Idioten wahrgenommen. Ich fands toll.<br /><br /><span style="font-weight: bold;">G</span></span><span style="font-weight: bold;"> - wie Gepäck<br /></span><span>Ich hatte den Fehler gemacht und viel zu viel mitgenommen - siehe "Nützeliches" - und hatte dann 5 Kilogramm unnötigen Ballast die Steigungen hinaufzuschleppen. Fakt ist, dass jedes Kilo, das Ihr einspart, eine enorme Belastung darstellt. Sicher, um 8 Gramm zu kämpfen und deshalb 200 Euro teure Carbon-Bremshebel zu installieren ist Quatsch, aber Ihr solltet Euch ernsthaft überlegen, ob es wirklich die Riesen-MagLite sein muss, ob Ihr eine dicke Regenjacke braucht und ob es nicht vielleicht eine Mini-Alternative zum schweren Zelt gibt.<br />Angetreten bin ich mit etwa 20 Kilogramm Gepäck, das sich immer wieder auf runde 22 Kilo durch zugeladenes Wasser erhöht hat. Am Ende fuhr ich dann mit 18 Kilo, nachdem ich eine Menge (Taschenlampe, Jacke, schweres Schloss) nach Hause geschickt hatte. Wie sehr 3 Kilo entlasten, hätte ich nie gedacht, aber es stimmt.<br /><br />Meine ideale Zuladung: Maximal 8 Kilo. Was natürlich mit Campingausrüstung schwer ist.<br /><br /><span style="font-weight: bold;">H</span></span><span> </span><span style="font-weight: bold;">- wie Hitze<br /></span><span>DAS Thema dieses Blog und sicher die Hauptschwierigkeit für alle, die in Portugal fahren möchten. Hitze ist unerträglich - die trocknet einen aus, die bremst einen herunter, sie demotiviert, die quält. Aber im Regen will man ja auch nicht fahren ...<br />Soll heißen, dass wer nach Portugal kommt, sich mit zwei Dingen einfach arrangieren muss: Den Bergen und der Hitze.<br />Einige einfache Regeln können allerdings den Fahrkonmfort entscheidend erhöhen: Viel, viel trinken und vor allem <span style="font-weight: bold;">bei jeder Gelegenheit Wasser auffülen, </span>gut und ausgiebig frühstücken, die Karte studieren und ständig die Route kontrollieren, denn einmal falsch abbiegen kann fatale Folgen haben (siehe Etappe 4). Man kann sich auch dafür entscheiden, in den heißesten Stunden des Tages von 12 bis 14 Uhr Siesta zu machen - mir wäre das aber zu viel verlorene Zeit.<br />Eines allerdings, das steht fest: Portugal ist und bleibt der Backofen Europas.<br /><br /><span style="font-weight: bold;">I</span></span><span style="font-weight: bold;"> - wie Inland<br /></span><span>Das Inland bietet ganz andere, ganz besondere Reize, als die perfekt erschlossene Küste. Die Schwierigkeitsgrade der Bergetappen reichen von Hardcore-tödlich bis Gehtso. Eine hervorragende (aktuelle!) Karte oder besser noch, ein Navi, sin unerlässlich.<br />Man kann aber sagen, dass das Inland wesentlich dünner besiedelt ist, heißer und trockener sowie generel schwieriger zu fahren ist. Aber - grandiose Landschaften, tiefe Wälder, brutale Einöden als brutzelnde Glutöfen und viel rauhe Landschaft zu bieten hat.<br />Und wenn man hier zwei, drei Etappen gemeistert hat, weiß man so einen flachen Küstenabschnitt und vor allem Portugals Strand und den kühlen, rauhen Atlantik gleich viel mehr zu schätzen.<br /><br /><span style="font-weight: bold;">J</span></span><span style="font-weight: bold;"> - wie Jubeln<br /></span><span>Auch wenn ich erstaunlich wenig Portugiesen ein Fahrrad hab fahren sehen - velobegeistert sind sie allemal! Zumindest, was das Liegerad angeht. Man kann sich sicher sein, dass, vor allem rund um Lissabon und Porto sowie auf den viel befahrenen IC-Straßen allenthalben winkende, hupenden, jubelnde und grüßende Portugiesen einem ein anfeuerndes "Rapido! Rapido!" zurufen, den Daumen nach oben recken und sie ein Loch in ihren Hintern freuen.<br />Bei kurzen Zwischenstopps an Pastelarias strömen sie vor die Tür und bemustern das ungewöhnliche Gefährt, manche lachen den Fahrer aus, aber nie wird man ablehend behandelt oder dumm angemacht (was in Deutschland leider oft passiert).<br />In diesem Sinne - Portugal ist unerschlossenes, aber sehr positiv gestimmtes, Liegerad-Land.<br /><br /><span style="font-weight: bold;">K</span></span><span style="font-weight: bold;"> - wie Karte<br /></span><span>Auch wieder so ein unverzichtbares Ding. Allerdings war ich in Portugal von der vorbildlichen Beschilderung begeistert - jedes noch so kleine Furzdorf ist ohne weitere Probleme auffindbar, denn die Hinweisschilder sind wirklich intelligent und lückenlos angebracht. Das portugiesische Straßennetz ist sehr gut ausgebaut und mit ihm auch die Navigation. Trotzdem muss man - da überwiegend Kreisverkehre die Abbiegevorgänge regeln - tierisch aufpassen, wann man welche Ausfahrt nimmt. Im Zweifel lieber auf der Karte nachschauen oder jemanden Fragen.<br />Ich hatte die MICHELIN POrtugal-Karte 1:600.000 (kleinere Maßstäbe taugen kaum noch etwas) und war, bis auf den Fakt, dass meine Karte wenig aussagekräftig in puncto Höhendetails war) eigentlich sehr zufrieden.<br />Kauft Karten immer vor Ort - und achtet auf das Druckdatum!<br /><br /></span><span style="font-weight: bold;">L</span><span style="font-weight: bold;"> - wie Leute<br /></span><span>Portugiesen sind freundlich. Ich könnte jetzt nicht sagen, dass sie überschäumend und enthusiastisch auf jeden zukommen, aber wenn man sie mit einem "Bom dia" oder "Boa tarde" begrüßt, sie anlächelt und ihrer (vor allem im Inland) zuweilen etwas verschlossenen Art entgegen tritt, bekommt man viel Herzlichkeit und vor allem Hilfsbereitschaft zurück. Portugiesen helfen wo sie können - keiner sagt "Nein." oder "Weiß ich nicht.", sondern eher rennen sie ein paar Minuten herum und fragen andere, als dass sie einen abweisen.<br />Manchmal jedoch, jubeln sie tatsächlich enthusiastisch - mir auf meinem Liegerad ist das vor allem im Großraum Lissabon und auf den viel befahrenen Straßen nahe der Küste passiert. Sie hupen und winken, rufen und grinsen. So macht Radfahren Spaß!<br /><br /><span style="font-weight: bold;">M</span></span><span style="font-weight: bold;"> - wie Mittags<br /></span><span>Mittags, also ab 11 Uhr an der Küste und ab 10 Uhr im Inland, bis 14, 15 Uhr kann man in Portugal sehr gut und anschaulich erfahren, wie sich eine Pizza bei der Zubereitung fühlen muss: Dabei wartet das Land mit allen Arten der Ofengarung auf. Oberhitze sowieso - die Sonne brennt unerbittlich noch das letzte Stück Feuchtigkeit weg. Unterhitze - vor allem auf den sehr dunklen Asphaltstraßen kann die Wärme, die der Belag speichert und abstrahlt unerträglich sein, sodass man das Gefühl hat, im Asphalt einzusinken. Steinofen - gern im Gebirge. Da rauscht man an blankem Fels vorbei und hat direkt an der Wange und dem Ellenbogen das Gefühl, man fahre hinten an einem im Leerlauf laufendem Düsetriebwerk vorbei. Und natürlich Umluft - oft in Bergtälern taucht man nach halbwegs erfrischenden Abfahrten in unglaublich heiße, stehende Luftmassen ein. Plötzliche Erstickungsangst, spontane Sturzbäche nassen Schweißes und Atemnot sind die Folge.<br />Kurz: Portugal im Juli ist der Backofen Europas.<br />Also immer wieder <span style="font-weight: bold;">die Mahnung viel zu trinken!</span><br /><br /><span style="font-weight: bold;">N</span></span><span style="font-weight: bold;"> </span><span style="font-weight: bold;">- wie Natur<br /></span><span>Das Land hat vor allem an der Küste derart grandiose Landschaften zu bieten, dass man sich regelrecht zusammenreißen muss, im Sinne des strammen Tourenplans nicht zu viele Fotostopps einzulegen oder nicht gleich das Rad abzustellen, um den Aktiv- gegen einen zünftigen Badeurlaub einzutauschen. Die wildromantische Steilküste mit (teils) menschenleeren Stränden ist genau das, was sonnenhungrige, regengeplagte Norddeutsche wie ich suchen.<br />Aber auch im Inland hat Mutter Natur nicht gekleckert, sondern geklotzt: Grandiose Felsformationen, tiefe, grüne und herrlich duftende Eukalyptus- und Pinienwälder und natürlich die alten (durch mich leider zu wenig beachteten) Städte mit ihren Tempelritterburgen, fantastischen Parks und Gartenanlagen und der teilweise bewegenden Geschichte laden zu Entdeckungstouren ein.<br />Natürlich gibt es auch unschöne, langweilige und teilweise brutale Landstriche, wie die Mars-Wüste süd-westlich von Castelo Branco, die ich nur mit dem Flugzeug überfliegen oder mit dem Auto schnell durchfahren zu raten würde. Mit dem Fahrrad dann nur denjenigen unter Euch, die ihre suizidalen Tendenzen etwas auffrischen möchten.<br /><br /><span style="font-weight: bold;">O</span></span><span style="font-weight: bold;"> </span><span style="font-weight: bold;">- wie Organisation<br /></span><span>Die Organisation einer Radtour ist natürlich das A und O derselben. Allerdings bietet gerade das Fahrrad in Kombination mit einem Zelt genau die Freiheit, die wir als All-inklusive-Touristen nicht haben. Wir können machen, tun und lassen, was wir wollen. Wir können flexibel und spontan sein, können Strecken aktuell verändern, können bleiben, wo es uns gefällt, können wegfahren, wo es nicht so schön ist.<br />Ich würde empfehlen, nicht allzu viel im voraus zu planen - ein Hotel an Start- und Endpunkten der Tour zu reservieren macht Sinn. Alles andere kann man locker unterwegs machen. Das hat dann auch etwas an sich, was an die alten Expiditionen erinnert: Abends, am Restauranttisch, während man einen Vinho Verde schlürft, die Tagesetappe niederschreiben und anhand der Karte den nächsten Tag zu planen - vielleicht sogar im Dialog mit Einheimischen. Das ist doch wesentlich aufregender, als eine vorgefertigte Route abzufahren.<br />Allerdings würde ich die Lektüre des einen oder anderen Reiseführers im voraus empfehlen, denn ein bisschen Grundwissen sollte man schon haben.<br /><br /><span style="font-weight: bold;">P</span></span><span style="font-weight: bold;"> - wie Panne<br /></span><span>Das kann natürlich passieren. Flickzeug und Ersatzschläuche hatte ich mit, genauso, wie ein Inbus-Set und WD40-Öl. Zwar habe ich zum Glück die ganzen Reifenhelferlein nicht gebraucht, das Öl aber war spätestens nach 4 Etappen gern gesehen an Pedalen und Ritzelpaketen. Ansonsten hat man ja sein Handy oder einen Daumen, mit dem man Autos anhalten kann. Eigentlich halten die dann auch (außer bei mir.) <span style="font-weight: bold;"><br /><br />Q</span></span><span style="font-weight: bold;"> - wie Qual<br /></span><span>Wer die Posts hier gelesen hat, vor allem die der Bergtouren, der wird immer wieder von Schmerzen, Qualen, unerträglicher Hitze und Leiden lesen. Sicher - seinem Körper bei 40 Grad in praller Sonne Höchstleistungen abzuverlangen, und das tagelang hintereinander, ist kein Zuckerschlecken. Aber Schmerz gehört dazu. Per Muskelkraft Vortrieb zu erzeugen, noch dazu mit zusätzlichem Gewicht, das ist mir Anstrengung und Schweiß verbunden.<br />Doch wer Rad fährt und dies gern tut, der weiß, dass solche Schmerzen auf ihre Art auch etwas Angenehmes haben. Dass sie befriedigen, dass sie fordern. Und letztlich ist es der Triumph des bewussten Geistes, der Sieg des eigenen Willens über scheinbare Grenzen, der Glücksgefühle auslöst, die nur nachvollziehen kann, wer es erlebt hat. Letztlich ist es eben genau die Situation, wo die Qual zweitrangig wird, weil man über schnöde Nervenimpulse erhaben wird, weil man mehr ist, als die Summe seiner Fasern, nämlich Wille - vielleicht ist die körperliche Qual die Eintrittskarte, die Prüfung, um </span><span>in dieses Universum eintreten zu dürfen.<br />Keine Angst vor Schmerz - aber übertreibt es nicht. </span><span><br /><br /><span style="font-weight: bold;">R</span></span><span style="font-weight: bold;"> - wie Ruhetag<br /></span><span>Passsend zum Schmerz - die Entspannung. Jeden Abend Knie und Waden mit Franzbranntwein zu massieren, ist pflicht. Sich nach einer anstrengenden Etappe Ruhe zu gönnen (was übrigens auch ein stundenlanger Strandspaziergang sein kann - man muss nicht immer rumliegen, um zu entspannen) tut dem Körper gut.<br />Noch viel mehr tut ihm aber ein Ruhetag gut, den ich nach 4 Etappen eingelegt und ich auch bitter nötig hatte. Ich würde jedem mindestens alle 5 Tage einen solchen empfehlen. Denn wir sind alle keine Tour de France-Profis (zum Glück).<br /><br /><span style="font-weight: bold;">S</span></span><span style="font-weight: bold;"> - wie Straße<br /></span><span>Wie ich es schon des Öfteren betont habe: Portugals Straßen sind ein Traum. Der Verkehr zuweilen nicht - vor allem im Großraum Porto und Lissabon war es kein Spaß im dichten Verkehr, vor allem mit den Abgasen, herumzukurven. Allerdings waren die Autofahrer allesamt sehr vorsichtig, keiner hat gedrängelt oder aggressiv gehupt - im Gegenteil, die meisten haben sogar gewunken oder mich angefeuert.<br />Auch Nebenstraßen im hinterletzten Bergwinkel des Inlands waren mit einem angenehmen, glatten und sicheren Asphalt ausgestattet. Insofern - kein Schotter, keine Schlaglöcher. Toll!<br /><br /><span style="font-weight: bold;">T</span></span><span style="font-weight: bold;"> - wie Transport<br /></span><span>Der Transport eines Fahrrads - noch dazu der etwas sperrigeren Variante als Liegerad - im Flugzeug ist so eine Wissenschaft für sich. Ich bin mit einem riesigen Papp-Karton der Firma <span style="font-weight: bold;">Karton-Fritze</span> geflogen. In den Karton passte das Rad vollständig hinein, ohne dass ich etwas hätte demontieren müssen. Was natürlich superbequem ist: Nur den Luftdruckt etwas verringern, den Lenker quer stellen (Liegeräder mit Untenlenker werden da wohl mehr schrauben müssen) und ab gehts.<br />Wie auf Flughäfen üblich, wurde der Karton nicht gerade mit Samthandschuhe angefasst und kam recht lädiert von den Flügen wieder - aber wenn man das Rad noch extra abpolstert oder mit Luftfolie einwickelt, sollte eigentlich nix passieren.<br />Mein Tipp: Lange im voraus, am besten einen Abend vorher das Rad einchecken, denn manchmal (ist mir auf dem Rückflug passiert) wollen die Zöllner nochmal einen Blick reinwerfen und man muss alles umständlich ein- und wieder auspacken.<br /><br /><span style="font-weight: bold;">U</span></span><span style="font-weight: bold;"> - wie Urlaub<br /></span><span>Bei all der sportlichen Betätigung soll das alles ja auch noch Urlaub sein - ich muss zugeben, dass es genau dies war, was mir am schwersten gefallen ist. Eben nicht auf der Jagd nach neuen Rekorden zu sein, sondern auch mal anzuhalten, abzubremsen, zu genießen und Tourist zu sein. Für jeden wird das was anderes sein - mir hat es meist gereicht, kurz an- und innezuhalten, ein paar Fotos zu machen, vielleicht etwas zu trinken und zu essen um dann gleich weiter zu fahren. Der Weg war das Ziel, ich hatte wenige Ziele auf dem Weg.<br />Aber das mag jeder entscheiden, wie er will - wichtig ist, dass man sich dabei noch erholt. Sich fertig zu machen bringt nix.<br /><br /><span style="font-weight: bold;">V</span></span><span style="font-weight: bold;"> - wie Verpflegung<br /></span><span>Auch wenn es komisch klingen mag, aber das Essen in Portugal ist weniger gesund, als man ahnt. Sicher - Fisch gibt es an jeder Ecke, aber das, was wir unter gesundem Fischessen verstehen, bekommt man dort unten nur selten. Genauso sieht es mit Salat aus - die meisten Restaurants haben mir eine bunte Palette allerlei Dosengemüse aufgetischt, selten gab es köstliche, frische, knackige Salate.<br />Meist ist das Essen fritiert, Radfahrer-Pasta gibts nur selten. Ich würde jedem, der die Zeit und Muße hat (ich hatte sie nicht) empfehlen, sich morgens und unterwegs selbst zu verpflegen und abends lokalen Speisen (nicht missverstehen - die sind köstlich!) zu fröhne. Aber aufpassen - mit der Frage nach vitaminreicher Sportlernahrung überfordert man die meisten Restaurants. <span style="font-weight: bold;"><br /><br /></span><span style="font-weight: bold;">W</span></span><span> </span><span style="font-weight: bold;">- wie Wasser<br /></span><span>Seit der Horroretappe nach Castelo Branco weiß ich, wie sich Durst anfühlt. Richtiger, echter Durst. Und das ist eine Erfahrung, die mit allerlei höchst unschönen Nebeneffekten einhergeht. Weshalb ich jedem nur raten kann: Nehmt genug Wasser mit! Schaut Euch genau die Karten an - wenn unterwegs in der Gluthitze das Nass ausgeht, ist die Kacke am Dampfen! Füllt wo Ihr nur könnt Eure Reserven randvoll auf! Trinkt viel - man trocknet schneller aus, als man denkt.<br /><br /><span style="font-weight: bold;">X</span></span><span> </span><span style="font-weight: bold;">- wie eXtrem<br /></span><span>Die einzige Extreme, die man in Portugal nicht beeinflussen kann, ist das Wetter. Da ist man auf den Lieben Gott angewiesen. Alles andere bestimmt Ihr selbst. Deshalb ist es gut, seine Limits zu kennen und zu wissen, was geht und was nicht. Grenzen ein bisschen zu schieben, das sind Erfolgserlebnisse, die unglaubliche Glücksgefühle auslösen und enorm beitragen, die Tour zu einem unvergesslichen Event werden zu lassen - aber Grenzen schieben sollte nicht Programm sein. Schon gar nicht nach dem Motto: "Heute mache ich mal ´ne Extremerfahrung." Das sollten nur Profis machen.<br />Allerdings: Extreme Abfahrten (und Steigungen) mal hinter sich zu bringen, das kann man sich schon einmal vornehmen.<br /><br /><span style="font-weight: bold;">Y</span></span><span style="font-weight: bold;"> - wie HYgiene<br /></span><span>Outdoor ist ja an sich nix für Verwöhnte. Oder gerade doch? Gepaart mit dem Schweiß von 6 Stunden harter Kurbelarbeit, einem Zelt voller Strandsand und bekannten (wenn auch echt ordentlichen) Sanitäranlagen auf Campingplätzen kann man sich vorstellen, wie es nach so einer Etappe riecht. Aber das klingt alles schlimmer, als es ist. Frisch geduscht und die Klamotten mit Rei gewaschen sieht die Welt schon ganz anders - nämlich leckerer aus.<br />Ansonsten - mich haben die "französischen" Toiletten sehr gestört, ich kann da einfach nicht mein Geschäft verrichten. Aber dafür ist es eine geradezu berauschende Erfahrung, einen duftenden Eukalyptuswald zu düngen ...<br /><br /><span style="font-weight: bold;">Z</span></span><span style="font-weight: bold;"> - wie zögern<br /></span><span>Klar, das ist eine ganz schöne Entscheidung, an das Südende Europas zu fahren und sich 700 oder mehr Kilometer anzutun. Egal, wo man hinfliegt. Fragen wie: "Schaffe ich das überhaupt?" oder "Was ist, wenn mir was passiert?" quälten auch mich. Aber, wie so oft: Wir Deutschen malen es gern schwärzer aus, als es ist. Abenteuer ist nun mal nicht all-inklusive buchbar. Und deshalb mein Rat zum Schluss: Aufhören, sich immer nur die Dokus auf 3sat anzuschauen und sich sehnsüchtig einem ebensolchen Ritt zurechtträumen - nicht zögern - machen!<br />Es ist eine wunderbare Erfahrung!<br /></span>Anonymoushttp://www.blogger.com/profile/11924140569160672339noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5791489776877501961.post-14628796786852583262008-07-27T01:31:00.001-07:002008-08-08T23:05:05.106-07:00Tage 11 & 12 "Porto, Du Schöne, Alte ..."Heute wird nicht gefahren. Heute wird ausgespannt. Heute bin ich Tourist. Natürlich habe ich mich noch nicht ganz von meinem Schock erholt - denn gestern war mir peinlicherweise vor dem Management und einem sichtlich überlegen grinsenden Comcierge aufgefallen, dass ich einen Tag zu früh angereist war - und somit einen Tag, den ich hätte noch fahren können, verdaddelt habe.<br />Ärgerlich, höchst ärgerlich.<br />Aber über Porto erstrahlt die Sonne. Das hebt die Laune.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://1.bp.blogspot.com/_QfcXEaXAEmQ/SJoMTKz8FrI/AAAAAAAAApI/--fJvrjrTRY/s1600-h/portweinboote.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://1.bp.blogspot.com/_QfcXEaXAEmQ/SJoMTKz8FrI/AAAAAAAAApI/--fJvrjrTRY/s400/portweinboote.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5231507440603502258" border="0" /></a>Es kommt Alexandre, mein Freund, einen, den ich bei einem youtube.com-Schriftwechsel kennen und schätzen gelernt habe.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://4.bp.blogspot.com/_QfcXEaXAEmQ/SJoLzoA9WyI/AAAAAAAAAow/JHmrzq2LRa8/s1600-h/alex%26lars.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://4.bp.blogspot.com/_QfcXEaXAEmQ/SJoLzoA9WyI/AAAAAAAAAow/JHmrzq2LRa8/s400/alex%26lars.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5231506898686925602" border="0" /></a><br />Ich frühstücke, dann steht er pünktlich vor meiner Zimmertür. Interessiert liegt er Probe in meiner <span style="font-style: italic;">Speedmachine</span>, ist angetan von diesem Gefühl und ich bedauere, ihm nicht eine kleine Probefahrt angedeihen lassen zu können.<br /><br />Dann brechen wir auf.<br /><br />Er zeigt mir Porto. Vieles hatte ich auf meiner Hinfahrt gestern (und ich ärgere mich noch immer, einen ganzen Tag verdaddelt zu haben!) schon gesehen, vieles gestern Abend bei meinem Essensspaziergang.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://1.bp.blogspot.com/_QfcXEaXAEmQ/SJoMDqMaJDI/AAAAAAAAAo4/YH-qs44Bn8I/s1600-h/azulejos_kirche.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://1.bp.blogspot.com/_QfcXEaXAEmQ/SJoMDqMaJDI/AAAAAAAAAo4/YH-qs44Bn8I/s400/azulejos_kirche.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5231507174149727282" border="0" /></a><br />Zunächst gehen wir ans Douro-Ufer, dann die Promenade entlang. Wenn Lissabon "die Schöne" ist, dann ist Porto die verkannte, mindestens ebenso schöne Schwester. Anscheinend fließt alles Geld in die Hauptstadt, denn Porto sieht sehr abgelebt, teilweise schmerzhaft herunter gekommen aus. Aber damit auch authentischer, wie ich finde. Nicht so schick, herausgeputzt. Wie eine tolle Frau, die vollkommen zerschossen nach einer heftigen Partynacht aufwacht - erschreckend, aber trotzdem wunderschön.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://4.bp.blogspot.com/_QfcXEaXAEmQ/SJoMMCRzk3I/AAAAAAAAApA/fDG0cU3CzSg/s1600-h/porto_panorama.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://4.bp.blogspot.com/_QfcXEaXAEmQ/SJoMMCRzk3I/AAAAAAAAApA/fDG0cU3CzSg/s400/porto_panorama.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5231507318053770098" border="0" /></a>Wir reden viel, Alex zeigt mir alles. Unten sehen wir eine ziemlich traurige Werft mit traurigeren Fischerbooten. An der Atlantikküste, im Norden Portos, wird es rauher, die zerklüfteten Felsen künden von harten Herbststürmen und wildromantischen Szenen.<br />Wir essen erst einmal anständig, bevor wir dem Meer den Rücken kehren und unsere Schritte wieder in die Stadtmitte lenken.<br /><br />Nicht, ohne einen Abstecher nach Serralves, einem beeindruckenden Park inmitten der Stadt zu machen. Herrlich, wie sie hier verschiedene Themengebiete haben, von englischen Gärten bis hin zu urwaldartigen Arrangements. Tolle Fotos, die Ixandito da geschossen hat.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://1.bp.blogspot.com/_QfcXEaXAEmQ/SJoNB1hlL9I/AAAAAAAAApg/2BrWPA-odww/s1600-h/The+Lake+%281%29.JPG"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://1.bp.blogspot.com/_QfcXEaXAEmQ/SJoNB1hlL9I/AAAAAAAAApg/2BrWPA-odww/s400/The+Lake+%281%29.JPG" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5231508242343210962" border="0" /></a>So vergehen ein paar Stunden bei tollen Gesprächen und vielen schönen In- und Ansichten dieser Stadt mit ihrem ganz eigenen Charakter.<br /><br />Wir verabschieden uns bei einem zünftigen Bica - Alex, it was a pleasure!<br /><br />Den Abend verbringe ich bei einem fiesen Film auf RTL - Morgen muss ich fit sein zur Rückreise.<br /><br />Und die beginnt schon lustig: Es dauert etwa 2 Stunden, meinen Riesenkarton, der vom Hinflug noch etwas lädiert und für den Postweg gefaltet war, wieder aufzubauen und halbwegs <a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://1.bp.blogspot.com/_QfcXEaXAEmQ/SJoSOp_SZXI/AAAAAAAAApo/9cXY6h4GPXg/s1600-h/Porto_Lars_Reisberg.jpg"><img style="margin: 0pt 0pt 10px 10px; float: right; cursor: pointer;" src="http://1.bp.blogspot.com/_QfcXEaXAEmQ/SJoSOp_SZXI/AAAAAAAAApo/9cXY6h4GPXg/s320/Porto_Lars_Reisberg.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5231513960143021426" border="0" /></a>herzurichten. Ihm eine quadratische Form zu geben verschlingt drei Rollen Tape.<br />Dann verpacke ich die <span style="font-style: italic;">Speedmachine</span>, ein Vorgang, der nicht nur die Gäste in der Lobby sondern auch den einen oder anderen Mitarbeiter brennend zu interessieren scheint.<br /><br />Dann steht mein "Transporter" vor der Tür, den ich über die freundliche Rezeption geordert habe. Leider ist es ein Großraumbus. Keine Chance, die Riesenkiste hineinzubekommen. Also hole ich das Bike heraus - ich habe ja noch 2 Rollen Tape, kein Problem - und so verladen wir Kiste und Bike einzeln. Gerade so passt alles rein.<br />Der Fahrer ist genauso alt wie ich, die Fahrt zum Airport ist überaus angenehm bei einem netten, anregenden Gespräch.<br />Er hilft mir noch, das Bike wieder sicher zu verpacken. Eine Rolle Tape geht drauf, den Karton sicher zu verschließen.<br /><br />Nach einiger Konfusion, wie und wo ich nun einchecken soll, habe ich endlich mein Ticket und schiebe den Riesenkarton zum "Oversized Luggage"-Schalter. Und sehe es: Der Karton wird nicht durch den Röntgen-Scanner passen. Ich biete den beiden sehr freundlichen Polizisten an, den Karton zu öffnen - sie bestehen aber darauf, dass ich alles heraus hole, sodass sie alles röntgen können.<br /><br />Eine halbe Stunde und die letzte Rolle Tape später ist alles vollbracht.<br /><br />Endlich sitze ich am Gate, esse noch etwas und freue mich auf meinen Rückflug.<br />Unten fährt mein Bike aufs Rollfeld. Oben steigt der Lars ein. Und kommt wenig später wohlbehalten in HH an. Welch´ Freude.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://2.bp.blogspot.com/_QfcXEaXAEmQ/SJoMiqjb7fI/AAAAAAAAApQ/cetWALa7bAE/s1600-h/kiste.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://2.bp.blogspot.com/_QfcXEaXAEmQ/SJoMiqjb7fI/AAAAAAAAApQ/cetWALa7bAE/s400/kiste.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5231507706822258162" border="0" /></a>Nun hat er sie also hinter sich, diese großartige, erste außerdeutsche Tour. Ein Abenteuer war es allemal. Mitreißend, interessant war es. Es hat mich gefordert, hat mir viele, unzählige wunderschöne Augenblicke verschafft. Szenen unbändiger Freude, Glücksmomente von Dauer genauso, wie mir meine Grenzen schmerzhaft vor Augen geführt. Ich habe mich ein großes Stück näher kennen lernen können hierdurch. Ich habe mich beobachten können - Zeit genug hatte ich ja. Und nun bin ich schlauer? Vielleicht. Vielleicht nicht.<br />Ich buchte gleich die nächste Tour: Die canadischen Rocky Mountains sollen es sein, Juni 2009. Na denn!<br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://2.bp.blogspot.com/_QfcXEaXAEmQ/SJoM19oOovI/AAAAAAAAApY/eK09MAdALf4/s1600-h/warten.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://2.bp.blogspot.com/_QfcXEaXAEmQ/SJoM19oOovI/AAAAAAAAApY/eK09MAdALf4/s400/warten.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5231508038360146674" border="0" /></a>Das Fahren auf der <span style="font-style: italic;">Speedmachine</span> ist wie immer ein Traum.<br />Was soll ich noch sagen: Es war wirklich ein Traum.<br />Ein Traum.<br /><br />Leider schon wieder so weit weg, das alles ...Anonymoushttp://www.blogger.com/profile/11924140569160672339noreply@blogger.com2tag:blogger.com,1999:blog-5791489776877501961.post-39674062349884536872008-07-27T01:29:00.000-07:002008-08-06T11:14:21.912-07:00Tag 10 / Etappe 7 "Irrungen und Wirrungen"<span style="font-style: italic;"><br />Furadouro - Espinho - Porto<br /><br /></span><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp1.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIwyRIJ7rSI/AAAAAAAAAfE/A0sv2M3v62M/s1600-h/etappe_7.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp1.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIwyRIJ7rSI/AAAAAAAAAfE/A0sv2M3v62M/s400/etappe_7.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5227608537298611490" border="0" /></a>An Aufstehen ist heute morgen kaum zu denken - mein Schädel brummt. Es kann an dem vielen Bier liegen, das ich gestern aus Marie-Louises Schatzkammer trinken durfte. ("Echtes, deutsches Bier!") oder daran, dass ich nach den Nächten in der trockenen Inlandsluft die feuchte Atmosphäre, die hier, keine 200 Meter vom Strand entfernt, durch die Maschen meines Zeltes weht, nicht mehr gewöhnt bin. Ich weiß es nicht.<br /><br />Mein Handy zeigt 6:30 Uhr. Gut, also kann ich noch eine halbe, vielleicht eine Stunde dösen, schlafen. Ich nicke ein.<br />Und wache Viertel vor 8 auf.<br /><br />Meinen Kopf stecke ich verschlafen durch die Zeltplane und in eine weiße Nebelsuppe. Reminiszenzen an (sich so weit, weit vergangen anfühlende) Tage in Ericeira und Sáo Martinho schlürfen Träge durch mein Hirn, als ich mich knarzend durch den feuchten Zelteingang pelle.<br /><br />Guten Morgen!<br /><br />Ich wasche mich, putze den Schlaf aus Augen und Zähnen, ziehe mich an, creme mich ein - Standardprozedur. Schon so oft gemacht auf dieser Tour, ich könnte das im Schlaf. An Frühstück ist hier nicht zu denken - wie der Nebel, so liegt auch eine dicke Decke aus genüsslichem Schweigen über dem ganzen Platz. Niemand ist hier wach - warum sollte da der Supermarkt, geschweige denn das Café geöffnet haben?<br /><br />Nach 40 Minuten ist alles verpackt und nur eine etwas zusammen gedrückte, viereckige Rasenfläche deutet an, dass hier heute jemand übernachtet hat. Surrend fährt die <span style="font-style: italic;">Speedmachine </span>vom Platz, ich grüße in Gedanken Marie-Louise, es war schön bei Dir, Danke fürs Abendessen, Deine Slow-Food-Bohnen waren einfach deliziös.<br />Der verschlafene Platzwächter öffnet mir den Schlagbaum - Straße, du hast mich wieder.<br /><br />Heute steht eine kurze Etappe an. Ein Katzensprung. Nicht mehr als 60 Kilometer dürften es bis Porto sein, meinem Endziel. Zunächst fahre ich eine Weile durch den Wald. Morgens eine Wohltat.<br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://2.bp.blogspot.com/_QfcXEaXAEmQ/SJkuy_A7tjI/AAAAAAAAAn8/ReYxK4KRE6s/s1600-h/anfahrt_wald.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://2.bp.blogspot.com/_QfcXEaXAEmQ/SJkuy_A7tjI/AAAAAAAAAn8/ReYxK4KRE6s/s400/anfahrt_wald.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5231263895611225650" border="0" /></a>Aber dann habe ich schnell die Straße in die Stadt erreicht - und trotzdem es so früh am Morgen ist, ein ganz ungewohntes Bild, wimmelt es nur so von Autos und vor allem LKW auf den Fahrbahnen. Ganz Porto scheint raus zu wollen - und an seiner statt scheint es, als strömen ebensoviele neue Bewohner in die Stadt.<br /><br />Es ist kein schönes Fahren, zumal die Straße über einen Seitenstreifen von nur 20 cm Breite verfügt - zu klein also, um sich vom motorisierten Verkehr fern zu halten. Und so muss ich leider auf der Fahrbahn fahren - und stetig den Sicherheitsblick im Rückspiegel haben. Alle halbe Minute rauscht ein Auto an mir vorbei, auch in Kurven, was das Fahren nicht entspannter macht.<br /><br />Auch ist die Kulisse, durch die ich komme, wenig attraktiv. Man merkt, dass hier keine ländliche Touri-Entspannung, sondern harte Arbeit angesagt ist. Alles ist weniger schick, abgelebter, realer auch irgendwie. Hektik bestimmt den Rhythmus. Auch, als ich anhalte, um mein "Atomkaffee+Nata"-Frühstück einzunehmen. Freundlich, aber schnell werde ich bedient, während ich draußen auf der Terrasse den heißen Kaffee meine Kehle hinab laufen lassen, zieht der rege Verkehr an mir vorbei.<br />Ich brauche ewig, sitze ein paar Minuten in Rad, ready to go, aber es bietet sich keine Lücke. Bis ich einfach losfahre, dabei meinen Arm hebe um Signal zu geben. Sie halten an - ohne Murren oder Hupen - ich ordne mich ein und fahre. Geht doch!<br /><br />Espinho, die letzte Stadt vor Porto, ist schnell erreicht. Ich weiß das nur, weil es an einem Ortseingangsschild steht - die Strecke ist so zugebaut mit Häusern, dass ich es sonst nicht gemerkt hätte.<br /><br />Alle Straßen scheinen auf die neue Autobahn nach Porto zu führen - die ich nicht nutzen darf. Ich bin verwirrt, ein ums andere Mal biege ich falsch ab und immer komme ich auf monstergroße Kreisel, die auf den Highway führen. Dann schaut alles - wie immer - und staunt, ich schieße in den Kreisel, ziehe eine Schnute, drehe eine Ehrenrunde und fahre die Strecke wieder zurück. So passiert mir das geschlagene drei mal, bis mich endlich ein junger Herr Apotheker, der von der Frau, die ich angesprochen hatte, aus seinem Laden geholt wird, weil er Englisch spricht, mir den richtigen (irgendwie auch logischen) Tipp gibt: Am Strand langfahren, bis es nicht mehr geht. Dann rechts (links ist ja das Meer) und dann ist dort auch schon Porto.<br /><br />Zunächst aber verstehe ich den jungen Mann kaum. Für mich hört es sich so an, als sage er:<br />"I´m gonna send you to the Bitch."<br />WIeso? Nee, lass mal, Danke, ich will nach Porto, nicht zu den Schlampen ...<br />"You go to the Bitch and then to Porto." insistiert er.<br />Man, ja, ist echt lieb, aber ich würde gern gleich nach Porto.<br />"You cannot miss the Bitch."<br />Nee, klar ...<br />Bis mir ein Licht aufgeht, und ich merke, dass seine "Bitch" eigentlich der "Beach" ist. Ich bin beruhigt und fahre los. Schlampen gibts in Hamburg auf dem Kiez genug, denke ich mir, sehne mich kurz nach dem Hans-Albers-Platz und Party, aber trete dann kräftig in die Kurbel. Es ist 11 Uhr, nicht allzu heiß und ich komme schnell voran.<br /><br />Wenn ich mich am Anfang dieser Etappe noch über die lückenlose, unschöne Bebauung bei Porto geärgert habe, ärgere ich mich nun, dass ich nicht schon die ganze Zeit am Bitch entlang gefahren bin: Hier, direkt am Strand, ist die Promenade sehr schön ausgebaut, alles sieht nach Urlaub aus, es gibt sogar wieder einen Radweg (der freilich massenhaft von den Badegästen genutzt wird) und keinen einzigen LKW.<br />Ich fahre gemütlich, 18 km/h oder so. Denn ich genieße. Hinten im Dunst glaube ich schon Porto zu erkennen, also muss ich heute nicht unbedingt einen neuen Rekord aufstellen.<br /><br />In einem Mercado hole ich mir zwei Bananen und eine Packung Müsliriegel - Hunger macht sich breit. Die <span style="font-style: italic;">Speedmachine </span>glänzt in der Sonne, als ich mich anlehne und einfach den Tag genieße. Die Brandung wäscht den feinen Strand hinauf, dann und wann schreit ein Kind nach seiner Mutter, Badegäste flannieren die Promenade auf und ab, Verliebte küssen sich. Es ist ein herrlicher Tag und zum ersten Mal während meines ganzen Aufenthaltes sehe ich Wolken am Himmel - die leichte Bewölkung hält einen Großteil der Hitze fern, sodass es heute angenehm warm ist, ohne dass gleich alles verdörrt.<br />Es riecht lecker nach Salz, eine Wohltat, nach der trockenen, zuweilen scharf-eukalyptushaltigen, Killerluft des Inlands.<br /><br />So mache ich mich gemütlich auf die letzten paar Kilometer. Porto liegt an der Mündung des Rio Douro in den Atlantik. Wie mit der Apothekersjüngling schon sagte, geht es irgendwann nur nach rechts. Ich folge einem super ausgebauten Radweg, biege in das Delta ein. Neben mir erstreckt sich eine riesige Sandbank. Ebbe?<br />Fahrradfahrer trifft man auch wieder mehr, sogar Jogger und andere exotische Sportler sieht man. Dennoch - mein Liegerad erregt selbst hier wieder großes aufsehen. Sogar eine ganze Schulklasse dreht sich geschlossen nach mir um, der Lehrer unterbricht seinen Satz und wartet, bis ich außer Sichtweite bin.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://1.bp.blogspot.com/_QfcXEaXAEmQ/SJku9rzvzNI/AAAAAAAAAoM/-idJHZ9_2K8/s1600-h/panorama_bruecke.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://1.bp.blogspot.com/_QfcXEaXAEmQ/SJku9rzvzNI/AAAAAAAAAoM/-idJHZ9_2K8/s400/panorama_bruecke.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5231264079434206418" border="0" /></a>Dann erblicke ich Porto. Das steil ansteigende Douro-Tal wird überspannt von der berühmte Stahlbrücke Ponte Dom Louís I, die gewagt und filigran stahlgrau aus dem Dunst auftaucht. Langsam, nun auf einem Weg aus Holzbohlen, nähere ich mich der Stadt.<br />Keine "Weiße Stadt" wie Lissabon, das sieht man auf dem ersten Blick.<br />Aber eine mindestens ebenso Schöne, das ist auch klar.<br /><br />Ich brauche eine Viertelstunde langsamer Fahrt, bis ich die Stahlbrücke erreiche. Neben mir, auf der Straße, tobt ein heftiger Stau. Hoffnungsloses Verkehrschaos, denke ich mir, bis ich realisiere, dass ich auch über die Brücke muss. Aber wenigstens ein Erlebnis.<br />Ich reihe mich ein in den Stau und brauche für die knapp 200 Meter über den Fluss gute 20 Minuten. Wobei ich diese - leider im Smog liegend - versuche, so gut wie möglich zu nutzen, und die Aussicht von der Brücke zu genießen.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://2.bp.blogspot.com/_QfcXEaXAEmQ/SJku4pNMYeI/AAAAAAAAAoE/mAcnInTi2Ww/s1600-h/bruecke.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://2.bp.blogspot.com/_QfcXEaXAEmQ/SJku4pNMYeI/AAAAAAAAAoE/mAcnInTi2Ww/s400/bruecke.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5231263992836284898" border="0" /></a>Unter mir zieht eine irre starke Strömung auf den Atlantik hinaus. Es dümpeln die klassischen Portwein-Boote herum, Touristen schlängeln sich am Ufer entlang. Ein perfekter Urlaubstag. Und schließlich erreiiche ich auch das andere Ufer, muss kurz durch einen Tunnel und befinde mich schon in der Altstadt.<br /><br />Grobes Kopfsteinpflaster!<br />Steigungen von Höllenberg-Niveau!<br />Verkehr wie in Manhattan!<br /><br />Im kleinsten Gang (ich wage es einfach mal und schalte auf das kleine Blatt) strample ich mich die Höckerpiste zur Freude aller Anwohner hinauf. Zum Glück ist mein Hotel sofort ausgeschildert, sodass wenigstens hier keine Probleme zu erwarten sind. (Und das muss ich mal sagen - Portugal hat eine super Beschilderung! Man findet immer sofort alles. Da können wir uns mal ein Beispiel dran nehmen!)<br />Schweißnass, denn auf Kopfsteinpflaster wird jede Steigung zur Tortur, erreiche ich mein Hotel. Es ist das Dom Henrique, ein 4-Sterne-Laden auf einem der Hügel Portos, ein Betonturm, nicht sehr schön, aber wuchtig.<br />Ich schiebe die <span style="font-style: italic;">Speedmachine </span>in die prunkvolle Lobby.<br />Werde angenehm begrüßt.<br />Gehe an die Rezeption, lege die ID auf den Tisch und stelle mich vor.<br /><br />Der freundliche Herr sagt mir, dass er keine Reservierung für mich hat.<br /><br />Ich habe nicht richtig verstanden? Doch, habe ich, er hat keine Reservierung für mich. Ich bleibe zunächst ruhig, ziehe Helm und Handschuhe aus (hier gehe ich nicht weg!) und bitte ihn, noch einmal genauer in seinen Computer zu schauen.<br />Immerhin hatte ich einen regen E-Mail-Wechsel mit dem Hotelmanager und der hat mir schon vor Wochen bestätigt, dass alles fein sei.<br />Ich frage, ob denn mein Paket aus Lisabon, ein riesiges aus Papp-Karton, angekommen sei. Der Mann hinter dem Marmorungetüm schüttelt den Kopf. Ich schaue noch einmal an die Tresenfront - vielleicht bin ich ja falsch?<br />Hotel Dom Henrique - nein, ich bin richtig.<br />"I´m sorry, Sir, but i don´t have a reservatioon for you." sagt er noch einmal.<br />Ich glaube, ich muss mich übergeben.<br />Dann erzähle ich ihm lieber das vom Manager, und dass er doch ihn bitte mal fragen könne. Ich glaube derweil, dass ich im falschen Film bin.<br /><br />Der Manager ist schnell zur Stelle, nennt mich beim Namen, begrüßt mich herzlich.<br /><br />Und dann fragt er, warum ich einen Tag zu früh anreise.<br /><br />Wie? Was? Zu früh? Der freundliche Herr nennt mir das Datum. Ich schaue auf mein Handy. Und siehe da - er hat Recht! Ich bin tatsächlich einen Tag zu früh angereist! Ich entschuldige mich tausendfach, das Zimmer wird umgebucht, alles läuft fein.<br />Aber ich ärgere mich fast zu Tode, ich könnte mich schlagen - wie konnte das nur passieren? Wie kann man auf einem solchen Trip einen ganzen Tag verdaddeln? Was hätte ich noch alles sehen können, wenn mir klar gewesen wäre, dass ich noch einen ganzen Tag habe?<br /><br />Ich hätte eine Extraetappe von 100 km fahren können.<br />Oder einen Tag länger am (anzunehmenderweise) schönen Strand von Furadouro bleiben können.<br />Ich bin ein Depp!<br /><br />So sitze ich im heißen Bad meines tollen, riesigen Zimmers im 15ten Stock (mit einer herrlichen Aussicht) und bin einfach nur genervt von mir Planungsgenie. So kanns kommen.<br />Am Abend turne ich noch einige Stunden durch Porto, gehe lecker essen und kann trotzdem nicht aufhören, mich über mich selbst zu ärgern. Aber ich kann mich freuen, denn morgen kommt Alexandre, mein portugiesischer Freund, und wird mir seine Stadt zeigen.<br /><br />Heute die Etappe war freilich komplett für den Arsch - in jeder Hinsicht. Aber nach so viel tollen Tagen musste es ja so kommen.<br /><br /><br />Gefahren: 50,73 km in 2 h 35 min und 19,54 km/h Schnitt<span style="font-style: italic;"><br /></span>Anonymoushttp://www.blogger.com/profile/11924140569160672339noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5791489776877501961.post-45365350484672853952008-07-27T01:28:00.001-07:002008-08-01T12:49:05.543-07:00Tag 9 / Etappe 6 "Fast-Track und Slow-Food"<span style="font-style: italic;"><br />Góis - Coimbra - Cantanhede - Aveiro - Ovar - Furadouro<br /><br /></span><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIwx71vxPNI/AAAAAAAAAe8/atXu6TfPM_k/s1600-h/etappe_6.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIwx71vxPNI/AAAAAAAAAe8/atXu6TfPM_k/s400/etappe_6.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5227608171579784402" border="0" /></a>Wo ist die Zeit nur hin? Frage ich mich, denn heute hat sie mir schon wieder ein Schnippchen geschlagen. 156 Kilometer sollen das gewesen sein? Sechs Stunden? Ich kann mich nicht erinnern - oder bin ich es nicht mehr gewohnt, Etappen von solcher Länge zu fahren?<br /><br />Heute habe ich die längste Strecke mit dem schnellsten Schnitt hinter mich gebracht - einem für flache, deutsche Verhältnisse normalen Schnitt. Und auch 150 Kilometer sind sonst die Mindeststrecken, die ich daheim fahre. Hier in Portugal, wo mich sonst fiese Steigungen, elend lange Geraden an gerölligen Bergrücken und kurvenreiche Staubstrecken aufhalten, eher eine Seltenheit. Doch heute, heute hat es geklappt. Und ich komme mir vor, als hätte ich gerade die Eisenbahn erfunden und wäre zum ersten Mal hinter den Horizont gefahren. Ein schönes Gefühl - aber eines mit melancholischen Anklängen, denn jetzt, wo die Berge vorbei sind und vor mir die relativ flachen Küstengebiete liegen weiß ich auch, dass meine Tour sich dem Ende neigt.<br /><br />Heute, kurz nach dem Aufwachen, sieht die Welt noch ganz anders aus: Ein leichter Kater mauzt in meinem Kopf, als ich selbigen durch den Zipper meiner Zeltplane stecke. Zu meiner Überraschung ist gegenüber bei Wessel und Margalith auch schon Bewegung unter der Plane. Wessel wuselt in Jogginghose zwischen dem Sprinter und dem Zelt herum, Margalith scheint gerade aufzustehen. Es ist 8 Uhr.<br />Alle Achtung!<br /><br />Ich stehe auf, wasche mich und beginne, meine Sachen zusammenzupacken. Wessel kommt noch einmal kurz herüber, wirft einen Blick auf die <span style="font-style: italic;">Speedmachine</span>, ob auch ja alles okay ist. Dann kommt Margalith hinzu und stubbst ihn an.<br />"Achso," macht er, "hast Du was zum Schreiben?"<br />Ja klar, mein Tagebuch.<br />"Ich gebe Dir meine Handynummer - wenn du Scheiß hast, ruf an." sagt er.<br /><br />Ich speichere sie direkt in mein Telefon. Und bin gerührt. So viel Hilfsbereitschaft, so viel Freundlichkeit und Offenheit machen mich verlegen. Natürlich möchte ich heute und auch morgen auf keinen Fall die Nummer der beiden anrufen wollen - schließlich möchte ich, dass mein Rad hält und ich sicher und vor allem aus eigener Kraft Porto erreiche. Aber es tut gut zu wissen, dass da jemand ist, auf den man sich im Notfall verlassen kann. Die Beiden wollen auch nach Porto, weshalb ich sie ermuntere, ruhig zu hupen, wenn sie mich irgendwann überholen sollten.<br />Sie versprechen, es zu tun.<br /><br />Ich rolle das fertig geschnürte Gefährt zum Check-Out an das Pförtnerhäuschen, zücke meine Portugalkarte, um noch einmal das nätte Mädel von gestern zu fragen, ob ich die richtige Strecke nach Aveiro - meinem Ziel - eingeschlagen habe, oder ob es nicht doch noch eine bessere gäbe.<br /><br />Schüchtern, von geradezu süßester Schüchternheit, steht sie da, nur in ein riesiges weißes Badetuch gehüllt, ihre Harre noch feucht vom Duschen. So schaut sie kokett hinter der Tür hervor, mit der sie versucht, sich vor mir zu verstecken. Aber irgendwie ist sie hin- und hergerissen zwischen Schamesröte und ihrer Pflicht als Platzmanagerin. Also grinst sie über beide Ohren, wird rot, kommt an das Infofenster heran und entschuldigt sich - herzerweichend - für ihren unanständigen Aufzug.<br />"No Problem," sage ich und lächle zurück, "if you ask me - that´s perfectly appropriate!"<br />"Thank you ..." haucht sie. Und wird noch röter.<br /><br />Bevor sie allerdings platzt habe ich meine Karte auf dem kleinen Sims ausgebreitet und frage sie, ob dies die beste Strecke mit dem Rad nach Aveiro sei.<br />"Sim - yes." bestätigt die Badenixe.<br />Ich bedanke mich, sage "Bye." - aber da ist sie auch schon verlegen hinter der Tür verschwunden. Süßes Kind!<br /><br />Also los gehts! Zunächst aber - ich erinnere mich noch genau an DIE Abfahrt gestern nach Góis, diese wunderbaren, unübertrefflichen, rasanten 15 Kilometer ins Dorf hinein - nun muss ich sie wieder hinauf. Nicht die selbe Abfahrt, Gottseidank, aber die gegenüber liegende. Und die hat es auch in sich. Ich brauche fast eine Stunde, den Berg hinter mich zu bringen. Auf der anderen Seite rolle ich hinab und komme durch ein Dorf, fahre mit etwa 40 km/h die ich vom Berg noch mitnehme durch die Straßen, als rechts neben mir eine Pastelaria vorbeifliegt, die so einladend aussieht, dass ich eine Vollbremsung hinlege, wende und dort zum Frühstück einkehren will.<br />Meine Vollbremsung allerdings bleibt nicht ungesehen - anscheinend ist wieder einmal einer, der mich von weitem schon gesehen hat, in das Café gelaufen und hat alle Gäste hinaus geholt. Als ich schließlich auf die schicke, palmengesäumte Terasse rolle, absteige und meine Maschine parke, stehen etwa 10 Leute um mein Rad herum, recken die Daumen nach oben und diskutieren.<br />Einer hat auch ein Fotohandy und filmt das ganze erstmal.<br /><br />Ich grüße mit "Bom dia!" - es grüßt der Chor zurück. Dann gehe ich hinein und bestelle einen Café Galao und zwei Natas - Stammprogramm. Wieder draußen, ich warte auf den Kaffee, kommen zwei der Herren und sprechen mich an. Ich bedauere, sage ich auf Mimisch, ich spreche kein Portugiesisch. Da deutet er auf die <span style="font-style: italic;">Speedmachine</span> und sagt einen Satz, der nach einer Frage klingt und "Motore" enthält.<br />"Náo Motore," sage ich und schüttele meinen Zeigefinger. Dann deute ich auf meine Beine: "Motore!"<br />Alle lachen.<br />Und da kommt auch schon mein Kaffee.<br />Wie ich wieder vom Hof fahre, wird dann natürlich auch wieder Handy gefilmt - und ich denke, mein Winken, begleitet vom Ruf "Adeus!" macht sich besonders gut auf seinem Nokia.<br /><br />So fahre ich - vorsichtig, denn ich will ja nichts kaputt machen - durchaus flott, fast ständig im höchsten Gang des mittleren Blattes und komme wunderbar voran. Der Verkehr ist mäßig, die Landschaft leider auch. Nichts besonders Spektakuläres. Eher eine Aneinanderreihung von Dörfern, Feldern und LKW.<br /><br />Dann stehe ich wieder vor einem grünen Berg. Es ist kurz vor Mittag, die Sonne gewohnt heiß, ich registriere es schon gar nicht mehr. Bin auch angestrengt abgelenkt, denn ich ertappe mich dabei, wie ich fast panisch auf alle Geräusche achte, die von unten hinter mir an meine Ohren hinaufdringen - jedes kleine Schleifen, jedes Klacken weckt sofort Misstrauen. Nicht nur einmal halte ich an, um die Schaltung zu überprüfen.<br />Finden tue ich freilich nichts - bis auf den Fakt, dass ich nur 4 der 8 Gänge meines mittleren Blattes nutzen kann, arbeitet die Deore einwandfrei.<br />Erleichtert bin ich dadurch aber nicht.<br />Zumal jetzt ein Berg vor mir steht.<br /><br />Und der hat es in sich. Das selbe Mühen, die selben Strapazen. Gerade um Gerade, Spitzkehre um Spitzkehre. So schraube ich mich empor, traue mich sogar, aufs kleinste Blatt zu wechseln, denn ich brauche eine sehr sehr kleine Übersetzung. Es funktioniert. Klingt schrecklich in den Ohren, denn die mahlenden, schleifenden Geräusche können nicht gesund für die Technik sein, aber es funktioniert.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp1.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJNlurNe3vI/AAAAAAAAAnU/JLmp4DSmYdg/s1600-h/bergab.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp1.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJNlurNe3vI/AAAAAAAAAnU/JLmp4DSmYdg/s400/bergab.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5229635444854939378" border="0" /></a>So erreiche ich den Gipfel, kann mich nicht recht freuen und bin froh, wieder aufs das mittlere, weil getestete Blatt schalten zu können. Vor mir aber verändert sich wieder schlagartig die Landschaft - durchschnitten von einem Fluss, es ist der Ceira, der schon durch Gois fließt, zieht sich bis zum Horizont ein von grüen Bergen flankiertes Tal hin. Wunderschön anzusehen. Und so, wie meine Karte es meint, werde ich dem Flusslauf hier nun bis Coimbra, eine von Portugals wichtigsten Universitäts-Städten, folgen können.<br /><br />Die Abfahrt nehme ich wieder kaum wahr - Geräuschedetektiv spielend - und unten angekommen finde ich mich auf der Nationalstraße N2 wieder, die wiederum fantastischen Asphalt bietet, allerdings in dichtem Verkehr, der sich dazu sehr schnell vorwärts bewegt, zu ersticken droht. Allenthalben gibt es zwar einen bequem breiten Seitenstreifen, aber die Autos, vor allem ihre Abgase nerven.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp3.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJNoS_sHuII/AAAAAAAAAn0/m-LYPwnTFg8/s1600-h/ceira_tal.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp3.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJNoS_sHuII/AAAAAAAAAn0/m-LYPwnTFg8/s400/ceira_tal.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5229638267850700930" border="0" /></a>So verkommt die Fahrt durch dieses landschaftlich wunderschöne Gebiet leider zu einem Teilstück, das ich nur schnell hinter mich bringen möchte. Dennoch nehme ich mir ab und zu Zeit, anzuhalten in einer der Buchten, um mir den Fluß, wie er sich glitzernd in der Mittagssonne durch sein Bett schiebt, anzusehen, mein Blick hoch zu heben, an den bewaldeten Hängen der Berge entlangzuführen, um mich dann in dem makellosen Himmelsblau zu verlieren.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJNl6aoWB6I/AAAAAAAAAnc/yNpYCT9AEBc/s1600-h/tal.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJNl6aoWB6I/AAAAAAAAAnc/yNpYCT9AEBc/s400/tal.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5229635646562633634" border="0" /></a>Es ist eins der beiden Teilstücke, auf denen ich so schnell voran komme. Trotz mittlerem Blatt kann ich Geschwindigkeiten von 27 bis 30 km/h mühelos halten, fliege auf meinem Seitenstreifen förmlich Coimbra entgegen. Das ich später dann auch erreiche. Völlig unspektakulär, fast überrascht, weil es scheinbar so schnell ging, rolle ich am Eingangsschild vorbei und finde mich auf rutschigem Kopfsteinpflaster in noch dichterem Verkehr wieder.<br /><br />Coimbra selbst bekomme ich dann wiederum leider nur am Rande mit. Zu sehr bin ich damit beschäftigt, in dem Trubel von dreispurigen Straßen (ohne Fahrbahnmarkierung) sicher voranzukommen, in den vielen Kreisverkehren die richtige Ausfahrt zu treffen und nicht vollends unterzugehen.<br /><br />Aber das, was ich im Rande meines Blickfeldes so wahrnehmen kann lässt Coimbra als nettes Städtchen mit durchaus interessantem Stadtkern und Partypotenzial erkennen - aber das habe ich bei einer Studentenstadt eigentlich auch kaum anders erwartet.<br /><br />Leider wird mit Coimbra die zweite wichtige portugiesische Stadt (nach Tómar) an mir spurlos vorüber gehen. Aber wie gesagt, man sieht sich immer zweimal ...<br /><br />Dann nimmt die Fahrt an Rasanz noch zu: Die Strecke nach Aveiro, die N234 nach Cantanhede und später die N235 sind als autobahnartige Schnellstraßen ausgebaut, wie ich sie noch von der Fátima-Etappe her kenne. Zwei von einander getrennte Fahrtrichtungen, jeweils zwei Spuren und ein mehr als zwei Meter breiter Seitenstreifen. Alles in feinstem, glattestem Asphalt. So fliegt es sich am besten!<br />Und ich fliege, wahrlich!<br />Fast kommt es mir wie Warpgeschwindigkeit vor, wenn ich mit 31, 32 km/h die Kilometer nur so runterrausche, nach dem brutalen Bergkrauchen der letzten drei Etappen. Dies hier hat mehr etwas mit der Art von Tourenfahren zu tun, wie ich es aus dem flachen Norddeutschland gewohnt bin.<br /><br />Auch häufen sich zu meiner Freude jetzt wieder die Hup- und Winkorgien begeisterter Portugiesen. Das gab es in den Bergen nicht. Hier, das merke ich, sind die Leute lockerer, offener. Oft muss ich wild winken und ihren "Rapido! Rapido!"-Rufen etwas erwidern, was dann meist ein lautes "Yeah!" ist ... manchmal fahre ich Schlangenlinien, wenn mich die Überholenden mit ebensolchen grüßen.<br /><br />Ich reite ebenso flux durch Cantanhede, wie ich dann gegen 14 Uhr Aveiro erreiche. In der Stadt, die ebenso wie Venedig in einem Flussdelta erreicht wurde, riecht es nach Meer.<br />Tang, Fisch und Salzgerüche vereinigen sich zu Nuancen, die mich an Hamburg erinnern, die mir geliebte Bilder an Schiffe, Hafen und Krabben ins Hirn treiben. Die Altstadt, durch die ich komme, ist zwar hoffnungslos mit Verkehr, Touristen und Möwen verstopft, versprüht aber geradezu einen lebendigen Charme. Oder ist es nur mein Hochgefühl, endlich am Ziel zu sein?<br /><br />Wie von unsichtbarer Hand geführt steuere ich instinktiv - oder durch Zufall, wie mans nimmt - auf die Touristeninformation zu. Drinnen frage ich nach dem Zeltplatz, man weist mir den Weg, ich setze auf, fahre los ... und stehe vor einer Autobahnauffahrt.<br />Ich kehre um. Fahre zurück zur Info und stelle meine Frage noch einmal, wiederum betonend, dass ich mit einem Fahrrad unterwegs sei. Daraufhin macht der junge Mann dicke Backen: "It´s complicated ..." sagt er.<br />Na, wenn das so kompliziert ist ... dann lieber nicht.<br />Auf Kompliziertes habe ich jetzt nämlich keine Lust und ich bedanke mich bei ihm.<br />Ich habe ja noch Saft in den Beinen.<br />Noch stehen nur 110 Kilometer auf dem Bikecomputer.<br />Ich kann noch.<br />Da geht noch was.<br /><br />Ich schaue auf die Karte. Nördlich, weiter nördlich. Die ganze Küste hoch bis Porto - das nur noch 80 km entfernt ist - zieht sich ein einziger, riesiger Strand. Ideal zum Campen. Und tatsächlich - ein Platz reiht sich an den nächsten.<br />Ich tippe mit meinem Finger auf einen, dessen Name mir irgendwie gefällt: Furadouro. Da will ich hin. Liegt auf halbem Wege zwischen Aveiro und Porto. Was mir morgen die kürzeste Etappe und damit mehr Zeit in Porto verschaffen würde. Ich halte das für eine gute Idee. Setze auf und fahre los.<br /><br />Die Strecke bietet wenig Schönes. Eher kommt es mir vor, als dass ich durch die elend langen Vororte von New York City fahre: Ein Autohaus reiht sich an das nächste, Reparaturwerkstätten, Restaurants, speckige Motels, Einkaufszentren, dann wieder dörflich anmutende Häuserverbände, dann wieder Autohäuser. Garniert mit stark anwachsendem Verkehr - wahrscheinlich der Feierabendverkehr von und nach Porto. Hier ist Speckgürtel, hier ist urbane Welt, die langsam Natur und Dörflichkeit verdrängt.<br />Kein Vergleich zu den Küstenpassagen im Süden rund um Lissabon. Hier ist es dreckiger, hier, spürt man, wird weniger touristisch, als mehr industriell das Geld verdient.<br />Umso mehr freue ich mich, als ich von der (mich morgen) schnurstracks nach Porto führenden Straße nach links Richtung Meer abbiegen kann: Furadouro ist ausgeschildert.<br /><br />Und - ach, endlich! - nun komme ich auch wieder durch einen Wald. Habe endlich wieder Grün vor der Nase und da stören mich auch die nun ungewöhnlich gehäuft auftretenden Schlaglöcher nicht so sehr. Es atmet sich gleich freier, jetzt, da nicht alle Minute ein schwerer MAN-Truck an mir vorbei donnert.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJNmFIsZWOI/AAAAAAAAAnk/8mK8w9N11wY/s1600-h/im_wald.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJNmFIsZWOI/AAAAAAAAAnk/8mK8w9N11wY/s400/im_wald.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5229635830726351074" border="0" /></a>Der Campingplatz befindet sich direkt am Strand hinter den Dünen. Von allen, die ich auf meiner Reise besucht habe, ist der hier der am professionellsten geführte. Das Tolle hier: Es gibt keine Bestimmungen, wo Caravans und wo Zelte zu stehen haben. Jeder kann sich seinen Platz frei wählen - Strom gibt es überall, jeder kann ihn anzapfen. Der Platz verfügt zudem über eine eigene Pastelaria, einen ziemlich gut bestückten Supermarkt, eine Disco und noch einiges mehr, was ich aber nicht mehr entdecken kann.<br />Genausowenig, wie den nach einhelliger Meinung schönsten Strand hier in der Umgebung - bei Google Earth habe ich die riesige weiße Dünenfläche gesehen und bedauere, nicht wenigstens mal hinausgelaufen zu sein.<br /><br />Wieso?<br /><br />Marie-Louise.<br /><br />Sie spricht mich von hinten an. Mit ihrem unglaublich lautem Organ. Fragt auf Englisch, was das für ein tolles Fahrrad sei. Ein Liegerad, antworte ich, und frage, ob sie auch Holländerin ist (das hat ja gestern bei Margalith schon geklappt).<br /><br />"Nee, deutsch." sagt sie.<br /><br />Na, dann eben in Muttersprache weiter.<br />Marie-Louise bleibt die volle Dreiviertelstunde bei mir, erzählt mir in dieser Zeit ihr Leben, dass sie vor 30 Jahren aus Deutschland weg ist, nun hier lebt, wegen der guten Luft und ihres Asthmas, dass sie sich immer interessante Leute ausguckt, und die dann anspricht, dass sie Kunst machen würde, und sich dabei von Materialien aus der Natur inspirieren lässt, dass sie es hier toll findet, außer im Winter, da mottet sie alles ein und fährt mit ihrem Mercedes nach Mallorca, denn dort hat sie noch ein Haus, und da kann sie dann auch ihren Sohn treffen (mein Zelt steht inzwischen und ich hätte gern geduscht) aber das könnte sie mir ja auch alles beim Essen erzählen, sagen wir, halb Neun? Ja? Aber als Gegenleistung müsse ich mir mal die Nabenschaltung ihres Fahrrads anschauen, das dreht im ersten Gang immer so durch, und das könne ja wohl nicht sein, es ist ja nagelneu, das hat ihr Sohn aus Qualitätsteilen extra zusammengestellt, in Deutschland, extra, damit sie hier nicht immer mit ihrem Mercedes fahren müsse, das macht ja auch keinen Sinn bei den kleinen Entfernungen und vor allem bei den Spritpreisen, aber das kann sie mir ja alles auch noch beim Essen erzählen, sie hat Bohnen, ganz frische Bohnen, und noch Fleisch, aber nur ein bisschen, und das wird langsam geschmort, weil, die mag Slow-Food, ob ich Slow-Food kenne? Ja, das ist nicht so wie die das hier machen, nein, das ist ganz langsam, ganz langsam ist das, geschmort, denn da bleibt noch der Geschmack erhalten, und salzen tut sie sowieso nur mit Meersalz aus Spanien, das ist eh das Beste, genauso gut, wenn nicht besser, als das Fleur-de-Sel der Franzosen mit dem Algengelumpe drin ...<br /><br />Später stelle ich ihre Nabenschaltung neu ein. Ich bekomme ein Abendessen und eine Menge kaltes Bier. Dann gesellen sich noch zwei sehr sympathische britische Lehrerinnen dazu, die Marie-Louise gestern eingefangen hat. Wir reden. Oder so.<br />Und gegen 23 Uhr verabschiede ich mich ... jetzt brauche ich Ruhe.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp3.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJNmOBVmGaI/AAAAAAAAAns/JOY4JdFrccs/s1600-h/21_Schlafen.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp3.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJNmOBVmGaI/AAAAAAAAAns/JOY4JdFrccs/s400/21_Schlafen.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5229635983370492322" border="0" /></a>Marie-Louise. Es dröhnt in meinem Schädel. Marie-Louise. Und morgen dann also schon Porto.<br /><br /><br />Gefahren: 156 km in 6 h 33 min und 23,79 km/h SchnittAnonymoushttp://www.blogger.com/profile/11924140569160672339noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5791489776877501961.post-47094721380284848802008-07-27T01:26:00.000-07:002008-08-13T21:48:43.325-07:00Tag 8 / Etappe 5 "Die schönste Etappe - mit dem unschönsten Ende."<span style="font-style: italic;"><br />Castelo Branco - Pampilhosa da Serra - Góis<br /><br /></span><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIwxiQLB7AI/AAAAAAAAAe0/AF1ZFYLfv1s/s1600-h/etappe_5.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIwxiQLB7AI/AAAAAAAAAe0/AF1ZFYLfv1s/s400/etappe_5.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5227607731996847106" border="0" /></a>Aufstehen wie gerädert. Auch wenn es hier wunderschön ist - gegen die die drückende Hitze kommt sogar die Klimaanlage des Hotelzimmers nicht an. Oder sagen wir es so: Sie wäre dagegen angekommen, hätte ich sie nicht mitten in der Nacht ausgeschaltet. Ökolars.<br />Nun also aufstehen mit Brummschädel. Zum Frühstück gehe ich halb 8, die alte Routine hat mich wieder.<br /><br />Unten im Restaurant sitzen schon die Spanier und Belgier in voller Radmontur. Ah, nur einen kurzen Übernachtungsstopp eingelegt, heute geht es für Euch also auch los, denke ich mir, grüße den Einen, mit dem ich gestern noch über die Berge bei Tómar geschnackt hatte, ein allgemeines "Hallo" setzt ein, als mich die Fahrer sehen - stehe ich doch ebenso wie sie in Radlerklamotten stolz vor dem Pott mit Rührei.<br />Ich lasse es mir schmecken, allenthalben kommen die Fahrer an meinem Tisch vorbei, zwinkern mir zu und werfen ein nettes "Óla" herüber.<br /><br />Als ich hoch in mein Zimmer und alles vorbereiten will, ruft mich der nette Rezeptionist zu sich und reicht mir einen Computerausdruck: "I have marked the Camping-Sites around Lousá." sagt er, ich strahle. "And may I recommend one, then I would send you to Góis - it´s a very very beautiful site. I have been there." rät er mir.<br /><br />Also nicht Lousá?<br />Góis, so versichert er, wäre das Schönste in dieser Gegend, sehr grün, etwas abgelegen, aber ein Geheimtipp sozusagen.<br />Und wie sieht es mit Bergen aus?<br />Er zwinkert mich an: "Well, you are in Portugal, Sir, Hills are everywhere. But not so much as you had when you came from Tómar."<br />Na, da bin ich aber beruhigt. Ich danke ihm, bezahle mein Zimmer mit 5 Euro Trinkgeld, hinterlasse für die Putzfrau noch 2 Euro und meine Telefonkarte mit 20 Minuten Restguthaben und rolle pünktlich halb 9 vom Hof des Best Western.<br />Nach Góis also.<br /><br />Ich bete zu Gott, oder wem auch immer, dass er mich heute nicht mit allzu vielen Bergen strafen würde. Und ich bete zu meinen Knien, tätschel sie liebevoll, auf dass sie mich nicht im Stich lassen heute. Nach Góis sind es knappe 100 Kilometer, schätze ich. Und, wie gesagt, anders als die Behauptungen des netten Rezeptionisten und der beiden Leute im Radlerladen sieht meine Karte verdammt bergig aus.<br /><br />Ich komme schnell aus der Stadt und finde die richtige Abfahrt im Kreisverkehr. Und kann mich freuen - es geht seicht bergab, manchmal, aber wenn dann nur wenig, bergauf. Ich fahre durch eine relativ flache Ebene, kann sehr weit sehen.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJHqWhTdfwI/AAAAAAAAAmM/DOmKbsxBYco/s1600-h/01_losfahren.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJHqWhTdfwI/AAAAAAAAAmM/DOmKbsxBYco/s400/01_losfahren.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5229218314971873026" border="0" /></a>Links und rechts der Straße stehen die berühmten Korkeichen, von denen ich schon so viel gelesen, aber noch keine zu Gesicht bekommen habe. Golden glänzen ihre frisch geschälten Stämme im Licht der Morgensonne, knorrig und mystisch die Baumkronen. Wie lange ertragen diese Bäume wohl schon das Prozedere, frage ich mich.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJHqOjxBQqI/AAAAAAAAAmE/TSw2FLYS3Kg/s1600-h/02_korkeiche.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJHqOjxBQqI/AAAAAAAAAmE/TSw2FLYS3Kg/s400/02_korkeiche.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5229218178193769122" border="0" /></a>Die ersten 20, 30 Kilometer vergehen buchstäblich wie im Fluge. Ich komme mit 23 bis 25 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit voran und sehe mich nach einer Stunde dem ersten der beiden Gebirgszüge, die es laut Karte heute zu überqueren gilt, gegenüber. Hoch, sehr hoch türmen sich die Gipfel auf, der höchste bis auf 1044 Meter. Ich kann ihn gut in der klaren Luft erkennen.<br />Ich folge der Straße mit meinen Augen. Klettere die Serpentinen immer höher - sehe mich auf ihnen, wie ich dort leide und wieder nur quälend langsam voran komme. Sehe mich dort, hoch oben, in ein bis zwei Stunden. Nichts mit easy Tagesetappe. Nichts mit "not so much climbing" - das hier wird wieder die Härte werden.<br /><br />Psyche in Portugalstyle - ich zucke mit den Schultern und fahre einfach weiter. Was hilft es auch, sich jetzt hier Gedanken zu machen? Wenn ich zum Meer will, muss ich hier durch. Basta.<br /><br />Und dann die Überraschung: Die Steigungen sind kaum der Rede wert. Flux, mit 12, 13, manchmal sogar 15 km/h kann ich die lang gezogenen, riesigen Berge befahren. Sogar auf dem größten Blatt. Das macht Spaß, denn so komme ich gut voran, kann energieschonend fahren und habe sogar noch kühlenden Fahrtwind im Gesicht. Und so staune ich nicht schlecht, als ich nach erfreulich kurzer Zeit den ersten der Gipfel erfahren habe, oben ankomme und mich umblicke: Hinter mir, am Horizont, die weiße Silhouette von Castelo Branco, vor mir, dort, wo ich heute noch durch muss, die endlosen, scharfen Grate der Berge.<br />Eine fantastische Aussicht. Und alle Berge in das typische Grün der portugiesischen Eukalyptus- und Pinienwälder gehüllt. Auf manchen Gipfeln, ganz weit hinten, im Norden, kann ich riesige Windräder erkennen.<br /><br />Und so beginne ich meine erste Abfahrt des Tages - nicht so steil, nicht so rasant, wie die anderen, aber dafür sind die Aufstiege ja auch halbwegs erträglich. Außerdem habe ich so mehr Zeit, meinen Blick von der <span style="font-style: italic;">Speedmachine </span>auf die Landschaft zu richten, die mich umgibt. Es ist eine Ruhe, eine Weite, wie ich sie so noch nicht erlebt habe. Während vorgestern, nahe dem Rio Zézere zwar auch grandiose Täler meinen Weg säumten, standen dort die Berge noch sehr eng und dicht beieinander, sodass der Blick nie wirklich weit streifen konnte.<br />Hier und heute aber sind die Berge größer, die Entfernungen weiter und ich kann ein großes Gebiet überblicken.<br /><br />Toll ist auch, dass ich so den Weg, den ich fahren werde, schon sehr lange im voraus sehen kann, denn die Straßenführung ist in den Bergen gut sichtbar. Und so lerne ich hier ziemlich schnell abzuschätzen, wann ich wo sein werde. Ah, der Berg dort hinten, da, da ganz hinten, da werde ich in ... 40 Minuten sein.<br />Meist stimmt es.<br />Die Fahrt geht schnell voran. Und obwohl die Sonne wieder heiß brennt, vermag sie heute nicht so viel Leid zu verursachen. Was nicht unbedingt am ausgiebigen Frühstück im Hotel oder meinem stattlichen Wasservorrat liegt, sondern ganz einfach daran, dass die bewaldeten Berge nicht so massiv Wärme abstrahlen und ich durch meinen relativ flotten Fahrstil gut vom Fahrtwind gekühlt werde.<br /><br />So streife ich beständig kurbelnd durch diese wundervolle Landschaft und bin ein ums andere mal beeindruckt von der Weite. Ich freue mich, halte ab und zu an und genieße einfach diese Aussicht, genieße es, das alles hier allein für mich zu haben, denn auch heute scheint wieder niemand unterwegs zu sein, auf den Bergstraßen der Serra dos Alvelos.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp3.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJHqgblbwII/AAAAAAAAAmU/SrE_4I143ck/s1600-h/04_Anstiege_2.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp3.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJHqgblbwII/AAAAAAAAAmU/SrE_4I143ck/s400/04_Anstiege_2.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5229218485235335298" border="0" /></a>Später passiere ich Pampilhosa do Serra, einem Ziel etwa bei der Hälfte der Etappe. Die Abfahrt in die kleine Stadt ist von bemerkenswerter Länge und Steilheit. Anders als die anderen Abfahrten. Rasant und kurvenreich stosse ich hinab, schieße lange Geraden hinunter, lenke durch Kurven, die in den Fels gesprengt worden sind und kann mein Jauchzen kaum unterdrücken.<br />Leider bäumt sich ein ums andere mal das Rad auf - ich kanns verstehen, die <span style="font-style: italic;">Speedmachine</span> will eben schnell sein, da stören 20 Kilo Gepäck nur. Aber mir ist sie zu nervös, ich habe zu wenig Druck am Vorderrad, sodass ich bei 60, spätestens 65 km/h die Bremsen ziehe. Ich habe keine Lust, hier übers Ziel hinaus zu schießen und zu erfahren wie es ist, einen Abhang 500 Meter in die Tiefe zu stürzen.<br /><br />Unten angekommen überquere ich eine schmale, alte gemauerte Brücke um direkt dahinter den nächsten Anstieg, sozusagen das Negativ der gerade gemeisterten Abfahrt, in Angriff zu nehmen. So geht das, bis ich oben bin. Und oben angekommen folgt die Straße mehr oder weniger dem Grat des Berges. Ich gleite auf der Spitze dieser Bergkette wie auf dem höckerigen Rücken eines riesigen Urzeitmonsters.<br /><br />Da erreiche ich auch die Berge, die ich heute Morgen so fernab gesehen habe - über mir rotieren mit futuristischem Geräusch riesenhafte Windräder fast behäbig in steifer Brise. Jedes Mal, wenn eines ihrer gigantischen Rotorblätter die Sonne zerschneidet, huscht ein riesiger Schatten blitzschnell über die Straße, zerschneidet mich und mein Rad und verursacht ein kurzes Flimmern auf meiner Sonnenbrille. Ein majestätischer Anblick - so gelassen und doch so <a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJHvFeAIbNI/AAAAAAAAAm8/P_35KfCYbAI/s1600-h/gois_gross.jpg"><img style="margin: 0pt 0pt 10px 10px; float: right; cursor: pointer;" src="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJHvFeAIbNI/AAAAAAAAAm8/P_35KfCYbAI/s320/gois_gross.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5229223519585856722" border="0" /></a>kraftvoll.<br /><br />In einer Kurve, mitten in luftiger Höhe, steht ein Haus. Drei alte Autos parken vor ihm - schon von Weitem kann ich die charakteristischen Farben der portugiesischen Stammmarke für Pastelarias erkennen. Und tatsächlich: Hier in 500 Metern Höhe, inmitten der Einöde, fernab vom nächsten Dorf, ist ein kleines Café.<br />Ich halte an. Drei Männer sitzen an einem Tisch vor dem halb verfallenen Haus und spielen lautstark Karten. "Boa tarde." grüße ich freundlich. Sie nicken mir zu, mustern mein Bike und spielen dann weiter. Innen ist der Ausschankbereich leer, also gehe ich nach draußen und frage die Herren, wo die Bedienung sei. Einer der Männer deutet grimmig auf einen anderen Mitspieler. Von dem aber kommt keine Reaktion. Er schaut in seine Karten und spielt erstmal in aller Seelenruhe die Partie zu Ende - wir sind ja nicht auf Arbeit hier.<br />Dann erhebt er sich unter erheblichem Stöhnen und geht in die Pastelaria. Langsam.<br />Hinten angekommen nimmt er meine Bestellung an: Uma Agua - big one - uma Bica. Und dann hätte ich gern noch was von dem Schokokuchen dort. Ja, der da. Obrigadu!<br /><br />Der Mann schlürft wieder zu seinen Spielkameraden, ich bleibe im kühlen Haus und mache mich an den Schokokuchen. Und was soll ich sagen? Dass die Portugiesen Meister der Bäckerskunst sind, weiß ich spätestens seit den leckeren Pastel de Nata. Aber dieser Schokokuchen, diese Höhen-Schokokuchen - er schlägt sie alle! Ein Gedicht, wahrlich, gerade hier oben, ein unerwarteter Genuss. Ach, ein Hochgenuss: Herrlich schokoladig, dabei nicht trocken und schwer in seiner Konsistenz. Ein Traumkuchen.<br />Ich glaube, ich lasse ihm über einen Euro Trinkgeld da.<br />Ruppig bedankt er sich.<br />Aber ich lächle ihn an: Seinen Kuchen, den kann er mir nicht vermiesen.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp3.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJHquXS7v0I/AAAAAAAAAmc/gBHQ9p1yAFM/s1600-h/07_Wald.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp3.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJHquXS7v0I/AAAAAAAAAmc/gBHQ9p1yAFM/s400/07_Wald.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5229218724602167106" border="0" /></a>Dann setze ich meine Fahrt fort. Folge der Straße, hier hoch oben. Und dann, irgendwann, der Tag ist schon recht fortgeschritten, steht es auf einem Schild: Góis - 15 km. Ich wundere mich, so schnell soll diese Etappe vorbei sein? Das war es jetzt schon?<br />Und schaue auf den Bikecomputer, der mich allerdings in die Wirklichkeit zurück holt: 100 Kilometer bin ich schon gefahren, und das in fast 5 Stunden. Normaler Durchschnitt, denke ich mir, aber wieso fühlt es sich dann so schnell an?<br />Wieder etwas gelernt: Je schwerer eine Etappe, desto länger fühlt sie sich an. So gesehen war ich dann wohl an dem Tag, an dem ich mich durch die Hitze nach Tómar gekämpft habe, einige Jahre unterwegs ...<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJHsRn13ruI/AAAAAAAAAms/AxsSWN-lpNw/s1600-h/13_Anstieg.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJHsRn13ruI/AAAAAAAAAms/AxsSWN-lpNw/s400/13_Anstieg.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5229220429850717922" border="0" /></a>15 Kilometer also noch. Ich mache mich bereit und freue mich, als ... vor mir die Strecke abknickt. Es geht wieder nach unten. Und wie! Ich schieße durch einen dichten Wald, rase um die Kurven. Hinter mir ein seltener Anblick im Rückspiegel - ein Auto. Es kommt nicht vorbei, denn ich fahre mit 50 bis 60 km/h. Viel schneller ist der Wagen in diesem Serpentinenkurs auch nicht.<br />Immer weiter geht es bergab. Rasante Kurvenkombinationen, schnelle Ausweichmanöver wegen Schlaglöchern und Rollsplit - es ist DIE Abfahrt der ganzen Tour, wunderschön und erschreckend schnell zugleich.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp3.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJHsftRO2KI/AAAAAAAAAm0/A75JR27K_y8/s1600-h/gois_gross.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp3.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJHsftRO2KI/AAAAAAAAAm0/A75JR27K_y8/s400/gois_gross.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5229220671825828002" border="0" /></a>Mittlerweile stehen 105 km auf dem Computer. Also nur noch 5 km bis Góis. Sollte ich Glück haben und es würde nur noch bergab bis zu meinem Ziel gehen?<br />Ich sollte!<br /><br /><iframe allowfullscreen='allowfullscreen' webkitallowfullscreen='webkitallowfullscreen' mozallowfullscreen='mozallowfullscreen' width='320' height='266' src='https://www.blogger.com/video.g?token=AD6v5dxiJ5FaND5YXK7y_oWGvK10VpYZmb6_u-CV207336mQJiJ3cUx2US7NMQI2baEZGgBGmyk0ueqJKR5J-REI' class='b-hbp-video b-uploaded' frameborder='0'></iframe><br /><br />Was für eine triumphale Einfahrt in die Kleine Stadt, was für ein tolles Gefühl, als ich im Tal ankomme und aus dem Wald zische, durch die Straßen fahre und endlich angekommen bin! Ich bin glücklich, so unendlich glücklich. Heute sind alle Wünsche in Erfüllung gegangen: Berge, die mich nicht gekillt haben, Panoramen, die unvergesslich sind und nun diese perfekte Abfahrt an einem perfekten Nachmittag ... eine perfekte Etappe!<br /><br />Da geht die Schaltung in Arsch.<br /><br />Einfach so springt die Kette ab. Die Kurbel blockiert. Ich kann gerade so meine Schuhe ausklinken und anhalten. Gottseidank passiert dies bei 5 km/h, als ich gerade anfahren will, dem Schild zum Campingplatz folgend. Ich steige ab, begutachte alles, es sieht zunächst nicht schlimm aus. Ich ziehe die Kette wieder auf das Ritzel, wische das Fett notdürftig von meinen Fingern und steige wieder auf. Fahre an - und schon ist die Kette wieder unten.<br />Also von neuem - da sehe ich es. Ein dickes, fieses Stück Plastik steckt in den Zahnrädern des hinteren Schaltpakets. Es ist regelrecht verkantet.<br />Ich ziehe es hinaus, spanne wieder die Kette, will anfahren - und wieder ist sie unten.<br />Mittlerweile geht auch der Freilauf nicht mehr. Nichts scheint zu funktionieren. Und dann sehe ich es: Der Umwerfer meiner Deore XT ist vollkommen verbogen. Keine Chance.<br /><br />Es trifft mich wie ein Schlag: Wäre das nur 10 Minuten vorher passiert, etwa auf der Megaabfahrt hier herunter - die Kette hätte mir die Speichen zerschlagen und alles hätte in einem kapitalen Sturz mit ernsten Verletzungen, wenn nicht sogar einem Komplettabflug über die Leitplanke ins Tal geendet!<br />Mein Herz kopft.<br /><br />Scheiße! Denke ich mir. Ich schiebe das Rad erst einmal zum Zeltplatz, der sich glücklicherweise keine 50 Meter von meinem Malheur entfernt befindet. Ich bezahle, die nette junge Dame sagt mir, ich könne mir einen Platz meiner Wahl aussuchen. Was ich auch tue - ich schaue mich um und finde einen Baum ganz nett, unter dem ich mein Lager für heute aufschlagen will.<br /><br />Ich schiebe hin, packe aus und fange an - frustriert, denn ich befürchte, dass hier und heute mein Trip zu Ende ist - mein Zelt aufzubauen. Da hält neben mir, keine 10 Meter entfernt, ein zum Caravan umgebauter Sprinter. Eine blonde Frau steigt aus und grüßte mit "Hej."<br />Sie lächelt.<br />Ich mache auch "Hej." und versuche ebenfalls zu lächeln. Aber mir will nicht so Recht gelingen, eine gute Miene aufzusetzen.<br />Wenig später steht sie neben mir und schaut auf mein Rad. Ich bin zu beschäftigt damit, meine Häringe in den harten Boden zu bekommen, als dass ich sie bemerken würde.<br /><br />"My Husband has one of these Bikes too." fängt sie an und lächelt.<br />Ich stehe auf, gebe ihr die Hand: "Hi. I´m Lars. You´re dutch?"<br />"Yes." sagt sie, stellt sich auch vor.<br />"So, your Husband has a Recumbent?" frage ich. Sie nickt.<br />"Mine is damaged. It just happend before I reached this Site." sage ich ihr.<br />Da grinst sie über beide Ohren. Winkt ab: "My Husband is a Mechanic - he will repair it, no problem."<br /><br />Wie? Was?<br /><br />Und so kommt es. Wessel, der Mann von Margalith, kommt eine halbe Stunde später zu mir herüber, reicht mir die Hand, legt sein Werkzeug ins Gras und hockt sich neben die kranke <span style="font-style: italic;">Speedmachine. </span>Ich kann es gar nicht glauben - diese fremden, tollen Menschen, die noch nicht mal ihr eigenes Zelt aufgebaut haben, kommen hier her und reparieren in der heißen Nachmittagssonne mein Fahrrad!<br />Ich bin so dankbar, so froh, dass ich es kaum beschreiben kann!<br /><br />Wessel justiert die Schaltung, die laut seinen Aussagen vollkommen verstellt ist, neu. Wir machen uns beide mächtig die Hände schmutzig, wobei ich der Kerl bin, der ständig an den Pedalen kurbelt und nach seinen Anweisungen schaltet und er ist Chefingenieur Scotty, der sich am Warpantrieb meiner Maschine zu schaffen macht.<br /><br />Und tatsächlich, nach einer Dreiviertelstunde kann ich wieder schalten - zwar nur noch auf dem mittleren Blatt und nur noch 4 Gänge, aber ich sollte bis Porto kommen, meint Wessel. Die Tour ist gerettet! Und ich kann ihm gar nicht oft genug danken. Biete ihm meine Hilfe an - die er ablehnt: Was solle ich ihm schon helfen?<br /><br />Die Sonne geht unter. Ich bin frisch geduscht, umgezogen. Trikot, Socken, Hose und Unterwäsche hängen an einer Zeltleine zum Trocknen und ich begebe mich nach Góis, denn ich habe einen Mordshunger.<br /><br />Góis, da hat der Rezeptionist aus Castelo Branco nicht Unrecht gehabt, entpuppt sich als eine wahre Perle. Ein Fluss, der Rio Ceira, fließt mitten durch die kleine Stadt. Ihn überspannt eine gemauerte Brücke von einzigartiger Schönheit - sie dürfte einige hundert Jahre alt sein. Mitten im Fluss eine kleine Sandbank - hier tummelt sich also das Leben von Góis. Hunderte Baden und Plantschen hier. Ein Restaurant-Café bietet Erfrischungen, Eis und Speisen. Hier lasse ich mich nieder, bestelle zwei große Cheeseburger und ein eiskaltes Sagres.<br /><br />Herrlich, hier zu sitzen, den ganzen Menschen zu zuschauen. Leider vergesse ich, Fotos zu machen. Oder sagen wir so - ich mache keine Fotos, denn sie hätten die Schönheit dieses Städtchens nicht einfangen können. Dies ist ein Geheimtipp und wirklich einen Abstecher wert. Kommt nach Góis und fühlt Euch wohl!<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp3.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJHwo0a9ixI/AAAAAAAAAnE/zJOOioQ78kc/s1600-h/gois.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp3.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJHwo0a9ixI/AAAAAAAAAnE/zJOOioQ78kc/s400/gois.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5229225226411019026" border="0" /></a>Später schlendert Margalith wieder zu mir herüber, in der Hand ein Sagres und in der anderen Hand ein Bife. Sie fragt, ob sie an meinen Tisch kommen kann. Wessel und ihr neunjähriger Sohn stoßen später hinzu. So sitzen wir bis in die Nacht, trinken Sangria und Bier, erzählen und lachen miteinander. Die beiden haben ein Restaurant in Amsterdam, erfahre ich. Und Wessel war in seinen jungen Jahren begeisterter Radfahrer - Indien, Goa, von diesen Gegenden schwärmt er. Nach Hamburg, da ist er schon oft gekommen, mit seinem Liegerad. Beide laden mich ein, in Amsterdam in ihrem Restaurant "Aguada" zum Essen zu kommen. Eine Bitte, der ich gern nachkomme!<br /><br />Ein wirklich wundervoller, milder Abend, den ich umso mehr genießen kann, als dass ich ihn mit wirklich angenehmen Menschen verbringe und erleichtert sein kann, dass ich morgen halbwegs unbeschwert meine Weiterfahrt antreten kann.<br />Und so scherzen wir bis spät in die Nacht, schauen auf den Fluß, der von hunderten von Lampions romantisch erleuchtet wird, erfreuen uns an der Kulisse mit der hübschen Brücke und den vielen jungen Menschen, die mit uns diesen wundervollen Abend unter prächtigem Sternenhimmel verbringen.<br /><br />Ich schlafe betrunken und glücklich gegen 1 Uhr ein.<br /><br /><br />Gefahren: Glückliche 110,46 km in 5 h 18 min und 20,84 km/h Schnitt<span style="font-style: italic;"><br /><br /></span>Anonymoushttp://www.blogger.com/profile/11924140569160672339noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5791489776877501961.post-71570450533132032992008-07-27T01:25:00.000-07:002008-08-01T12:54:13.518-07:00Tag 7 / Ruhetag "Wiedergutmachung"Ankommen in einem Hotel ist immer wie der Eintritt ins Paradies. Umso stärker noch der Eindruck, je fertiger man ist. Gestern war ich am Ende, als ich den Chip in den Türöffner schob und mein Teilzeit-Reich betrat. Gestern war ich vollkommen fertig, nicht imstande zu auch nur der kleinsten, koordinierten Handlung.<br /><br />Wie ein alter Mann taumelte ich ins Bad, ließ die Wanne voll laufen, taumelte an die Minibar und plünderte sie, taumelte ins Bett und sah schlimme Filme auf RTL, taumelte kurz in die Stadt, um meinen stechenden Hunger zu stillen. Taumelte in den Schlaf, der schnell kam und lange blieb.<br /><br />Nicht, dass ich falsch verstanden werde: Ich bin ein Naturfreund, liebe das Campen über alles und kann mir kaum etwas Schöneres vorstellen, als sein Zelt - sein Heim - vollkommen frei irgendwo in der Natur aufzustellen, in ihm zu schlafen und morgens von einer frischen Brise und den Geräuschen des Waldes geweckt zu werden.<br />Aber gestern, gestern brauchte ich die Solidität eines Hotels. Gestern gab es keine Alternative. Gestern musste es ein Hotel sein - alles andere wäre undenkbar gewesen.<br /><br />Und so wache ich heute um 7 Uhr - auch ohne Wecker - pünktlich auf. Es ist schon interessant, wie diszipliniert der Körper ist, wie schnell sich die innere Uhr auf Termine, auf Regelmäßigkeiten einstellt. Den gesamten Trip über brauche ich nicht ein mal einen Wecker, ich kann mich auf meine Uhr verlassen, die in meinem Kopf tickt. Aber nicht heute, lieber Körper, ist nett gemeint, aber heute schlafe mal. Heute ruhe dich aus!<br /><br />Ich drehe mich um, schmatze wohlig schnurrend in mein Kissen und dämmere wieder hinüber. Draußen, hinter einem lichtdichten Vorhang erwacht die Stadt, sprühen Frauen mit Schläuchen den Staub der Nacht von den Gehsteigen, liefern Autos ihre Wahre aus und gehen die Männer in die Pastelarias, um ihren ersten Bica des Tages zu trinken.<br />Oben, im ersten Stock dieses schönen Hotels, liege ich mit dicken Waden und drehe mich um - es ist heiß, fast unmöglich zu schlafen. Aber sofort spült mich wieder eine Welle Müdigkeit hinüber in die Traumwelt ...<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJFyt9H0hVI/AAAAAAAAAlc/b4G9XVfDfn8/s1600-h/01_rotes_haus.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJFyt9H0hVI/AAAAAAAAAlc/b4G9XVfDfn8/s400/01_rotes_haus.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5229086776180901202" border="0" /></a>Irgendwann stehe ich dann doch auf, immerhin hat die Frühstückslounge nur bis 10 Uhr geöffnet. Ich labe mich ausgiebig am Büffet und treffe in der Lounge eine Gruppe Radfahrer. Verschwitzt, fertig und heiß atmend stehen rund 10 Kollegen in Trikots und Helmen an der Rezeption und wollen nur noch eins: Ein Zimmer.<br />Ich nutze die Gelegenheit, denn ich hatte eine Frage an den Rezeptionisten und deshalb meine Karte mit hinunter genommen, und spreche die Radfahrer an. Frage, ob sie mir einen Streckentipp geben könnten, denn ich plane schon den morgigen Abschnitt.<br /><br />Leider können sie mir nicht helfen - sie kommen gerade aus Spanien und fahren runter nach Lissabon. Dafür kann ich ihnen ein paar Tipps für ihre nächsten Etappen geben und sie warnen, vor der Hitze in der Serra de Alvelos. Das hört der freundliche Rezeptionist und pflichtet mir bei. Er sagt: "Yesterday was the hottest day in whole Portugal - here in Castelo Branco. 46 Degrees in the shadows."<br /><br />Wie bitte? Ich glaube, ich höre nicht richtig?!? 46 Grad im Schatten - gestern? Und ich mittendrin? Mir läuft es kalt den Rücken hinunter. Die Belgier gehen auf ihre Zimmer und ich in die Stadt. Besorgungen machen. Schwere Teile meiner Ausrüstung nach Hause schicken.<br /><br />Zunächst packe ich ein 3,5 Kilogramm schwere Paket, schicke die schwere Mag-Lite, die ich nicht ein einziges mal gebraucht habe, meine schwere Jacke (natürlich auch nicht gebraucht) und meine lange Radlerjacke heim. 34 Euro kostet mich der Spaß, aber dafür wird sich eine erstaunliche Wirkung am Heck erzielen lassen. Was dreieinhalb Kilo weniger ausmachen, vor allem am Berg, werde ich bald spüren können.<br /><br />Dann schlendere ich durch die Stadt, suche ein Internetcafé, finde aber keins. Ich bin lazy heute. Treibe mich in der heißen City herum, aber verzichte aufs Touriprogramm. Ein bisschen bedauere ich es, denn die Burg, die hoch über den weißen Häusern von Castelo Branco thront, wäre sicher interesant gewesen. Zumal sie bestimmt einen grandiosen Ausblick auf die Serra de Alvelos, mein Todesgebirge geboten hätte.<br />Aber heute, heute bin ich faul. Heute meide ich jedwede Anstrengung. Bei diesen Temperaturen einfach nur herum zu laufen ist schon Anstrengung genug.<br /><br />Ich kaufe ein bisschen ein und finde dabei in einer Nebenstraße einen Laden für Fahrräder, Rennräder im Speziellen, und sehr viel Zubehör. In ihm der Verkäufer, der mich an Erik Zabel erinnert, und ein Radfahrer, dessen Rad gerade an der Decke hängt zum Einstellen der Schaltung. Ich gehe hinein und begrüße die beiden. Zunächst misstrauisch, später, als ich erzähle, dass ich per Bike Portugal bereise, sehr freundlich, sprechen sie mit mir.<br />Von ihnen bekomme ich meine Streckentipps für morgen. Ich will nach Lousá. Dazu muss ich durch einen großen Gebirgszug, laut Karte. Und Lousá scheint mir ebenso weit von Castelo Branco entfernt zu sein, wie Castelo Branco von meinem gestrigen Startpunkt Tómar. Und noch einmal 130 Kilometer durch Gebirge bei über 40 Grad im Schatten - das halte ich nicht durch! Da kann ich mich heute erholen wie ich will ...<br /><br />Aber die beiden beruhigen mich: "Not so much climbing!" versichern sie mir. Die Berge auf der Karte sehen aber wesentlich steiler aus, als die gestrigen. "Doesn´t matter, no climbing!" bestätigt der Andere. Ich beschließe, noch weiter zu fragen.<br />Wir schnacken noch eine Runde. Es macht Spaß, mich mit einem anderen Radfahrer auszutauschen. Ich verabschiede mich, die beiden wünschen mir viel Glück.<br /><br />Eine perfekte Dorada grilhada landet in meinem Magen. Gestärkt und zufrieden schlendere ich zurück ins Hotel, telefoniere mit Familie und Freunden und mache mich an den einzigen Arbeitseinsatz heute: Radputzen.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJFyf2b6N1I/AAAAAAAAAlU/kTiqeOAciTw/s1600-h/02_putzen.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJFyf2b6N1I/AAAAAAAAAlU/kTiqeOAciTw/s400/02_putzen.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5229086533867943762" border="0" /></a>Zentimeterdicken Staub der Berge wische ich vom Rahmen. Aus den Profilen meiner Schwalbe Marathons hole ich spitze Steine, sogar zähen Teer muss ich entfernen. Ich öle und fette Kette und Ritzel, bringe alles auf Hochglanz und freue mich, wie sie da auf meinem Balkon steht, glänzt und glitzert, kraftvoll und dynamisch, bereit für den nächsten Einsatz. Morgen. Morgen, wie nah das klingt. Morgen schon ist mein Ruhetag vorbei.<br /><br />Es muss ja weitergehen. Und, um ehrlich zu sein, witzigerweise sind die Qualen von gestern vergessen. Die Knie melden sich ab und zu mal, klopfen leicht an, erinnern mich daran, dass ich nicht Superman bin. Aber sonst - keine bleibenden Schäden.<br />Hoffe ich.<br /><br />Ich gönne mir ein Abendmahl wahrhaft riesigen Ausmaßes. Schaue noch eine Weile CNN und schlafe dann ein. Diesmal hilft mir die Klimaanlage, schneller in den Traum zu finden. Morgen wird mich mein Wecker wieder aus ihm holen. Und morgen geht es wieder los. Auf die <span style="font-style: italic;">Speedmachine</span>, in die Pedale, auf die Strecke, in die Berge ...<br /><br />Doch morgen führt mich der Kurs wieder nach Westen. Raus aus den Bergen. Ich will wieder an die Küste.<br /><br />Im kühlen Luftstrom der Klimaanlage liegend, schlafe ich ein. Meine Knie zucken ab und zu. Sie können es gar nicht erwarten. Oder wehren sie sich ...?Anonymoushttp://www.blogger.com/profile/11924140569160672339noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5791489776877501961.post-71775188402676832232008-07-27T01:23:00.000-07:002008-08-01T10:49:26.303-07:00Tag 6 / Etappe 4 "Nahtoderfahrungen"<span style="font-style: italic;"><br />Tómar - Ferreira - Vila de Rei - Améndoa - Sobreira Formoza - Castelo Branco</span><br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIww467D7WI/AAAAAAAAAes/B9mRGHQItJ0/s1600-h/etappe_4.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIww467D7WI/AAAAAAAAAes/B9mRGHQItJ0/s400/etappe_4.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5227607021918088546" border="0" /></a>Einfach herrlich, dieser Morgen. Wunderbar, still, fast erhaben. Ich wache auf, blinzele in die schon hell erleuchtete Zeltplane und gestatte mir, noch ein wenig herum zu dösen. Anders, als bisher, nervt keine Straße in Zeltnähe, rauscht nicht das Meer in Hörweite, rennen keine Frühaufsteher herum. Perfekte, erhabene Stille umgibt mich. Ab und zu raschelt der Baum über mir, es scheint, als könne ich sogar die Ameisen hören, die sich auf meiner Plane tummeln.<br />Mit den Augen folge ich ihren winzigen Schatten, die sie bei ihrer Erkundungstour über mein Zelt hinterlassen. Handy an. SMS checken. Noch einmal kurz einschlafen. Es ist erst 7 Uhr.<br />Herrlich, ein toller Urlaubsmorgen. Wie er im Buche steht.<br /><br />Ich will es gleich vorweg nehmen, bevor der Titel dieser Tour zu viel Fragen aufwirft: Heute werde ich alle Fehler, die man als Tourenradfahrer begehen kann, machen. Heute werde ich nicht nur an meine Grenze stoßen (wie schon die Tage vorher), heute werde ich an ihr zerbrechen. Ich werde heute Unglaubliches, Erschreckendes und Wunderschönes zugleich erleben, eine erhebende Erfahrung, fast spirituell, in so kargem Umfeld erfahren, eine, die mich vielleicht nicht von Grund auf, aber doch verändern wird.<br /><br />Heute werde ich sie machen, die Nahtoderfahrung, mit allem, was dazu gehört: Aufgabe, Verzweiflung, Depression.<br /><br />Doch zuerst einmal ist Zähneputzen angesagt. Ich krieche aus meinem Zelt, ziehe meine Schuhe an, hole Zahnbürste und Tube hervor und wandele über die Terassen des Campingplatzes zu den Waschräumen. Es ist still - die Franzosen und Holländer schlafen noch. Dennoch steht die Sonne schon hoch am Himmel, ein paar Zirruswolken machen sich im Blau breit und, da wir hier im Inland sind, keine Nebelschwade trübt die Sicht hinab ins Tal.<br />Dafür ist es bereits jetzt sehr heiß.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp1.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJDQxOYzTFI/AAAAAAAAAj8/V2uQcJG8vTE/s1600-h/01_Speedmachine_loaded.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp1.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJDQxOYzTFI/AAAAAAAAAj8/V2uQcJG8vTE/s400/01_Speedmachine_loaded.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5228908711471434834" border="0" /></a>Schnell bin ich angezogen, geschniegelt und gebügelt, befreie mein Zelt von den Ameisen, packe alles zusammen, schnüre meine Sachen auf die <span style="font-style: italic;">Speedmachine</span> und mache mich bereit.<br />Gestern Abend hatte ich beim Umtrunk noch lange mit Peter und Anneke gesprochen - unter anderem, wo ich denn heute hinfahren könne. Zur Auswahl standen zwei Ziele - Peter empfahl mir, nach Castelo Branco zu fahren. Dies sei eine schöne Stadt, nicht zu klein, nicht zu groß und einmal etwas ganz anderes, als das Strand-Portugal. Zudem läge es in einer netten Gebirgslandschaft. Vermutlich hatte ich, mutig vom starken portugiesischem Bier, zu viel von meiner Sehnsucht nach richtigen Bergen erzählt.<br /><br />Castelo Branco also.<br /><br />"Eine schöne Strecke" hatte Peter gesagt. "So 70 bis 80 Kilometer, schätze ich."<br />Na, das wären dann aber 20 weniger, als mein Tagesziel, hatte ich schon gedacht, aber bestimmt das Richtige. Denn nach dieser Etappe will ich erst einmal einen Ruhetag einlegen, um dann wieder in 4 Tagen zur Küste und hoch zu meinem Endziel, Porto, zu fahren. Castelo Branco also.<br /><br />Ich verlasse das "Camping Pellinos" nahe Tómar, bedauere, dass ich die berühmte Stadt nun so gar nicht kennen gelernt habe. Aber sicher komme ich noch einmal in dieses Land und vielleicht dann, vielleicht dann werde ich die Tempelritterburg, die berühmten Gärten und all die Sehenswürdigkeiten sehen. Jetzt aber steht eine neue Etappe vor mir.<br /><br />Diese lässt gleich zu Beginn keinen Zweifel daran, was mich hier heute erwarten würde: Berge satt. Schon wenige hundert Meter hinter dem Zeltplatz empfangen mich erste Anstiege, Steigungen mit angsteinflößendem Gefälle, nicht einmal zehn Minuten auf dem Rad und schon ausgebremst, schon schnaufend, schon außer Puste.<br /><br />Dennoch: Der dichte Baumbewuchs aus herrlichen Pinien, immer wieder durchsetzt mit Eukalyptusbäumen, beruhigt mich. So viel Grün habe ich selten in Portugal gesehen. Die Hitze steht, aber der Schatten des Walde verschafft Linderung.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJDQ69aP5_I/AAAAAAAAAkE/3in-COXluZI/s1600-h/02_Zezere_Steigung.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJDQ69aP5_I/AAAAAAAAAkE/3in-COXluZI/s400/02_Zezere_Steigung.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5228908878712793074" border="0" /></a>Ich nähere mich dem Stausee, der sich vom Rio Zézere nährt. Und je mehr ich mich auf diesen, schon auf dem Hinflug durch mein Flugzeugfenster beobachteten See zubewege, desto grüner wird es. Ich krieche gewohnt langsam die Berge hinauf, erfreue mich an den kurzen, mitunter rasanten Abfahrten, bis ein neuer Anstieg mich ausbremst. Dann trinke ich ein paar volle Züge aus den (noch) kühlen Trinkwasservorräten meines Rades, schalte die Deore in den kleinsten Gang und mache mich daran, einen weiteren Berg auf dessen Serpentinen zu erfahren und zu umrunden.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJDROvCsLkI/AAAAAAAAAkU/4eE9joOl8GM/s1600-h/04_Stausee.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJDROvCsLkI/AAAAAAAAAkU/4eE9joOl8GM/s400/04_Stausee.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5228909218453270082" border="0" /></a>Schon sehe ich mich hoch über dem See, der sich ins Zickzack der Täler einbettet, türkis leuchtet und erhaben in der Sonne glitzert. Eingerahmt von steilen Bergen, die bis zur Spitze dicht bewaldet sind, sieht es hier auf wie auf der perfekten Landschaft einer Eisenbahnplatte. Zudem, ich habe die Straßen fast für mich allein. Immerhin ist es früh am Morgen, ich befinde mich in einem geschützten Naturreservat: Kein Geschäftsverkehr, keine hetzenden Portugiesen, die ihrem Business nachgehen. Hier oben herrscht wirklich Ruhe.<br />Ich genieße es.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp1.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJDRFy1kacI/AAAAAAAAAkM/Cl9AzkuKxcc/s1600-h/03_Rio_Zezere_Wald.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp1.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJDRFy1kacI/AAAAAAAAAkM/Cl9AzkuKxcc/s400/03_Rio_Zezere_Wald.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5228909064853154242" border="0" /></a>Genießen kann ich auch eine wirklich spektakuläre Abfahrt, die mich knapp 400 Höhenmeter vom Berg auf Normalnull bringt, wo eine riesige Brücke den Stausee überspannt. Ihr folge ich, mache mich an die Steigung.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp3.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJDSAyoqRPI/AAAAAAAAAk0/YgL_bVN4aEM/s1600-h/06_Zezere_Bruecke.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp3.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJDSAyoqRPI/AAAAAAAAAk0/YgL_bVN4aEM/s400/06_Zezere_Bruecke.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5228910078411293938" border="0" /></a>Und hier beginnt es dann auch, das Martyrium.<br /><br />Was sich gestern in Fátima nicht einstellte, nämlich religiöse Verzückung und spirituelle Erweckung, das werde ich heute am eigenen Leib zu spüren bekommen. Und es wird keine schöne Erfahrung werden.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJF7EvQ3jGI/AAAAAAAAAl8/ZiOhzAVM2Io/s1600-h/zezere.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJF7EvQ3jGI/AAAAAAAAAl8/ZiOhzAVM2Io/s400/zezere.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5229095963690765410" border="0" /></a>Vor mir türmt sich ein Berg auf, wie er selbst den Todesberg von Fátima in den Schatten stellen würde: Scheinbar eine Aneinanderreihung der Steigungen des "Höllenberges" meiner zweiten Etappe. Steil, unbarmherzig, wie grinsende Mäuler hässlicher Monstren scheinen mich die sonderbar gebogenen Serpentinen auszulachen. Ein Akt unglaublicher Kraftanstrengung, Zähnezusammenbeißen, Augen zu und durch! Ich trete im kleinsten Gang - und komme doch kaum von der Stelle. Teilweise bin ich wieder zu langsam, als dass die <span style="font-style: italic;">Speedmachine </span>noch steuerbar gewesen wäre. Auch hier wieder - die Geraden sind gerade so machbar, doch in den Spitzkehren scheint der Grad der Steigung noch einmal zuzunehmen. Und so verlangen 20 Meter Kurve mehr, als 500 Meter Anstieg.<br /><br />Keine Frage, die Sonne hatte wieder einmal einen guten Tag heute - sie schleudert Ihre heißen Strahlen verschwenderisch in die Umgebung, erhitzt alles, lässt es dampfen und kochen. Und ich mitten in diesem Inferno. Noch spenden ab und zu Pinien willkommenen Schatten. Aber auch das wird sich ändern.<br /><br />Ich erreiche Vila de Rei, habe nicht einmal ein Viertel meiner Strecke hinter mich gebracht. Am Kreisverkehr muss ich anhalten, ich habe nicht mal mehr die Kraft, mir eine Stelle mit Schatten zu suchen, um eine kleine Pause zu machen. So stehe ich da, in surrender Hitze, neben mir blöken mich Zikkaden an, weitab stehen braun gebrannte Bauarbeiter im Dachstuhl und schauen verwundert zu mir herüber.<br />Ich trinke heiße Suppe, die nach Apfel schmecken und mich erfrischen sollte, klinke meine Schuhe ein und fahre los. In den Kreisel.<br />Und nehme die falsche Ausfahrt.<br /><br />Und so kommt es, dass ich - fast 3 Stunden lang - einer zwar wunderschönen, kleinen, verwinkelten Straße durch eine fast unberührt scheinende Landschaft folge, mich hier aber verausgabe, und damit den Grundstein für die kommende Pleite lege.<br /><br />Zunächst aber sieht alles gut aus: Die Straße steigt langsam an, wird dann schmaler, wie es sich für eine Gebirgsstraße gehört, und schlängelt sich dann, mal steigend, mal fallend, um steile Berge in etwa halber Höhe herum. Mal kann ich auf den Rio Zézere blicken, mal in tiefe Täler, in denen ich sogar ab und zu eine Stromleitung oder gar ein Haus ausmachen kann. Sonst finden meine Augen hier draußen nur Wald. Nichts als wundersam beruhigenden, grünen Wald.<br /><br />Es folgt eine beeindruckende Abfahrt. Da dies eine kleine Nebenstraße ist, auch gern mit halsbrecherischen, engsten Kurven, dann wieder mit Spitzkehren, die zunächst weit an den Abhang heranreichen, sodass man das Gefühl hat, in das Tal zu starten, und die später an schroffen, fast senkrechten Felswänden entlang führen.<br />Nach der Abfahrt folgt die Steigung und so kämpfe ich mich ein ums andere mal ebenso steile Kurven hinauf, muss dann und wann anhalten, Deckung im Schatten suchen und mich mit Wasser erfrischen.<br /><br />Führt mich einmal die Strecke über die Baumgrenze, wird es kritisch. Dann nämlich spendet kein Baum mehr Schatten und ich werfe nur noch Blasen, wie der Asphalt nur wenige Zentimeter unter mir. Da hilft dann nur noch fahren, fahren, egal, was die Steigung sagt, dann hilft nur noch, sich zu fixieren, auf irgend einen Punkt, nicht zu weit weg, den man erreichen will. Und dann den nächsten. Und den nächsten. Bis man wieder Schatten hat.<br />Ein kleiner Baum. Ein Strauch. Selbst den kleinsten Felsvorsprung nutze ich dankbar, um anzuhalten, meinen Helm, der vor Wasser nur steht, abzuschnallen und einige Minuten Luft zu holen. Dann geht es wieder los. Wieder einen Punkt fixieren - nicht zu weit weg. Rund treten, langsam treten. Nicht aus der Ruhe bringen lassen, nicht den Schweiß von den Augen wischen, da es sonst noch mehr brennt. Das Rot auf den Unterarmen ignorieren, das Wasser in den Schuhen ignorieren. Wieder einen Punkt fixieren. Und da - ein neuer Schatten! Ein Strauch, was solls. Und welch´ Erlösung, wenn ich dann 10 Minuten später wieder den Helm abschnallen und etwas Luft schnappen kann.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp1.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJDRY2WEpWI/AAAAAAAAAkc/9lsNVQaLt5k/s1600-h/08_Shadowhopping.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp1.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJDRY2WEpWI/AAAAAAAAAkc/9lsNVQaLt5k/s400/08_Shadowhopping.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5228909392212305250" border="0" /></a>Und welch´ Freude, wenn die Strecke abkippt und wieder eine Schussfahrt ansteht. Dann freue ich mich, dann macht mir auch die Sonne nichts aus. Dann genieße ich den Wind, der meine Haut kühlt, schaue in die Weite und labe mich an dieser wilden, grünen Hölle, die mich so fertig macht, die mich aber auch so unendlich - und wenn es nur 2 Kilometer bergab ist - belohnt für mein Mühen.<br /><br />Und dann dämmert es mir: Ich bin falsch!<br /><br />Woher ich das weiß? Weil ich die Sonne auf der falschen Seite habe. Ich habe das Gefühl, nach Süden zu fahren, wo ich doch weiter nach Osten fahren müsste. Zudem fällt mir auf, dass seit Vila de Rei nicht ein Dorf mehr meinen Weg säumte - ich nur durch Natur fahre.<br />Meine Karte sagt mir nicht, wo ich bin. Ich habe keine Anhaltspunkte. Umkehren? Jetzt? Auf gut Glück? Nein. Ich beschließe, im nächsten Dorf zu fragen.<br />Doch Dörfer kommen nicht. Nur weitere Anstiege. Weitere Quälereien und pseudomotivierende Spiele mit Fixpunkten und Shadow-Hopping.<br /><br />Bis ich schließlich an eine Kreuzung mit zwei Häusern komme.<br />Und tatsächlich auch einen Menschen treffe.<br />Es ist eine alte Frau. Sie schaut mich ungläubig, vielleicht ein bisschen ängstlich an. Ich grüße sie "Bom dia!" sage ich freundlich. Sie nickt. Ihr Mann kommt hinzu. Beide schauen skeptisch.<br />Ich ziehe meine leere Wasserflasche und die Karte aus den Packtaschen.<br />"Améndoa?" frage ich und deute in Fahrtrichtung.<br />"Náo, náo!" machen beiden. Sie winken in die andere Richtrung: "Vila de Rei - esquerta!" sagen sie.<br />Wie jetzt? Alles zurück? Den ganzen Weg zurück nach Vila de Rei?<br />"Sempre ... Vila de Rei! Sim sim!" machen sie.<br /><br />Ich bin zerstört. All die Steigungen. All die Strecken ohne Baumschutz. Die Hitze! Ich kann es nicht fassen! Schon wieder hat mich ein dummer Fehler, eine dumme Unaufmerksamkeit verleitet, Energie und Zeit zu verschwenden! Und nun - die Strecke bis hier her war schwer genug! Nun muss ich den ganzen Weg zurück!<br />Was für ein Wort: Zurück. Ein Wort, das Radfahrer hassen. Und momentan hasse ich es auch. Heiß und innig. Aber der einzige, auf den ich hier sauer sein kann, bin ich selbst. Ich habe mich wieder weich kochen lassen, von der Sonne. War unachtsam. Leichtsinnig. Nun stehe ich hier, mitten in der Pampa, bin leer und ausgepowert und habe nicht mal mehr Wasser ... á propos Wasser: "Agua?" frage ich.<br /><br />Sie führen mich zu einer Quelle am Straßenrand. Dort kommt ein Hahn aus dem Berg. Frisches, kaltes Wasser fließt, wenn ich ihn aufdrehe. Ich tanke, bedanke mich und mache mich auf den Weg. Lange kann ich das Pärchen im Rückspiegel sehen, wie sie mitten auf der verkehrsfreien Straße stehen und mir nachschauen. Wahrscheinlich war ich der erste Kontakt zur Außenwelt seit Tagen ...<br /><br />Es ist einfach nur deprimierend, sich all die Kurven hinaufzumühen, die man vor wenigen Minuten noch jauchend hinabgeschossen kam. Und schlimm zu wissen, dass es da doch ein, zwei Teilstücke gab, die so überraschend steil nach unten gingen - und die jetzt sehr brutal nach oben führen würden. Es ist zum Heulen, alles schon zu kennen, zu wissen, was da alles noch kommt. Wenn du weißt, dass die Nadel dich stechen wird, tut sie doppelt weh.<br />Und so bin ich einfach nur frustriert, habe kaum noch ein Auge für die tollen Landschaften. Wozu auch? Ich habe sie mir ja schon angesehen.<br />Ich schwitze, fluche, kann nicht mehr. Ich ärgere mich, weil ich fühle, dass ich hier einen Großteil meiner Leistungsfähigkeit für nichts verpulvert habe. Und ich befürchte, dass ich nicht genug Kraft haben werde, um den Rest, die eigentliche Route, zu vollenden. Aber was soll ich tun? Ich muss jetzt hier durch.<br /><br />Erst einmal zurück nach Vila de Rei.<br />Erst einmal diesen Berg dort meistern.<br />Erst einmal diese Steigung hier schaffen.<br />Erst einmal zu dem Busch dort vorne kommen.<br /><br />Mittlerweile ist tiefstes Mittag. Die Hitze ist unerträglich, ich schiebe mein Trikot hoch, sodass weigstens mein Bauch frei ist. Er ist nass, ein kleiner See hat sich in meinem Nabel gebildet - der Schweißsee. Kaum beschreibbar, dieses Gefühl. Ich bin hier allein. Buchstäblich. Kein Auto. Kein Dorf. Kein niemand. Nur die kochende Luft und ich, der versucht, sie zu bereisen.<br /><br />Mit dröhnendem Kopf erreiche ich eineinhalb Stunden später Vila de Rei und den Kreisverkehr. Ein Etappensieg, der keiner ist. Mir geht es dreckig.<br /><br />Es folgen 11 Kilometer in ein Dörfchen namens Améndoa. Und "Amen" ist es auch, was ich nach diesen 11 Kilometern ausrufe: Die Strecke war einfach nur schlimm! Drei oder vier massive Berge mit mörderischen Anstiegen in brütender Hitze. Wasser, ich habe kein Wasser mehr. Und Hunger, mich quält ein stechender Schmerz im Magen, da ich wieder einmal nur zwei Natas und einen Atomkaffee gefrühstückt habe. Doch auch Améndoa bietet keine Pastelaria, keinen Mini-Mercado und schon gar kein Restaurant. Noch nicht einmal eine öffentliche Quelle finde ich hier. Durstig, geschlagen, muss ich weiter.<br /><br />Dann geht mir vollends das Wasser aus. Normalerweise starte ich morgens mit 2,5 Litern. Ein Liter immer griffbereit in der Packtasche neben mir, 1,5 Liter in der Packtasche selbst in all meinen Klamotten verstaut - so bleibt sie kühl. In den Pastelarias unterwegs fülle ich das Getrunkene normalerweise auf und trinke nebenbei frische, neue Flaschen. Normalerweise. Doch hier im trostlosen Inland ist die Bevölkerungsdichte minimal. Touristen verirren sich nur selten hier her - klar, dass es da auch weniger Cafés gibt.<br />Was mir nicht klar war. Oder hatte ich nur unzulänglich meine Karte studiert?<br />Améndoa ist nicht so gesegnet, wie der Name es vermuten lässt. Verfallene, verrammelte Häuser, allenthalben Schilder mit "Vende se" - zu verkaufen. Keine Quelle. Kein Wasser. Ich habe Durst!<br /><br />Ich steige ab und nähere mich einem Haus, das wenigstens bewohnt aussieht. Ein deutscher Schäferhund, glücklicherweise angeleint, springt mir entgegen. Ich rufe: "Ola?"<br />Keine Antwort.<br />Noch einmal "Se faz favor?" - "Bitte?"<br />Der Hund bellt.<br />Eine Frau wackelt vorsichtig um die Ecke. Sie spricht nicht - sie hat eine Behinderung. Ich halte meine leere Flasche hin: "Agua?" mache ich. Bettelnd blicke ich sie an. Sie versteht nicht. Ich drehe die Flasche um - leer - will ich zeigen. "Agua, se faz favor?" sage ich noch einmal.<br />Dann winkt sie mich heran. Sie spricht in Gebärdensprache. Ich sage immer nur Danke, nicke freundlich und versuche, ihr klar zu machen, dass ich durstig bin.<br />Sie führt mich in eine Scheune zu einem Hahn.<br /><br />Begierig halte ich meinen Mund an den rostigen Hahn, trinke, ein Liter, mindestens. Dann fülle ich die Flasche auf. Mittlerweile ist noch eine zweite Frau hinzugestoßen, eine sehr sehr alte. Sie reden beide auf mich ein, ich verstehe nichts, nicke aber. Dann fülle ich die Flasche auf - und begehe meinen nächsten Fehler. Denn es ist mir peinlich, zum Rad zu gehen und die andere, größere leere Flasche zu holen und diese auch aufzufüllen. So bedanke ich mich und fahre mit nicht einmal 50 % der möglichen Wasserreserven weiter. Dumm, einfach nur dumm!<br /><br />Ich verlasse Améndoa, überquere langsam einen Berg und schlagartig verändert sich die Landschaft. Bäume wachsen hier nicht mehr, allenfalls mal ein einzelner, kleiner, mickriger direkt an der Straße. Draußen, an den Berghängen, sehe ich nur sonnenverbranntes Gestrüpp. Kein Flecken grün mehr. Alles Gelb, Orange. Die Berge sind Geröllhaufen von beeindruckender Größe. Und nicht durch Zufall kommen mir Bilder aus Mars-Filmen in den Sinn: Ähnlich karg, brutal und trocken muss es dort oben auch aussehen. Nur, dass es auf dem Mars bedeutend kühle ist. Hier aber plagt mich eine Hitze, die man förmlich anfassen kann.<br />Kein Wind durchzieht diese Gegend. Die Luft steht.<br /><br />Keine Wolke am Himmel. Nur das gleißende Licht der Sonne, die alles überflutet. Die alles zum Schmelzen bringt, alles tötet, das sich nicht in Sicherheit bringen kann. Ich fahre. Versuche, einen runden Tritt zu finden, scheitere aber nach wenigen hundert Metern. Dann muss ich anhalten, durchatmen. Und einen Schluck Wasser nehmen.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJDRnTNHtCI/AAAAAAAAAkk/m5M8eDa3nwo/s1600-h/10_Pause.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJDRnTNHtCI/AAAAAAAAAkk/m5M8eDa3nwo/s400/10_Pause.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5228909640477553698" border="0" /></a>Ich sehne mich danach, die Flasche einfach auszutrinken. Einfach hier und jetzt - Trinken. In einem Zug. Aber ich weiß auch, dass ich dann nichts mehr habe. Und wenn ich meinen Blick nach vorn richte, sehe ich einen Berg, und ich weiß, dass ich es nicht einmal zum Fuße des Berges schaffen würde, ohne Wasser.<br />Und so befeuchte ich nur meine Lippen, nehme einen kleinen, klitzekleinen Mäseschluck. Und zwinge mich, wieder weiter zu fahren. Bis, sagen wir, bis dort vorn. Da, in 300 Metern Entfernung, wo ein karger Strauch einen winzigen Halbschatten bietet. Wenn ich das schaffe, hätte ich mir einen weiteren Mäuseschluck verdient.<br />So taste ich mich vor.<br />Motiviere mich mit Scheiße.<br />Schleppe mich von Strauch zu Strauch.<br />Shadow-Hopping.<br /><br />So schleppe ich mich eine Talstraße, links und rechts flankiert von steilen Graten, in ein kleines Dorf. Von Weitem schon kann ich sie sehen, und lechze, fast drehe ich durch, weil ich nicht schneller fahren kann: Eine Quelle!<br />Ob sie funktioniert, weiß ich freilich nicht, aber um sie herum gruppieren sich Bänke, sie selbst ist mit blau bemalten Azulejos verzieht, eine Augenweide. Ich lenke die <span style="font-style: italic;">Speedmachine </span>auf den kleinen Platz, parke sie im Schatten einer knorrigen alten Akazie und renne zum Hahn, drehe ihn auf und ... es kommt ein scharfer Strahl kalten Wassers!<br /><br />Was für eine Wohltat! Wie ein Ertrinkender, der gerade gerettet wird, muss ich nach Luft schnappen, so sehr vergesse ich beim hastigen Trinken das Atmen. Ich lasse mir das Kühle über meinen Kopf laufen, es scheint augenblicklich zu verdampfen, ich kippe es mir literweise über die kochenden Schenkel, die brutzelnden Knie. Und wieder trinken. Immer wieder trinken! Ich bin im Paradies. Merke erst jetzt, wie durstig ich war.<br />Und ich beschließe, hier eine kleine Pause zu machen.<br />Es finden sich drei staubtrockene Müsliriegel, die letzten, die ich noch aus Lissabon habe. Ich schlinge sie hinunter, spüle immer wieder mit dem köstlichen Wasser aus der Quelle nach.<br />So verbringe ich eine glückliche halbe Stunde, merke aber auch, wie sehr meine Reserven gen Null tendieren - und ich schaue auf die Karte und sehe, dass ich erst gerade mal die Hälfte der heutigen Strecke geschafft habe.<br /><br />Noch immer schmerzt der Magen - so ein Müsliriegel ist eben kein vollwertiges Mittagessen. Ich raffe mich auf, hier kann ich nicht bleiben. Fülle noch einmal - diesmal beide - Flaschen auf und mache mich auf den Weg: So steuere ich wackelig auf die nächste Felswand zu. Ich brauche elend lange, um ihren Anstieg zu meistern. Oben angekommen, werde ich von einer rasanten Abfahrt belohnt, die mich von 600 Höhenmetern auf Null nach Arganil bringt. Aber so toll diese Abfahrt auch sein mag - genießen kann ich sie nicht. Zu apathisch hänge ich in meinem Rad, zu groß die Schmerzen, zu weich gekocht mein Schädel.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp3.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJDSRJyp3TI/AAAAAAAAAk8/TXiPP5v4VKE/s1600-h/09_Leiden.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp3.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJDSRJyp3TI/AAAAAAAAAk8/TXiPP5v4VKE/s400/09_Leiden.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5228910359505132850" border="0" /></a>Zwei, drei, vier Berge folgen. Gleichförmig, einer ähnelt dem anderen. Struppiges Gras neben staubigem Asphalt, scharfe Schatten und Hitzeflimmern. Ich inmitten der Glut, schwitzend, stupide, langsam, entkräftet die Pedale tretend. Ich lechze nach Schatten, nutze jede kleinste Gelegenheit, meinen Helm abzunehmen, wenigstens für 2 Minuten frei atmen zu können. Manchmal liegen zwischen den Haltepunkten nur 50 Meter. Besonders an den Steigungen schaffe ich es kaum noch, mehr als 5 Minuten am Stück zu treten. Dann bin ich am Ende meiner Kräfte, wie ein Kondensator, der nur kurz Energie gibt, dann erst wieder neu aufgeladen werden muss. Mittlerweile gebe ich mir auch keine Mühe mehr, die Fahrbahn zu verlassen, wenn ich Pause mache. Ich bleibe einfach stehen, auch in Kurven. Es kommt hier sowieso keiner. Und wenn schon, er wird schon aufpassen.<br />So stehe ich, alle paar Minuten, unter irgend einem Baum, pumpe die heiße Luft durch meine Lunge und sammle Kraft für die nächsten paar Meter.<br />Alles, an das ich nun noch denken kann, ist das Ankommen. Wann ist diese Horror-Etappe endlich vorbei?<br /><br />Die Antwort: In 20 Kilometern. Ich sehe es, in einen Randstein gemeißelt: Castelo Branco - 20 km. Ich verzweifle. Drehe meinen Kopf und folge mit den Augen der Straße. Sie führt einen Berg hinauf, ich kann es deutlich sehen. Drei Spitzkehren.<br /><br />Da passiert es. Etwas, das ich noch nicht kannte. Es ist eine erschreckende Erfahrung. Mir ist, als trete ich aus meinem Körper heraus. Denn ich kann mich sehen. Mich beobachten, wie ich da in meinem Bike hänge. Halb tot. Fertig. Ich sehe mir zu.<br />Und dann sehe ich, wie ich anhalte. Einfach die Schuhe ausklinke und meine Beine zu Boden fallen lasse. Die Hände lösen sich vom Lenker, fallen lose herab. So liege ich da. Mit letzter Kraft pelle ich mich aus meinem nassen Sitz, stelle die Maschine auf ihren Ständer, ziehe Helm und Handschuhe aus und lasse mich auf den Asphalt sinken. Einfach so. Ich gebe auf.<br />Finito. Nichts geht mehr.<br />Mein Körper kann nicht mehr.<br />Keine Chance.<br /><br />Das Beunruhigende an dieser Sache ist, dass ich das nicht bewusst tue. Ich bin nicht Urheber dieser Entscheidung, Herr der Dinge. Ich bin nur Zuschauer. Unbeteiligter. Ich sehe mir zu, wie ich aufgebe. Eine Erfahrung, die mich zutiefst schockiert. Aber erst hinterher. Jetzt, in diesem Moment, bin ich einfach nur leer. Ausgelaugt.<br />Nicht fertig oder K.O., nicht so, wie ich es früher oft war, nach langen Etappen. Nein, das hier, das hier ist etwas komplett anderes: Ich fühle, wie alle Anzeigen meines Körpers auf Null stehen. Hier geht nichts mehr. Komplettausfall. Das wars.<br /><br />So sitze ich nun in der Nachmittagssonne der Serra de Alvelos, am Fuße eines weiteren Horrorberges. So sitze ich und habe aufgegeben.<br />Aufgegeben.<br />So etwas tut man nicht.<br />So etwas tue ich nicht.<br />Ich kenne das nicht. Weiß nicht, wie ich damit umgehen soll.<br /><br />Ich nehme einen Schluck Wasser. Und stelle schockiert fest, dass ich alles bis auf wenige Schlucke leer getrunken habe. Vielleicht noch 0,2 Liter, dann ist auch dieser Rest verbraucht. Augenblicklich meldet sich mein Körpergefühl wieder: Alle Teile meines Körpers signalisieren Alarm. Die Arme, die Beine, der Magen, der Kopf. Alle Glocken schrillen, ich zittere, bekomme es mit der Angst zu tun.<br /><br />Ist das jetzt der Hitzeschlag?<br />Ist das jetzt der Burnout?<br />Was tun? Ich bin in der Mitte eines Ortes, den man gut und gerne als Nirgendwo bezeichnen könnte. Sitze in einer Halbwüste ohne Wasser und Nahrung. Habe nicht einmal mehr die Kraft, aufzustehen und an den nächsten Baum zu pinkeln.<br /><br />Und ehrlich: Ich habe wirklich und ehrlich Angst. Reine Angst. Wie soll das hier heute ausgehen? Ich versuche, nachzudenken, meine Situation zu analysieren. Fakt 1 - mein Körper kann nicht mehr. An eine Weiterfahrt, schon gar an eine von 20 Kilometern Länge über Berge, ist nicht zu denken. Fakt 2 - Hierbleiben kann ich nicht. Ich habe weder Nahrung (dafür schmerzhafte Bauchkrämpfe wegen des Hungers) noch habe ich Wasser. Eine ganze Nacht kann ich hier nicht überleben.<br />Was also tun?<br />Die Polizei rufen? Kein Empfang hier.<br />Oder doch zelten, das beste hoffen, und morgen früh den Tau von der Plane lecken, hatte nicht so auch Rüdiger Nehberg seine Survivaltrips überlebt? Schwachsinn! Ich fasse es nicht, in dieser Situation zu sein.<br /><br />Und falle in eine Depression. Ich sitze apathisch da und werde immer tiefer in das dunkle Loch gezogen. Kann gar nicht mehr an klar denken. Bin nur noch weg, weit weg, setze mich mit allem möglichen auseinander, denke an Tod, an Verhungern, an Verdursten.<br />Ich verfluche mich, weil ich 3 Stunden umsonst gefahren und all meine Energie verschleudert habe. Ich hasse mich dafür, sunnyboyartig ohne vernünftiges Frühjstück zu versuchen, bei 40 Grad eine unbesiedelte Einöde wie diese durchfahren zu wollen. Ich könnte mich treten dafür, ohne Proviant zu reisen, weil ich Angst habe, das Bike könnte noch schwerer werden.<br /><br />Ich bin einfach nur tief deprimiert. Dunkle Gedanken vernebeln alles. Dann ein Gedanke: Anhalten. Ich könnte ein Auto anhalten. Einen Transporter gar, einen mit Ladefläche. Einen, der mich die läppischen 20 Kilometer mitnimmt! Eine gute Idee! Ich beschließe also, einen Transporter anzuhalten.<br /><br />Nur - es kommt kein Auto. Nicht einmal ein kleiner PKW. Nichts. Niemand. Klar - Freitag, 18:30 Uhr. Die Leute sind im Wochenende, längst schon zu Hause, am Abendbrotstisch. Oder bei Freunden. Unterwegs ist hier keiner mehr. Schon gar kein Transporter.<br />Ich sinke noch tiefer ein in die zähe schwarze Depression, die mich umgibt.<br />Fernab leutet eine Glocke. 19 Uhr.<br />Keine Chance, der Zeltplatz mach spätestens 20 Uhr dicht.<br /><br />So sitze ich da, vielleicht noch eine halbe Stunde lang. Ich beobachte Ameisen, die auf dem heißen Straßenbelag nach Beute suchen. Oder Baumaterial für ihren Bau. Ich versuche, in den Bäumen die Zikkaden auszumachen, die ihren ohrenbetäbenden Lärm in die strohige Savanne brüllen.<br /><br />Da sehe ich aus dem Flimmern ein Auto auftauchen. Es kommt näher - das wird doch wohl nicht? Nein? Doch? Da - doch! Es ist ein Transporter! Ein perfekter, wunderschöner Transporter. Eine Ladefläche, groß und breit, leer dazu noch, er fährt langsam genug, dass ich ihn anhalten kann.<br />Wie ein Irrer bin ich auch meinen Füßen, springe hoch, renne zur Mitte der Fahrbahn, winke, kreuze die Arme, rufe, bitte sie, anzuhalten, deute auf die Haltebucht, in der ich stehe. Winke immer wieder.<br />Sie fahren an mir vorbei.<br />Ein Mann und eine Frau.<br />Fahren vorbei.<br />Einfach vorbei.<br />Sie winken mir zurück - freundlich lächelnd. Für sie bin ich wohl ein lustiger Tourist. Sie erkennen nicht, dass ich in Not bin. Ich schreie, vor Wut, schreie meine ganze Verzweiflung raus, renne ihnen noch wild gestikulierend etwas hinter her.<br />Keine Chance. Sie fahren weiter. Lange noch kann ich ihnen folgen, wie sie die steile Steigung am Berg entlang fahren. Elend lange sehe ich sie. Sehe ich, wie sie wegfahren. Wie ein Gestrandeter, dessen Schiff vorbeigefahren ist, obwohl er das hellste Feuer, das er imstande zu entfachen war, angemacht hat.<br />Einfach weg, ich könnte weinen.<br />Aber habe selbst dafür kein Wasser mehr.<br /><br />Und so sitze ich nun im Schneidersitz. Wie ein Unantastbarer. Ich bin der Welt entrückt. Habe mich gelöst. Nichts zählt mehr. Meine Gedanken, sie sind nicht mehr hier. Sie sind irgendwo. Irgendwo anders. Ich bin frei, fühle mich frei. Aber es ist keine schöne Freiheit. Eher vorgegaukelte Sicherheit, denn würde ich meine Lage objektiv bedenken, ich müsste es mit der Angst zu tun bekommen.<br /><br />Die Glocke läutet wieder. 20 Uhr. Zwei Stunden sitze ich schon hier. Zwei Stunden. Ohne Rettung. Ohne Perspektive.<br /><br />Und da passiert es. Diese Erfahrung, die ich fast als spirituell bezeichnen möchte. Es ist, als öffne jemand ein Wehr. Als ließe jemand eine Staumauer einstürzen - ich werde augenblicklich übermannt von schäumender Energie. Sie ist da. Von einer Sekunde auf die andere. Wie eine gigantische Welle. Wie, als gäbe der Körper eine Reserve frei, von der ich nicht wusste, dass er sie hat. Ich weiß - von einer Sekunde auf die andere - dass ich es schaffen werde. Ich bin mir sicher. So selbstverständlich schnalle ich meinen Helm um, lasse mich in die <span style="font-style: italic;">Speedmachine </span>gleiten und fahre los.<br /><br />Ich habe Energie. Massig. Ich trete, kann sogar in zwei, drei höheren Gängen fahren, als ich es sonst am Berg getan hätte. Ncht nur physisch, auch psychisch bin ich obenauf: Die Depression ist wie hinweg gewischt. Ich habe Sicherheit. Und mit einer feststehenden Selbstverständlichkeit lasse ich nicht einen Gedanken mehr an Aufgabe zu. Es existiert nicht mehr.<br /><br />Zwanzig Minuten später habe ich den Berg bezwungen.<br /><br />Die Stelle, an der ich vorhin noch fast in meiner Verzweiflung ertrunken wäre, ich kann sie genau sehen. Ich schaue hin, nur ein mal. Kurz. Dann fahre ich weiter, umrunde auf der Spitze den Berg - und rolle hinab. In ein Dorf.<br />Geradewegs darauf zu.<br />Eine Bar. Sie hat offen.<br />Ich betrete sie und traue meinen Augen nicht: Es gibt Bananen! Die letzte Rettung für Radfahrer. Kraftwerke der Natur, energiestrotzdene Früchte. Ich schlinge gleich zwei in mich hinein, trinke einen halben Liter eiskalten Eistee auf Ex, kaufe Wasser en mass und kümmere mich nicht darum, dass alle 20 Gäste der Bar nach draußen rennen, um sich mein Bike anzusehen.<br /><br />So sitze ich, gierig kauend und trinkend, gewiss eine bemitleidenswert aussehende Person, inmitten schnatternder Portugiesen. Ich nehme sie nicht einmal mehr wahr. Stille Durst und Teile meines Hungers. Belohnung.<br />Noch 18 Kilometer. Ein Klacks, rede ich mir ein. Verabschiede mich und fahre davon. Wie in Trance. Schmerzhaft - denn zuerst meldet sich zu erst das linke, dann das rechte Knie. Bei jeder Umdrehung, es sticht bis hoch in die Leiste. Aber ich kann, nein, ich will jetzt nicht aufgeben! Nicht jetzt, nicht hier!<br /><br />Diese letzten Kilometer spule ich ab, wackelnd, leer. Trotz des Energieschubs und mit Sicherheit aufgeladen durch die Bananen, ich zittere, quäle mich von Steigung zu Steigung. Mittlerweile dämmert es, wenigstens sinken dadurch die Temperaturen merklich. Auf meinem Bikecomputer steht eine unglaubliche Zahl - 130 Kilometer! Was hatte Peter heute morgen noch gesagt? 70 bis 80 Kilometer? Müde ringe ich mir ein Lächeln ab.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp3.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJDR16vS96I/AAAAAAAAAks/--hrC8KjVgQ/s1600-h/11_Castelo-in-Sicht.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp3.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJDR16vS96I/AAAAAAAAAks/--hrC8KjVgQ/s400/11_Castelo-in-Sicht.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5228909891608049570" border="0" /></a>Da endlich erreiche ich Castelo Branco. Weiß liegt die Stadt an einem Hügel. Oben erkenne ich die Burg. Herrlich, wie ein Brillant in der Wüste, wie eine Oase. Ich fühle mich wie ein Raumfahrer, der nach langer Not seine Heimatbasis ansteuert, wie ein Verschollener, der Heim kehrt. Nur noch wenige, wenige Kilometer.<br />Ich bewältige den letzten Anstieg und folge dem erstbesten Hinweisschild in ein Hotel. Es ist das Best Western. Soll mir Recht sein.<br /><br />Völlig entkräftet, schweißtrunken, benebelt, außer Atem, ächzend schiebe ich die <span style="font-style: italic;">Speedmachine</span> in die Lobby. Kalter Hauch einer Klimaanlage verhindert den Kollaps. Ich knalle meine ID auf den Tresen, der schockierte Rezeptionist hat Mitleid, gibt mir sofort ein Zimmer. Preis ist mir egal. Ich schleppe zuerst das Rad, dann die Ausrüstung nach oben. Ich schließe die Tür. Ich ziehe mich nackt aus. Ich plündere die Minibar und dann lasse ich mich in eine heiße Wanne fallen. Und muss fast weinen, so schön ist es.<br /><br />Heute war sie also dran, die Nahtoderfahrung. Und ich übertreibe nicht, wenn ich sie als solche bezeichne. Heute habe ich gelernt. Viel gelernt. Über das Radfahren, das Tourenfahren im Speziellen. Aber viel mehr, viel wichtiger, über mich, meine Psyche, meinen Körper.<br /><br />Heute bin ich an einer Grenze zerbrochen.<br /><br />Und heute bin ich über mich hinaus gewachsen.<br /><br />Und während ich so in der Wanne liege wird mir klar, dass diese letzten 20 Kilometer ein Geschenk meines Körpers waren. Ein Geschenk zum Preis meiner letzten, meiner innersten Reserven. Und mir ist klar, dass ich diese erst wieder auffüllen muss. Dass ich ihn gut behandeln muss, wenn er die Tour bis Porto durchhalten soll.<br />Und ich bin froh, hier zu sein. Hier meinen Ruhetag, den ich so dringend brauche, verleben zu können.<br /><br />Ich bin wieder Schweiß gebadet, weil es so heiß ist, als ich einschlafe. Ich war nach dem Bad noch kurz in der Stadt - keine 500 Meter vom Hotel entfernt - habe zwei Riesenhamburger und viel viel Wasser verdrückt.<br /><br />Der Schlaf kommt schnell. Und er dauert lange. Ich träume nicht. Selbst dieses Reservoir ist geleert.<br /><br /><br />Gefahren: 132 km in 7 h 12 min und 18,6 km/h SchnittAnonymoushttp://www.blogger.com/profile/11924140569160672339noreply@blogger.com3tag:blogger.com,1999:blog-5791489776877501961.post-31952846446727710482008-07-27T01:20:00.000-07:002008-08-06T14:14:00.993-07:00Tag 5 / Etappe 3 "Was harmlos begann ..."<span style="font-style: italic;"><br />Sáo Martinho de Porto - Alcobaca - Batalha - Fátima - Tómar<br /><br /></span><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIwwPjGOVVI/AAAAAAAAAek/FrHYwn4D9xc/s1600-h/etappe_3.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIwwPjGOVVI/AAAAAAAAAek/FrHYwn4D9xc/s400/etappe_3.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5227606311147820370" border="0" /></a>Aufstehen um halb 8. Spätestens. Gestern Abend habe ich noch eine Weile meine Karte gewälzt und, trotzdem sie recht spärlich mit Höhendetails aufwartet, ist mir eines doch irgendwie klar: Heute wird es ungemütlich. Es steht der Ritt nach Tómar an, der alten Tempelritterstadt, einem der interessantesten Reiseziele im Inalnd Portugals, wie ich lese.<br /><br />Ich blicke in eine dichte, dicke Suppe aus weißem Wasserdampf, als ich den Zipper meines Zeltes bediene und die klatschnasse Plane zurückschlage - dagegen hat selbst der Nebel von gestern in Sáo Martinho noch beste Sicht geboten. Heute morgen ist alles weiß. Man kann keine 10 Meter weit blicken. Vom Atlantik, den ich seicht rauschen hören, nicht aber sehen kann, ziehen schneeweiße Schwaden über den Campingplatz. Treffen diese auf etwas, das wärmer ist als sie - Zelte, Menschen, Fahrräder - kondensieren sie sofort zu dicken, kühlen Wassertropfen.<br />Ich bin ebenfalls klatschnass, als ich das Waschhaus erreiche um mir die Zähne zu putzen. Meine Brille steht vor Wasser.<br />Interessant.<br /><br />Ich ziehe mich an, trage Sonnencreme auf, packe alles zusammen, in Plastiktüten, wie es sich gehört. Mittlerweile hat jedes Ausrüstungsteil seine eigene Tüte, seine eigene Packart, seinen angestammten Platz innerhalb der Radtaschen, Routine, schnell geht es. Denn schnell soll es gehen. Als ich das Zelt abbaue, habe ich mit den Wassermassen zu kämpfen - trocken bekomme ich die Plane hier nie, dazu müste ich noch zwei, drei Stunden warten. Die Sonne würde binnen Minuten alles trocknen. Aber ich habe diese zwei, drei Stunden nicht - ich will die frische Brise, die jetzt noch herrscht, die milden Temperaturen, ausnutzen um zu fahren.<br />Also falte ich die durch das viele Wasser mindenstens doppelt so schweren Zeltplane und verpacke sie eben feucht. Trocknen kann sie auch noch heute Nachmittag, in Tómar.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJA1vkuCiMI/AAAAAAAAAh0/Ukoya6w9cUw/s1600-h/01_Morgennebel.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJA1vkuCiMI/AAAAAAAAAh0/Ukoya6w9cUw/s400/01_Morgennebel.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5228738258804050114" border="0" /></a>Die Sonne, dieser Milliarden Jahre alte Stern, versucht verzweifelt, durch den kalten Salzwassernebel zu dringen - sie schafft es aber nicht. Selbst, als ich halb 9 pünktlich durch die Schranke auf die menschenleere Straße rolle, hochschalte und die von der Party heute Nacht gezeichnete Promenade durch Sáo Martinho in Richtung Alcobaca fahre, erkenne ich sie nur als einen müden, blassen Fleck am Himmel.<br /><br />Zunächst geht es in einen kleinen Ort, dessen einzige Daseinsberechtigung ein Kreisverkehr zu sein schein, der sorgsam gepflegt und mit Blumen bepflanzt einige Alternativen für Reisende bietet. Ich wähle die nördliche Ausfahrt und beginne, durch einen herrlich duftenden Eukalyptuswald zu fahren.<br /><br />Wälder mit diesen Bäumen unterscheiden sich massiv von deutschen Wäldern: Eukalyptusbäume schälen ständig ihre Rinde ab. Und so ist der Waldboden mit einer dicken Schicht langer, glatter Rindenfäden bedeckt. Wahrscheinlich der ideale Lebensraum für alle möglichen Insekten und Reptilien, zudem eine dicke Dämmschicht, die den Boden kühlt, denke ich mir. Die Bäume stehen in großen Abständen zueinander, weshalb sehr viel Licht bis nach unten vordringt.<br />Es duftet herrlich nach scharfem Aroma.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://1.bp.blogspot.com/_QfcXEaXAEmQ/SJoT-z4lrWI/AAAAAAAAApw/8L-B0r4Kc34/s1600-h/eukalyptus_Lars_Reisberg.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://1.bp.blogspot.com/_QfcXEaXAEmQ/SJoT-z4lrWI/AAAAAAAAApw/8L-B0r4Kc34/s400/eukalyptus_Lars_Reisberg.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5231515886944628066" border="0" /></a>Seicht geht es auf und ab, ich komme sehr schnell voran. Ab und zu überholen mich einige Transporter mit Leuten, die wohl zur Arbeit fahren. Kurz vor Alcobaca kommen mir zwei schwer bepackte Radtouristen entgegen. Wir winken und grüßen uns überschwänglich, lächeln uns an, wünschen uns im Vorbeifahren eine Gute Fahrt und weg sind wir.<br /><br />Bis Alcobaca passiert nichts. Ich fahre flott durch den Nebel. Muss aufpassen, denn meine Brille ist bedeckt von Wasser, die Straße ist nass wie nach einem Regen und viele der Autofahrer tauchen - ohne Licht natürlich - plötzlich aus der Suppe hinter oder vor mir auf. Sicher sind sie noch viel überraschter, als ich, als sie mich sehen. Aber wie schon einmal gesagt: Ich erlebe Portugals Autofahrer zwar als Liebhaber hoher Geschwindigkeiten, aber wenn es ans Überholen geht, sind sie sehr umsichtig und vorsichtig.<br />Ich fühle mich sicher.<br /><br />Ab und zu putze ich das Wasser von meiner Brille. Schon bald ist mein Trikot nass.<br />Doch ich merke auch, wie sich minütlich der Nebel auflöst. Der eitergelbe, fahle Ball der Sonne gewinnt immer mehr an Konturen. Schon wärmt es, wenn man ihn sieht. Wenig später wird es regelrecht mit einem Mal heiß. Ich kann verdampfenden Dampf erkennen. Portugals Sonne dreht also auf. In spätestens einer halben Stunde hat sie die Feuchtigkeit dieses grandiosen Morgens aufgesogen und kann ungehindert ihre Hitze auf uns hinunter brüllen.<br /><br />Gegen 11 Uhr ist die letzte Nebelschwade verschwunden und ich lenke schwitzend mein Rad unter einem makellosem Azurblau. Die Konturen der Schatten sind scharf. Die Sonne brennt sie ein, wo immer sie hinfallen.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp3.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJA2HmzT2nI/AAAAAAAAAiE/EcoXeCFzqMo/s1600-h/02_Fahren.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp3.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJA2HmzT2nI/AAAAAAAAAiE/EcoXeCFzqMo/s400/02_Fahren.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5228738671679887986" border="0" /></a>In Alcobaca halte ich an und "frühstücke": 2 Pastel de Nata und einen dieser starken Bica-Kaffees. Portugiesen trinken ihn zu jeder Tages- und Nachtzeit. Auch gern mal 23 Uhr. Vergleichen kann man diesen Fingerhut schwarzer Flüssigkeit am ehesten mit einem doppelten Espresso - aber halbsogroß und doppelt so stark. Der Bica erinnert mich an Teer. An den Belag, auf dem ich hier fahre. Auf dem ich hier leide.<br /><br />Ich frage die Barfrau, ob ich hier richtig nach Batalha bin. Sie nickt - immer gerade aus: "Sempre, sempre!" macht sie. Ich bedanke mich, lasse die üblichen 20 Cent Trinkgeld liegen - ein Bica kostet 80 Cent - und sie freut sich.<br />Mein Herz rast - der Megashot Coffein verrichtet sein Werk.<br /><br />Ich komme auf die IC2, eine Schnellstraße mit 4 Spuren. Hier ist merklich mehr Verkehr, aber dafür verfügt diese wieder hervorragend geteerte Straße über einen fast 2 Meter breiten Seitenstreifen, den ich für mich allein habe. Schnurgerade zieht sich die Straße parallel zur Küste entlang, 15 bis 20 km geht es nur geradeaus. Ich kann schnell fahren, fresse die Kilometer nur so weg. Auch wenn die Sonne mittlerweile gut brennt, ich merke es kaum, denn der Fahrtwind über 20 km/h kühlt mich angenehm herunter.<br /><br />Ich freue mich, dass es seicht bergab geht. Die ganze Zeit - nicht ein Anstieg. Der Segen der schiefen Ebene, er macht mich noch schneller, treibt und schiebt ein bisschen, ich muss weniger treten. Welch´ eine Wonne.<br /><br />Rechts neben mir, in einiger Entfernung, verläuft die Serra dos Candeeiros: Eine massive, hohe, dunkle Wand. Ein Gebirgszug mit 500 bis 600 Metern Höhe. Er zieht sich bis Batalha hin, sagt meine Karte. Beeindruckend, wie an seinem Fuß, bis in etwa 200 bis 300 Metern noch der Nebel steht. So wird die schwarze, scharfgratige Wand von einer zweiten, fluffig-weißen Wand teilweise verdeckt. Ich schaue so oft hinüber, wie es geht. Ein Zaun, denke ich, ein Zaun ist das, ein riesiger Wall der die Küste vom Umland trennt. Und wer weiß, was dahinter liegt?<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp1.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJA163v82dI/AAAAAAAAAh8/yyk0ufNGBXc/s1600-h/03_Serra_dos_Candeeiros.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp1.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJA163v82dI/AAAAAAAAAh8/yyk0ufNGBXc/s400/03_Serra_dos_Candeeiros.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5228738452890900946" border="0" /></a>Dann, die Schilder verraten, dass ich 5 km vor Batalha bin, knickt die IC2 ab, führt steil nach unten. Mit jenseits der 55 km/h schieße ich den Seitenstreifen entlang, neben mir auf 2 Spuren fahren die Autos. Sie sind nur unwesentlich schneller. Aber doch ein komisches Gefühl - sieht diese Schnellstraße doch aus wie eine deutsche Autobahn - und nach einem irrtümlichen Ausritt auf eine solche, der mir auf einer Tour in Deutschland passiert ist, habe ich immer ein mulmiges Gefühl bei diesen riesigen, schnellen Straßen.<a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJA8RAOmJOI/AAAAAAAAAjU/7MJjChBpuGY/s1600-h/Lars_Reisberg_Fatima_1.jpg"><img style="margin: 0pt 0pt 10px 10px; float: right; cursor: pointer;" src="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJA8RAOmJOI/AAAAAAAAAjU/7MJjChBpuGY/s320/Lars_Reisberg_Fatima_1.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5228745430193808610" border="0" /></a><br />Aber schon ist ein Kreisverkehr erreicht, ich muss runterbremsen, folge dem Schild: Fátima. Meine erste Station heute.<br /><br />Die Straße wird augenblicklich runhiger. Gewohnt einpurig. Kein Seitenstreifen mehr. Wenig Verkehr. So fahre ich durch Batalha, verlasse den Ort wieder und merke, dass sich die Sonne nun nicht mehr nur in die rechte Gesichtshälfte einbrennt, sondern frontal von vorn kommt: Mein Kurs ist Ost.<br />Und da sehe ich es auch: Ich fahre geradewegs auf die Wand der Serra dos Candeeiros zu.<br /><br />Da will ich rüber? Muss ich rüber? Dahinter liegt Fátima?<br />Ich rücke mich im Sitz zurecht, nehme mir vor, die letzten paar Kilometer Steigungsfreiheit zu nutzen. Gleich, da bin ich mir sicher, wird es lustig. Gleich, da bin ich mir sicher, werde ich mit diesem Berg, der meinen Höllenberg von gestern geradezu lächerlich erscheinen lässt, meinen neuen Meister gefunden haben.<br /><br />Fátima ist nach Lourdes der größte Wallfahrtsort Europas und mithin das religiöse Zentrum Portugals - und genauso komme ich mir jetzt auch vor, wie ein Wallfahrer, der erst das Martyrium durchleiden muss, um sich so den Eintritt in diese Stadt zu verdienen. Ich bin kein religiöser Mensch, aber angesichts der Wand, die sich da immer höher vor mir auftürmt, angesichts meiner Winzigkeit und der Erhabenheit dieses riesenhaften Zauns aus Granitstein, zucken mir Gedanken an Leid, an Leidensweg und Erlösung durch den Kopf. Dabei habe ich noch nicht mal die Steigung erreicht. Die liegt noch vor mir.<br />Inzwischen aber kann ich andächtig meinen Kopf heben, den Blick weit nach oben richten, um überhaupt die Zinnen dieses natürlichen Walls zwischen Fátima und mir erkennen zu können.<br /><br />Dann zieht die Straße an.<br />Und ich mache mich bereit.<br />Na, dann mal los, denke ich, schalte herunter und bin bereit für 600 Höhenmeter. Denke ich.<br />Bereit, das merke ich schnell, bin ich allerdings lange nicht.<br /><br />Selbstzynisch (dieses Wort erfinde ich in den nächsten Stunden) wie ich nunmal bin, nehme ich mich selbst aufs Korn: Ich wollte es ja nicht anders. "Einmal vor Unerbittlichem stehen. Einmal des Todes kalten Hauch spüren" - so sagt es Herbert Groenemeyer in "Das Boot". Nun, ganz so hart ist es nicht und sicher ist dies beiweitem nicht der kalte Hauch des Todes. Wenn, dann eher derheiße Atem, aber selbst das ist es nicht.<br />Unerbittlich ist es schon. Ich muss ich rüber. Ob ich will oder nicht. Wenn ich Fátima, Tómar und das Inland Portugals sehen will, dann muss ich die Serras dos Candeeiros bezwingen. Hier und jetzt.<br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp3.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJA2TO-BANI/AAAAAAAAAiM/VIH01wtLJYU/s1600-h/05_Serro_Ventoso_unten.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp3.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJA2TO-BANI/AAAAAAAAAiM/VIH01wtLJYU/s400/05_Serro_Ventoso_unten.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5228738871440769234" border="0" /></a>Ich verlasse langsam das Dorf. Neben mir rauschen ratternd schwere LKW vorbei. Sie stürmen bergan, stoßen Unmengen dichten, schwarzen Qualms aus und schnaufen wild röhrend die Serpentine entlang. Knapp neben mir rotieren die schweren Reifen, sie bringen den Asphalt zum vibrieren, die rütteln mich wach, reißen mich aus der Selbstreflexion zurück ins Hier und Jetzt und konfrontieren mich mit der Frage nach meiner Sicherheit. Scheinbar - das merke ich, nachdem etwa der zwanzigste Schwerlaster an mir vorbeidonnert - führt diese Straße zu einer Baustelle oder Ähnlichem. Nervend, wenn ich jetzt also diese Monstersteigung an diesem Monsterberg nun auch mit diesen stählenen Straßenmonstern abreiten muss.<br /><br />Und wieder überrascht mich Portugal, denn ich entdecke an der Strecke etwas, das ich vorher bei noch keiner portugiesischen Straße gesehen habe: Leitplanken. Und dahinter ein schmaler, nicht mal einen Meter breiter, aber immerhin sicherer Betonweg. Mein Weg, beschließe ich, und schiebe die <span style="font-style: italic;">Speedmachine </span>bei der nächsten Gelegenheit auf den Betongrat.<br /><br />An schnelles Fahren ist schon der Enge wegen nicht zu denken. Denn obwohl der Fußgängerweg (?) zur Fahrbahn - also zum Berg hin - durch eine massive Metallplanke gesichert ist, ergibt das zur anderen Seite, zum Abhang hin schon ein ganz anderes Bild. Hier nämlich ist keine Sicherung vorhanden. Je nachdem, in welche Richtung ich also fahre, habe ich links neben mir alle paar Minuten einen PS-Riesen, der seine schwere Last den Berg hinaufprügelt und rechts neben mir, nein, unter mir, den Abhang. Geröll. Es geht steil bergab. Hier und da wuchern Büsche, aber sie sind nur eine höchst fragile Barriere zwischen mir und der schrägen Ebene des Berges.<br />Einmal falsch gelenkt, einmal vom Betonweg abgekommen und ich würde die letzte Schussfahrt meines Lebens antreten. Und vielleicht doch noch den Hauch des Todes spüren.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJA79a-vPqI/AAAAAAAAAjM/Tu7S3M2x04E/s1600-h/Aufstieg_Schwerstarbeit.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJA79a-vPqI/AAAAAAAAAjM/Tu7S3M2x04E/s400/Aufstieg_Schwerstarbeit.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5228745093777669794" border="0" /></a>Dass die Sonne das Ihre tut, um einne Beitrag zur Situation zu leisten, ist klar. Allerdings ist ihre unmittelbare Wirkug begrenzt, denn ein steter, frischer Aufwind, der vom Meer herüberzieht, sorgt für Abkühlung und optimale Verdunstung.<br /><br />Dann kommen die ersten Hindernisse. Ich bin etwa auf halber Höhe, da steht mitten auf dem Weg ein großer Baum. Nein, nicht neben oder am Weg, sondern mitten auf dem Weg. Und nicht, dass man den Weg um ihn herum gebaut hätte oder so, nein, man hat ihn einfach einbetonniert. Weder links - an der Leitplanke - noch rechts - am Abgrund - komme ich an ihm vorbei. Mein Rad über die Leitplanke auf die Fahrbahn zu heben, kann ich vergessen.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJA21TDPoDI/AAAAAAAAAic/VKUTuKeKe-o/s1600-h/07_Aufstieg_Serro_Ventoso.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJA21TDPoDI/AAAAAAAAAic/VKUTuKeKe-o/s400/07_Aufstieg_Serro_Ventoso.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5228739456651993138" border="0" /></a>Ich steige ab und brauche fast 10 Minuten, die Silhouette meiner Maschine zu verschmälern, indem ich die Radtaschen abbaue, Schlafsack und Isomatte herunternehme, alles einzeln durch die Enge des Zwischenraums trage und auf der anderen Seite wieder aufschnalle.<br />Das kostet Zeit, Kraft und Nerven.<br />Ich fahre weiter. Erster Gang, kleinste Übersetzung. Mehr als 6, 7 km/h sind nicht drin. Schon sehe ich die nächsten Hindernisse: Pflanzen. Mal wuchern struppige, harte Sträucher komplett den Weg zu, sodass ich das Rad einige hundert Meter zurückschieben und durch eine der seltenen Fahrbahnöffnungen auf die Straße bugsieren muss, mal liegen nur Ausleger der Sträucher auf dem Weg. Sie sind rund einen Zentimeter dick, sehr zäh und über und über mit Riesendornen, die meinen Schwalbe Marathons leicht den Mantel durchstechen könnten, übersät.<br />Hier muss ich also immer anhalten und die Ausleger mühevoll, jeden einzeln, abknicken und von der Fahrbahn wegdrücken. Auch das kostet Zeit, Kraft und Nerven.<br /><br />Aber ich nutze diese unfreiwilligen Pausen auch, um ab und zu meinen Blick schweifen zu lassen. Über eine grandiose Landschaft, die da unter mir liegt. Wie hoch mag ich wohl sein? 400 Meter? 500 Meter? Ich kann den Ozean sehen, sogar einzelne Wellen ausmachen. Tief unter mir liegt das Dorf, durch das ich eben gefahren kam, ich kann die Serpentinen bis hier hoch verfolgen: Ein langer Weg! Ganz hinten erkenne ich die Mondsichel von Sáo Martinho de Porto, Batalha und die schnurgerade Schnellstraße, die, wie ich jetzt erkenne, auf dem Grat eines flachen, aber ebenso langen Berges wie meinem aktuellen, verläuft.<br />Ein schöner, weiter Ausblick über viel Grün, gekrönt vom unendlichen Blau dieses erhaben daliegenden Atlantiks.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp3.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJA3EPXN-MI/AAAAAAAAAik/gf2oAI3aRV0/s1600-h/09_Serro_Ventoso_Speedmachine.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp3.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJA3EPXN-MI/AAAAAAAAAik/gf2oAI3aRV0/s400/09_Serro_Ventoso_Speedmachine.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5228739713360066754" border="0" /></a>Während ich in einer großen Haltebucht stoppe, um zu pinkeln und ein paar Fotos zu machen, sausen mit irrsinniger Geschwindigkeit zwei Rennräder an mir vorbei und den Berg hinab. Die nurmehr als bunte Blitze wahrzunehmenden Fahrer winken heftig, grüßen und rufen etwas auf Französisch. Ich grüße zurück und denke mir: So werde ich auf der anderen Seite auch bergabschießen. Und ich freue mich. Sammle Kraft, ziehe die enge Hose wieder hoch und lasse mich in den Sitz gleiten. Weit kann es nicht mehr sein bis zum Gipfel. Und dann ... bergab!<br /><br />So trete ich noch einmal kräftig in die Pedale, erreiche den Gipfel, der waldlos, braungebrannt und völlig trocken in der Höhensonne brutzelt, folge einer weiten Linkskurve und ... komme wieder auf eine enttäuschend flache Abfahrt, die nach 500 Metern endet und - na klar doch - in den nächsten Aufstieg mündet. Also doch noch nicht der Gipfel. Wie ist das mit Regel Nummer 1 in Portugal? Wenn du glaubst, du hast den Berg gemeistert, kommt noch eine Steigung oben drauf. Nein, eigentlich sind es immer zwei.<br /><br />Gleichgültigkeit spielend, schalte ich gelassen die wieder die Gänge zurück und mache mich an den Anstieg. Die schweren LKW muss ich nun ertragen - der Fußgängerweg existiert nicht mehr. Was mir eigentlich auch ganz recht ist, habe ich eigentlich doch mehr Energie auf dem sicheren Weg verpulvert, als ich es auf der - dann natürlich unsichereren - Straße getan hätte.<br />So kurbele ich, mittlerweile wieder schweißgebadet, da auch der Wind hier nicht mehr hinreicht, ein paar weitere Steigungen hoch, folge schlappen, kurzen Abfahrten und über mich in Zen, der Ruhe, in der die Kraft liegen soll.<br /><br />Da bringt der Berggott die erste Erlösung für mich: Die LKW biegen hinter mir alle in eine staubige Nebenstrecke ab. Wahrscheinlich, um zu ihrer Baustelle zu kommen. Ich habe die Straße un für mich allein und zwei, drei Autos alle zehn Minuten.<br />Na bitte, das bringt Fahrqualität.<br />Und Luftqualität. Ich möchte nicht wissen, wieviele Dosen Feinstaub der rußenden Dieselaggregate ich heute zu viel eingeatmet habe.<br /><br />Langsam merke ich, wie meine Muskeln ihren Tribut fordern: Die eher fettige, einseitige Ernährung ohne Grünes, ohne Vitamine oder Spurenelemente und vor allem - ohne Ballaststoffe - kann meinen Muskelapparat kaum komplett versorgen. Dazu die schlechte Ernährung, ohne richtiges Frühstück, nur zwei läppische Teigkuchen und ein Atomkaffee - das kann nichts werden. Ich werde schlapp. Müde.<br /><br />Fátima, heiliger Ort. Hier soll zwei Schäferinnen die Heilige Mutter Gottes erschienen sein. Wird sie auch für mich ein offenes Ohr haben? Kann hier, so nah an einem gesegneten Ort, auch mir ein Wunder widerfahren? In Form einer Straße, die nach unten, anstatt nach oben führt? Ginge das? Wäre das möglich?<br />Dann kommt tatsächlich ein Zeichen. Ein Göttliches. Ich biege um die Ecke, habe meinen Gedanken an Jesus´ Mutter gerade zu Ende gedacht, als ich an einer kleinen Straßenkapelle vorbei komme. Der Herr hängt leidend am Kreuz. Schaut auf mich hinab. Ich, der ich müde zäh die Pedale kurbele und in Zeitlupe mein Rad an ihm vorbei steuere.<br />Ich nicke ihm zu.<br />Kleiner Lars, weine nicht, scheint er mir sagen zu wollen, dieser verwitterte Heiland, es gibt wesentlich schlimmeres, als all dies hier. Recht hat er. Und eine Kurve weiter senkt sich die Straße tatsächlich ab. Ein Schild verspricht, dass es nur noch 8 Kilometer bis Fátima sein würden. Und soweit ich blicken kann, führt diese Straße bergab.<br /><br />Ich lehne mich zurück, beschleunige etwas, und lasse mich den (allerdings enttäuschend schlappen) Berghang hinunterrollen. Eine Viertelstunde später erreiche ich Fátima. Ende der Wallfahrt für Millionen jährlich - Ende einer Leidensfahrt für mich. Vorerst.<br /><br />Jesusfiguren, Kruzifixe, Marienstatuetten, Krücken, Arme, Beine, ganze Babys aus Wachs, Rosenkränze, Weihrauch, Papstbilder, Jesusbilder, Bibeln, Blumen, Kerzen in allen Größen ... Laden reiht an Laden. Ein Wallfahrtsort, das erkennt man auf den ersten Blick. Sakrale Gerüche drängen sich auf, Räucherstäbchen - wir sind doch nicht in Thailand? Junge Menschen halten mir Fotoalben entgegen, preisen darin Restaurants, Führungen oder sonstige ihrer Serviceleistungen an. Bunt gekleidete Gläubige, in großen und kleinen Gruppen, eilen durch die Straßen, alles strömt und zieht mich mit, auf den großen Platz.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp3.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJA3UbscLDI/AAAAAAAAAi0/pAlrrsSJH4E/s1600-h/11_Fatima_Kirche.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp3.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJA3UbscLDI/AAAAAAAAAi0/pAlrrsSJH4E/s400/11_Fatima_Kirche.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5228739991548210226" border="0" /></a>Frevel oder nicht, ich steige nicht ab, als ich ihn betrete. Langsam, majestätisch fast, fahre ich in Schritttempo über einen gepflasterten Platz, der Hunderttausenden Platz bieten sollte, bei Messen. Eingerahmt von Säulengängen, an einem Ende die prächtige, weiße Wallfahrtskirche, die Stelle, an der die Mutter Gottes erschienen sein soll, am anderen Ende abgeschlossen von einer modernen, nicht weniger wuchtigen Kongresshalle.<br />Ein fast 30 Meter hoher, abstrakter Jesus am Kreuz in Stahl rostet uns sein Leiden vor, unter ihm eine Marmorstatue von Johannes Paul II.<br /><br />All die Menschen, andächtig und staunend. Dann die vielen Alten, Ältesten, die sich scheinbar mit letzter Kraft zu den Heilung verprechenden Stätten geistiger Erhöhung schleppen.<br /><br />Religion ist mir fremd. Ich finde sie unheimlich. Und so mache ich Fotos und verlasse den Platz, zurück in die Fußgängerzone mit ihrer unüberschaubaren Anzahl an Devotionalienläden. Ich kaufe eine Telefonkarte und rufe den einzigen Herrn an, den ich habe, nämlich meinen alten Herrn, der heute Geburtstag hat.<a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp1.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJA8dj9B3qI/AAAAAAAAAjc/h8Uo2Yt2lyU/s1600-h/Lars_Reisberg_Fatima_2.jpg"><img style="margin: 0pt 0pt 10px 10px; float: right; cursor: pointer;" src="http://bp1.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJA8dj9B3qI/AAAAAAAAAjc/h8Uo2Yt2lyU/s320/Lars_Reisberg_Fatima_2.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5228745645942234786" border="0" /></a><br /><br />Ein kleiner Snack, die Flüssigkeitsbehälter aufgefüllt und flux nach dem Weg gefragt. Das letzte Stück dieser Etappe will geschafft sein - Tómar, die alte Tempelritterstadt. 30 Kilometer. Nach deutschen Verhältnissen ein Katzensprung. Aber hier, hier weiß man nie. Hier können dich 5 Kilometer so fertig machen, wie 50 daheim.<br />Dem Restaurant-Werbejungen, den ich dann auch bitte, mir die Richtung nach Tómar zu zeigen, bleibt dann auch der Mund offen stehen, und er fragt ungläubig: "Heute noch???"<br />Ja, heute noch nach Tómar, richtig.<br /><br />Für die Autofahrnation Portugal ist es wahrscheinlich sowieso ein Rätsel, wie einer aus dem "reichen" Deutschland sich so abmühen kann, und sich mit einem Fahrrad durch die Hitze plagt. Mich belustigt das etwas und macht mich ein wenig stolz. Nein, ich bin keiner von den All-inklusive-Deutschen, die ihr kennt. Ich schließe mich nicht in meinem Betonressort ein, verlasse meinen sauber gefliesten Pool nicht und fresse mich am Büffet an Schnitzel satt, nein, ich bin hier, um Euch, Euer Land zu erfahren, im wahrsten Sinne des Wortes.<br />Mir macht es Spaß, den Jungen stehen zu lassen, und ihm vielleicht eine ganz neue Facette gezeigt zu haben. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass er mich für einen Spinner hält. Aber auch das finde ich nicht schlimm: Dann lieber Spinner sein, als ein All-inklusive-Deutscher.<br /><br />Ich fahre los, verlasse Tómar, vorbei an endlosen Schlangen wartender Reisebusse, die die Bußwilligen wieder aufsammeln, vorbei an Gruppen uniformierter Gläubiger, die einem singenden Gitarrenmann folgen, an staunenden, belustigten, ungläubigen Gesichtern, die mich und meine <span style="font-style: italic;">Speedmachine </span>verfolgen.<br /><br />Und nun bekomme ich auch meine Abfahrt. Lohn des Tages. Ortsausgang Fátima, das selbst auf einem Berg liegt, was ich vorhin nicht sehen konnte, geht es los: Unter mir liegt eine weite, weite Ebene, ich kann über einen Talkessel riesigen Ausmaßes blicken, folge mit meinen Augen der schlangenlinienartigen Straßenführung, bis ganz nach unten, freue mich, liege mich in meinen Sitz, beschleunige aufs Maximum, um schon bei Anfang der Abfahrt eine hohe Geschwindigkeit zu haben.<br />Dann schieße ich hinab. Der Restaurant-Junge hatte mich noch gewarnt: "It will go straight down - very, VERY fast!" Und er hatte nicht übertrieben.<br /><br />Ich nehme richtig Geschwindigkeit auf, auf den Geraden, die nach rechts eine steil nach oben führende Felswand, nach links, nur begrenzt durch eine kaum 30 Zentimeter hohe Steinmauer, zum Abhang hin führt. Dann kommen die Kurven - sanft hineinbremsen, ja nicht zu viel Geschwindigkeit opfern, ich lege mich in sie hinein, werde in meinen Sitz gepresst - Ge-Kräfte - habe zeitweilig Angst, auf den kleinen Steinchen, die sich allenthalben vor allem in den Kurven sammeln, wegzurutschen. Manchmal glaube ich, dass meine Satteltaschen auf dem Straßenbelag schleifen, so extrem hänge ich in Schräglage. Kurvenausgang: Das Rad aufrichten, Bremse lösen und den Schub fühlen, Wahnsinn, was ein, zwei km/h mehr ausmachen.<br /><br />Der Wind knallt mir regelrecht um die Ohren, mein Trikot flattert im Fahrtwind, die Deore XT überschlägt sich, der Freilauf scheint heiß zu laufen, ich bin schnell, sehr schnell. Kein Auto kann mich hier überholen - im Gegenteil, in den Kurven, die ich mit 50 durchfahren kann, müssen sie sogar bremsen. So schieße ich ins Tal, fast 10 Minuten lang schwelge ich im Abfahrtsrausch, Tränen fließen meine Wangen entlang, ich muss Zwinkern, kleine Tiere kollidieren mit meinem Gesicht, zerschellen auf meiner Sonnenbrille.<br /><br />Es dauert nicht lange und ich bin unten. Wow, was für ein Ritt! Óurem ist schnell erreicht, ich durchfahre die Stadt, froh, stolz, Adrenalintrunken. Und so macht es mir (vorerst) auch nichts aus, als ich dunkel drohend den nächsten Berg über der Stadtsilhouette erkennen kann - die andere Seite des Talkessels. Da muss ich hoch. Da muss ich rüber. Dahinter liegt Tómar, mein Zeltplatz, eine kalte Dusche, mein Zelt, mein Schlafsack und Ruhe.<br /><br />Ich nehme einige kräftige Züge aus meiner Trinkflasche - die Sonne hatte die Apfelschorle mittlerweile auf angenehme 25 Grad Trinktemperatur gebracht - schalte wieder herunter und mache mich auch an diesen Anstieg.<br />Die Sonne habe ich nun im Rücken. Mein Nacken ist sofort nass, alles läuft ins Trikot. Der Helm glüht, aber wenigstens muss ich nicht meine Augen zukneifen, denn die Lider schmerzen seit heute Morgen, als ich in die aufgehende Sonne gefahren bin.<br /><br />Die Anstiege an diesem Berg sind, zugegeben, weit weniger anspruchsvoll als die beim Fátima-Berg. Dafür sehr langgezogen. Stupide kurbele ich mich zwanzig Minuten mal in die eine, dann nach der Spitzkehre wieder in die andere Richtung. Müde die Beine, fast zu langsam, als sie noch sicher steuern zu können, die <span style="font-style: italic;">Speedmachine.</span> Wieder nur kleinster Gang, der schwer bepackte Drahtesel ächzt, die Kette rattert in den Führungsrohren. Trikot und Hose sind nass, auf meinen Knien - braun gebrannt - steht das Wasser.<br />Trockene Kehle, die heiße Schorle bringt nur wenig Erfrischung.<br /><br />Und da kommen sie wieder, die schweren LKW. Dichte Staubfahnen hinter sich herziehend, Wolken aus spitzen Steinchen umherwerfend, rattern sie mir entgegen. Viel zu hohe Geschwindigkeit, 70, 80 km/h - sie habens gut, sie können bergab. Aber dennoch willkommen, fabrizieren sie doch den einzigen Luftzug, der hier oben herrscht, und mir ist es langsam auch egal, ob dieser mit Rußpartikeln und Diesel-Feinstaub angereichert ist.<br /><br />Die Hitze steht auf der Straße. Fata-Morgana wie in der Wüste. Mein Roadmovie, da habe ich es also. Perfekte Kulisse des Leidens. Und doch - links unter mir eine grandiose Landschaft. Trocken, braun gebrannt zwar, aber ab und an mit kleinen Baumansammlungen durchsetzt, ich erkenne den geringelten Lauf eines kleinen Flusses. Wunderschön. Und brutal die Wirklichkeit hier oben bei mir: Ich kann nicht mehr. Schwere Beine. Muss Husten.<br /><br />Schwer atmend stelle ich das Rad einfach an den Straßenrand und lasse mich, nur 30 Zentimeter vom Asphalt entfernt, am Stamm eines kleinen Baumes nieder. Schatten. Ich brauche jetzt nur Schatten. Und etwas Entspannung.<br />Verdutzt schauen die LKW-Fahrer. Einige Hupen und winken, ein Transporter bremst sogar, aber als ich ihm meinen Daumen entgegenrecke um zu signalsieren, dass alles okay sei, winkt er und fährt weiter. Ich hocke in der Nachmittagshitze - pumpe schwer und versuche, runterzukommen.<br /><br />30 km nach Tómar - ein Katzensprung? Vielleicht auf meiner Karte. Das wahre Leben, es hält scheinbar nur endlose Anstiege für mich parat. Und trotzdem, es macht Spaß. Bei all dem Schmerz, ich spüre den Enthusiasmus, die Neugier. Wie wird es hinter diesem Berg aussehen? Gibt es da Wald? Oder noch mehr trostlose Pampa? Ich bin gespannt will sehen, sehen, sehen.<br />Und nach zwanzig Minuten halte ich es nicht mehr aus. Es drängt mich auf mein Gefährt.<br />Schnell sind Helm und Handschuhe aufgezogen, schnell in die Pedale getreten. Und langsam geht es weiter - bergauf.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJA3fzGVjOI/AAAAAAAAAi8/VbunqhpX_u8/s1600-h/14_Feld.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJA3fzGVjOI/AAAAAAAAAi8/VbunqhpX_u8/s400/14_Feld.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5228740186809404642" border="0" /></a>Und siehe da, nur 100 Meter hinter meinem improvisierten Rastplatz geht es rasant bergab. Eine tolle Abfahrt, nicht so lang, wie die von Fátima, aber schön. Genau das Richtige jetzt, in dieser Hitze. Ich danke dem Berggott, Herrn Jesus und meinen Waden, als ich sie hinabschieße und das Ortseingangsschild von Tómar hinter mir lasse.<br />Für die 30 Kilometer von Fátima bis hier her habe ich mehr als 2 Stunden gebraucht.<br /><br />Ich halte an der ersten Tankstelle, kaufe mir anständig Gekühltes und frage die Frau nach dem Campingplatz.<br />"Náo Campismo" sagt sie und schüttelt den Kopf.<br />Wie bitte? Kein Camping hier? Es steht aber so in meiner Karte - ich zeige sie ihr.<br />Sie schüttelt wieder mit dem Kopf, sucht nach Worten. Dann holt sie einen Kollegen, sagt ihm etwas auf Portugiesisch, er sagt Guten Tag und meint in gebrochenem Englisch: "Camping - year ago, yes. Now - Camping ... it´s closed!"<br /><br />Ein Schlag trifft mich. Knie werden weich.<br />Fassungslosigkeit.<br /><br />"Next one" sagt der Mann und deutet auf meiner Karte auf einen Ort: "Castel de Bode."<br />20, vielleicht 25 Kilometer. Und selbst meine sonst so schweigsame Karte offenbahrt es: Hier gibt es Berge. Massig! Nein, kannste vergessen, mein Lieber, ich fahre hier heute keine 20 Kilometer mehr, keine endlosen Aufstiege. Ich streike!<br /><br />"Yes of course, we have Camping-Sites." sagt sie, die junge, charmante Frau in der Touristeninformation, die ich nach dem Tankstellenstop, völlig demotiviert, ansteuere. "We have two, you can choose."<br />Aha, das zum Thema Einheimische fragen. Camping gibts hier also doch. Zwei sogar. Von Null auf zwei. Ist ja super. Gib mir den schönsten, sage ich ihr. Sie schenkt mir eine Umgebungskarte, markiert den Weg und lächelt mich an: "Only 5 Kilometers."<br />Na, das ist doch mal ein Wort!<br />Wieder oben auf. Die Schlafsack in Gedanken schon ausgepackt, die Dusche 20 Minuten lang genossen. So mache ich mich auf den Weg.<br />Und verlasse Tómar wieder.<br /><br />Von der berühmten Burg, den Parks und herrlichen Gärten, von denen ich gelesen habe, bekomme ich nichts mit. Zu weich gekocht mein Hirn. Zu sehr fixiert auf die kalte Dusche. Ich mache nicht einmal ein Foto, als ich an einer beeindruckenden Wasserburg vorbeikomme. Ich will zum Campingplatz, das ist alles. Wie ein Ertrinkender nur noch die Holzplanke, die da vor ihm in den Wellen dümpelt, im Sinn hat, so strampele ich mich ab.<br /><br />Langsam wird auch die Intensität der Sonne schwächer - sie sinkt. Nun aber kommt die "Unterhitze", die Boden und vor allem der schwarze Asphalt abgeben. Schnell sind meine frisch aufgefüllten Wasserreserven wieder bedenklich geleert.<br />Vom Anfangsenthusiasmus beim netten Mädel in der Info ist wenig übrig geblieben, kein Wunder, türmt sich vor mich doch wieder ein Berg auf. Und hinter ihm erkenne ich den nächsten.<br /><br />Immer weiter entferne ich mich von Tómar. Immer tiefer geht es in dichten, wunderschönen Eukalyptuswald. Ich schnaufe, die Straße, keine Hauptstraße sondern ein kleiner asphaltierter Nebenweg, hat Steigungen für mich parat, die mir das Feuer in den Waden zum lodern bringen. Ich bin extrem genervt, muss mehrmals absteigen und schieben. Bodenwellen, nur 30 Meter hoch, aber mit Extremsteigungen, versauen die letzte Gutelaune. Was soll das hier? 5 Kilometer zum Zeltplatz? Es fühlt sich jetzt schon an wie 50.<br />Wenigstens spenden die Bäume jetzt Schatten - verhindern aber auch jeden Luftzug. Heiß dampft es aus meinem Trikot, ich bin wieder nass von oben bis unten.<br />Leid. Wieder mal.<br /><br />Atemlos, wirklich auf dem letzten Loch pfeifend, erreiche ich den Platz. Es ist ein Dorf, das aus 4 Häusern besteht. An einem der extrem steilen Abhänge der Campingplatz.<br />Oben begrüßt mich Peter, der sieht, wie fertig ich bin. Er nervt auch gar nicht mit Personalausweis und Anmeldeformalitäten, sondern weist mir gleich einen Platz zu (ich bin der Einzige hier) und sagt, ich solle erstmal aufbauen, duschen, runterkommen, dann sehen wir weiter.<br /><br />Mitten im Zeltbau kommt Anneke, seine Frau. Eine Blondine in den 40ern, sehr nett und sympathisch. Sie stellt sich vor. "Dutch?" frage ich. Ja, sie sind Holländer. Wie witzig. Sie bietet mir an, meine Wäsche zu waschen, zeigt mir Duschen und Waschräume und dann erblicke ihn ... den Pool. Türkisfarbig, eiskalt wirkend, einladend liegt er da. Eine fantastische Aussicht auf die reiche Vegetation des Tales bietend, von saftigem Gras umwachsen, mit Südseepalmen umwachsen.<br />"Darf ich ..." frage ich.<br />"Klar!"<br />Ich springe rein.<br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp3.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJA3yAqdfGI/AAAAAAAAAjE/XJ-kPoS_mSw/s1600-h/16_Pool.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp3.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJA3yAqdfGI/AAAAAAAAAjE/XJ-kPoS_mSw/s400/16_Pool.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5228740499688225890" border="0" /></a>Wohltat! Welch´ eine Wohltat nach diesem Tag! Schwimmen, an Bewegung ist nicht zu denken, so lasse ich mich nur treiben. Liege im Wasser, willkommen und himmlisch die kühle der Wellen. Ein großartiges Gefühl, wenn das Wasser in der Sonne vom Gesicht abtrocknet. Und wie <a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJA8ogYAFyI/AAAAAAAAAjk/xF0jTUTDXuM/s1600-h/Lars_Reisberg_Fatima_3.jpg"><img style="margin: 0pt 0pt 10px 10px; float: right; cursor: pointer;" src="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJA8ogYAFyI/AAAAAAAAAjk/xF0jTUTDXuM/s320/Lars_Reisberg_Fatima_3.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5228745833960183586" border="0" /></a>überragend frisch das Gefühl, unterzutauchen, sich zu umgeben, mit diesem kühlen Element.<br />Ich bleibe, bis ich Schrumpelfinger habe.<br />Ein Traum, dieser Campingplatz.<br /><br />Am Abend kommen noch eine fanzösische Familie mit einem Caravan und zwei holländische Pärchen mit Auto. Also muss ich hier doch nicht allein sein. Wir alle sitzen in dem kleinen Restaurant, das Anneke und Peter betreiben, trinken eiskaltes Sagres, sprechen und lachen miteinander, sehen die Sonne grandios-golden unter- und ihr gegenüber, in den schon schwarzen Bergen einen riesigen Mond aufgehen.<br /><br />So verbringe ich die bis hierher glücklichste Nacht bei tollen Gesprächen mit Anneke und Peter und den Holländern, esse einen riesigen Salat (mit Seltenheitswert in Portugal) und labe mich dannach noch an einem knusprigen Hähnchenschenkel.<br /><br />Was für ein Aufriss heute! Was für eine Hitzeschlacht!<br /><br />Gefahren: 106,1 km in 5 h 12 min und 20,37 km/h Schnitt<br /><br /><span style="font-style: italic;"><br /></span>Anonymoushttp://www.blogger.com/profile/11924140569160672339noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5791489776877501961.post-59449006044890631392008-07-27T01:18:00.000-07:002008-07-31T01:29:51.857-07:00Tag 4 / Etappe 2 "Hitze und Berge. Und dann wieder ... Hitze und Berge."<span style="font-style: italic;"><br />Ericeira - Praia de Santa Cruz - Lourinha - Óbidos - Sáo Martinho de Porto<br /><br /></span><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIwvnZjdmKI/AAAAAAAAAec/ZURqHN2o_K0/s1600-h/etappe_2.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIwvnZjdmKI/AAAAAAAAAec/ZURqHN2o_K0/s400/etappe_2.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5227605621391333538" border="0" /></a>Es ist morgens. Die Sonne hat es noch nicht geschafft und arbeitet daran, die letzten Fetzen Nacht zu vertreiben, als ich aufwache, mein Handy anstelle und Punkt 7 Uhr meinen Kopf aus dem Zelt stecke. Dichter Nebel liegt über dem Zeltplatz. Es ist ruhig, nicht einmal Vögel zwitschern, und wenn doch, so dringt ihr Gesang doch nur gedämpft an mein Ohr. Der Nebel liegt wie eine Schweigedecke über dem Land.<br /><br />Nachdem gestern Nacht irgendwann auch meine Nachbarskinder endlich mit dem Versteckspiel aufgehört und sich in ihre Zelte zum Gruselgeschichtenzuhören verkrochen hatten, Ruhe eingekehrt und auch der Verkehr der direkt über meinem Zelt hinter dem Zaun verlaufenden Umgehungsstraße zum Erliegen gekommen war, war ich eingeschlafen wie ein Baby. Der würzige Geruch des Latschenkiefers, mit dem ich meine brennenden Waden massiert hatte, muss mehr oder weniger heftig Träume mit Reminiszenzen an die nicht weniger würzig duftenden Eukalyptuswälder des gestrigen Berges ausgelöst haben. Und so hatte ich von endlosen Aufstiegen durch tiefe, heiße Wälder geträumt, war im Schlaf mindestens noch einmal 100 km gefahren.<br />Entsprechend schaue ich jetzt aus der Wäsche.<br />Ich warte noch ein Stündchen ab, döse immer wieder ein, bis mich eine SMS gänzlich weckt.<br /><br />Acht Uhr. Zeit, Zähne zu putzen und sich abmarschbereit zu machen.<br />Eine Stunde später ist das Zelt abgebaut und die Sachen verstaut, steht die <span style="font-style: italic;">Speedmachine </span>bereit vor mir. Ich habe mir einen Schutzschild aus 30-er Lichtschutzfaktor aufgetragen, schnalle den Helm auf und rolle vom Platz.<br />Der liegt freilich noch im Tiefschlaf, nur hier und da laufen vereinzelt Menschen in Bademänteln herum, tasten sich, noch halb schlafend, zu den Waschräumen oder zurück in ihre Schlafsäcke.<br />Neun Uhr, die Straße hat mich wieder.<br /><br />Kurz hinter dem Campingplatz steuere ich erst einmal eine Tankstelle an, bestelle einen starken <span style="font-style: italic;">Bica </span>und zwei Pastel de Nata und frühstücke. Wenn man das so nennen kann, denn fünf Minuten später beginnt sie dann wirklich, die Etappe nach Sáo Martinho de Porto, einem Badeort an einer der schönsten Badebuchten, wie ich gelesen habe.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SI4VNrdG4UI/AAAAAAAAAgM/RSu9nbLpBAs/s1600-h/01_Wow_noch_ein_Radweg.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SI4VNrdG4UI/AAAAAAAAAgM/RSu9nbLpBAs/s400/01_Wow_noch_ein_Radweg.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5228139542171017538" border="0" /></a>Zunächst folge ich der Küstenstraße nach Norden. Zu meiner Verwunderung ist auch diese mit einem sehr breiten, glatten Radweg ausgestattet. Auf dem um diese Zeit, ebenso wie auf der Straße, fast niemand anzutreffen ist. Links von mir fällt das Ufer einige Meter steil ab, doch nur träge, so, als würde es auch noch dösen, plätschert eine schwache atlantische Brandung gegen den Stein. Dichter Nebel liegt über dem Meer, ich kann keine 20 Meter weit blicken. Feuchte Luft, von der noch schwachen Sonne erhitzt, kondensiert und zieht - in teilweise beeindruckend riesigen Schwaden - ins Landesinnere. Mir soll es Recht sein, denn je länger ich ohne direkte Sonneneinstrahlung in noch angenehmer Temperatur fahren kann, desto besser.<br />Ich komme gut voran - nur leicht geht es bergauf, leider ist auch das Bergab nicht der Rede wert. Mit 25 bis 27 km/h schieße ich trotzdem den roten Weg entlang, kann über mir einen blassen weißen Ball in der Luft hängen sehen - die Sonne, die verzweifelt versucht, sich den Weg freizubrennen.<br />Dass sie es schaffen wird, dessen bin ich mir sicher.<br /><br />Ich erreiche Praia de Santa Cruz, einem ebenfalls sehr bekannten Badestrand, allerdings ohne dazugehörigen Badeort. Hier hat man einen riesigen Parkplatz neben die Straße gesetzt, ein, zwei kleine Pastelarias haben aufgemacht, ans0nsten sieht man nur Dünen und Dünengras. Es ist kurz nach 10 Uhr morgens, noch immer liegt Nebel über dem Land - aber der Parkplatz ist erstaunlich gut gefüllt. Es müssen Hunderte sein, die hier schon zum Baden sind. Ich sehe Familien mit Kindern, Pärchen und Ältere.<br />Alle treffen sich hier zum Morgenschwimmen.<br /><br />Eine sonderbare Luft liegt in selbiger, eine Stimmung, eine ganz besondere. Ich kann sie leider nicht deuten, leider nicht in allen Einzelheiten erfahren - die Badenden zerstören einiges von diesem Eindruck, egalisieren ihn, machen aus ihm eine Kulisse. Was nicht weiter schlimm ist, denn ich bin mir sicher, dass es hier entlang dieser unendlich langen Küsten noch Abschnitte geben wird, die bei Tagesanbruch, in diesem ganz speziellen Licht, nicht in Kindergebrüll und die Rauchschwaden der quarzenden Elterngeneration untergehen.<br />Ich fahre weiter.<br /><br />Um es gleich vorweg zu nehmen - ich werde heute den ersten großen Fehler der Tour begehen. Ein Fehler, der mich einiges kosten wird. Kraft, Zeit vor allem, aber auch Motivation. Aber ein Fehler, aus dem ich lernen werde.<br /><br />Es geht gen Ribamar, als ich falsch abbiege. Ich folge einem Flusslauf, was kein Wunder ist, denn wer kann ahnen, dass die die weitaus bessere Straße ins Nichts, die schlechtere Straße, die ich meide, hingegen zum Ziel führt? Kein Schild weist den Weg, keiner, den man fragen könnte. Ich biege also falsch ab. Und folge dem Lauf eines kleinen Flusses.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp3.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SI4VcX4qcdI/AAAAAAAAAgc/IqRfSyLeiEw/s1600-h/03_Fluss_Idylle.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp3.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SI4VcX4qcdI/AAAAAAAAAgc/IqRfSyLeiEw/s400/03_Fluss_Idylle.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5228139794615923154" border="0" /></a>Schon nach wenigen hundert Metern finde ich mich an einem der romantischsten Orte wieder, die ich bisher gesehen habe: Ruhig, spiegelglatt liegt der Fluss in seinem Bett. Links und rechts, bis hinter zum Horizont türmen sich dicht bewaldete Berge auf, dampfend liegen die Wälder im Morgennebel, seltsam spiegelt sich ein jungfräuliches Rosa im Wasser des Flüssleins. Es ist die pure Freude, hier entlang zu fahren. So ein wunderschönes Tal.<br />Bis mir endlich dämmert, dass das hier nicht richtig sein kann - ich folge dem Fluss ins Inland, müsste aber eigentlich an der Küste weiterfahren. Das kann nicht stimmen!<br />Ich komme an einem Golfplatz vorbei, vier Männer wässern den Rasen. Ich halte an und frage sie, wo es nach Ribamar geht. Sie grinsen, deuten dann in die Richtung, aus der ich gerade komme.<br />"Back, and then right?", frage ich, gestikuliere.<br />"Sim, sim!", machen sie.<br />Seufzend wende ich. 3 oder 4 Kilometer umsonst. Was nicht schlimm ist, hier ist es flach. Einige Minuten später bin ich wieder bei der Abzweigung und biege auf die richtige Straße ein. Folge ihr, und sehe mich hinter einer Kurve mit <span style="font-style: italic;">ihm </span>konfrontiert.<br /><br />Ich weiß, <span style="font-style: italic;">ihn</span> als Person, als Wesen zu sehen, ist vollkommen irrational und dumm. Vielmehr projiziere ich in den Anstieg, der da steil vor mir liegt, all die Ängste und negativen Gefühle, die ich habe. So abrupt, so unvorhergesehen stellt mir die Natur diesen Berg in den Weg. Es ist noch früh am Morgen! Verdammt - und dann sowas?<br /><br />Ich taufe ihn "Höllenberg" - es ist eine Steigung von einer Steilheit, wie ich sie in Portugal bis hierher noch nie erlebt habe. Eine lang gezogene Linkskurve, die zu einer Rechtskurve wird und dann im Wald verschwindet. Der Berg ist nicht hoch, überhaupt nicht hoch. 50, vielleicht 80 Höhenmeter, schätze ich, maximal. Wenn überhaupt.<br />Aber er ist steil.<br />Von einer Steilheit, dass instinktiv meine Knie schmerzen.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SI4Vrzm5RnI/AAAAAAAAAgk/pUEcIJWQgXg/s1600-h/04_HellMountain.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SI4Vrzm5RnI/AAAAAAAAAgk/pUEcIJWQgXg/s400/04_HellMountain.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5228140059755628146" border="0" /></a>In Portugal gibt es keine Schilder, die den Grad der Steigung in Prozent angeben. Wie auch? Der Staat würde Pleite gehen, alle paar Kilometer so ein Schild aufstellen zu müssen - das ganze Land wäre zugepflastert mit ihnen.<br />Ich schätze, hier würde eines mit "10 %" aufgedruckt stehen, wenn nicht mehr.<br /><br />In den kleinsten Gang geschaltet. Angerollt. Noch geht es gut. Dann stellt sich die <span style="font-style: italic;">Speedmachine </span>bergan, mein Tritt wird langsamer, der Druck an den Pedalen größer. Beine voraus liege ich am Berg und stoße mich hoch. Mit 6, 7 km/h, gerade noch steuerbar, geht es im Ameisenspeed den Berg hinauf.<br /><br />Ich schnaufe, trete. Gebe alles. Da saust grüßend ein Rennradfahrer an mir vorbei. In Gegenrichtung, versteht sich. Er macht sich ganz klein im Wind, duckt sich weg, das müssen 60, 70 km/h sein, die er drauf hat. Neidisch schaue ich in den Rückspiegel, sehe gerade noch, wie er rasend tritt, selbst im größten Gang kann man seine rotierenden Füße kaum erkennen, so schnell ist er. Tja, anders herum müsste man diesen Berg hinab fahren. Oder geht es auf der anderen Seite auch so steil wieder hinab? Hat der Mann gerade womöglich denselben Stress hinter sich?<br /><br />Das gibt Kraft. Ich trete weiter, konzentriere mich. Zum Glück ist die Sonne noch nicht ganz draußen, zumindest hält der Nebel, der immer noch vom Meer her kommt, einen Teil ihrer Kraft zurück. Aber es ist feucht, sehr feucht, und so weicht mein Trikot durch, fühle ich die Hitze meines Körpers von der Brust her, sie strahlt in mein Gesicht ab. Schweißperlen stehen auf Stirn und Unterarmen. Meine Knie glänzen. Ich laufe aus.<br /><br />Hälfte geschafft.<br /><br />Ein paar Autos überholen mich. Langsam, vorsichtig. Selbst die PS-strotzenden Blechkisten kommen nur im zweiten Gang gegen den Höllenberg an. Einige hupen und winken - ich kann nur ein wenig meinen Zeigefinger heben - für alles andere bin ich zu schwach, zu sehr brauche ich jetzt jedes bisschen Energie, um diese höllische Steigung zu meistern.<br /><br />Weiß sammelt sich Sonnencreme, vom Schweiß weggespült, in den Beugen meiner Arme. Ich bin vollkommen außer Puste, als ich oben ankomme. Hinter der Rechtskurve verschwinde. Den Höllenberg gemeistert habe.<br />Ich habe Dich besiegt, Du Riesensteigung! Ich jubele.<br /><br />Schaue mich um, blicke hinab auf den Abgrund, den ich soeben überwunden habe.<br />Schwer atmend, weiche Knie. Die Waden brennen. So schalte ich ein paar Gänge höher und fahre in der Erwartung meiner Belohnung - einer steilen Abfahrt, um die nächste Kurve. Um enttäuscht zu werden - statt massiver schräger Ebene nach unten, geht es milchmädchenmäßig etwas bergab, doch das reicht nicht einmal, um ohne zu treten auf Geschwindigkeit zu kommen. Ich bin enttäuscht, aber vielleicht hinter der nächsten Kurve?<br />Hinter der wird es noch schlimmer.<br />Eine neue Steigung. Fast so steil wie die des "Höllenberges".<br /><br />Also wieder herunter schalten. Kleinster Ganz. Ruhig drehen. So schraube ich mich in Schritttempo den nächsten Berg hoch. Nicht ganz so steil, dafür länger. Vier, fünf, sechs Serpentinen folge ich, bis ich ein kleines Dorf errreiche.<br />Mittlerweile ist der Nebel fort. Die Sonne kann anheben, ihr heißes Werk zu beginnen. Schlagartig wird es heiß. Und ebenso schlagartig ist die Feuchte des Morgens verbraucht. Weg gedampft, ausgetrocknet. Wo eben noch frischer Meerestau auf sattgrünen Blättern feucht glänzte, ist jetzt nur noch eine matte Oberfläche, staubtrocken, und etwas Salzkruste übrig geblieben. Auch mein Trokot ist schlagartig trocken - jetzt holt sich die Sonne, was ihr gehört.<br /><br />Das Dorf selbst ist eine einzige Steigung. Sanft zwar, leicht zu fahren, aber bergan ist bergan. So fahre ich langsam durch die Siedlung. Leute starren, anderen rennen plappernd ins Haus und kommen mit der halben Familie wieder heraus. Kindern bleibt der Mund offen stehen, Ältere Herren drehen sich einfach nur um und folgen mir mit ihren Blicken. Hier jubelt keiner mehr - hier wundern sie sich alle nur.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp1.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SI4cYkQXE-I/AAAAAAAAAhE/RA7Zgh3iQWc/s1600-h/09_Anstieg.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp1.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SI4cYkQXE-I/AAAAAAAAAhE/RA7Zgh3iQWc/s400/09_Anstieg.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5228147425798460386" border="0" /></a><br />Und hier passiert es dann auch, als sich mein Verstand und das Schicksal gegen mich verbünden und mich auf einen Irrweg schicken. Ich halte an und frage eine Frau: "Ribamar?", deute dabei geradeaus. Geht es hier nach Ribamar?, frage ich sie.<br />"Náo, náo." macht sie und schüttelt den Kopf. Dreht sich um und zeigt in die Richtung, aus der ich gerade komme.<br />Wie? Was? Zurück?<br />Ich kann es nicht glauben.<br />"Ribamar - back?", frage ich ungläubig.<br />"Sim, sim!", macht sie, lächelt mich an. "Ribamar", und wie zur Bestätigung macht sie mit den Händen eine Wellenbewegung. Ja, ja, der Höllenberg, ich weiß.<br />Ich bedanke mich. Wende mein Bike. Okay, dann also zurück. Kein Ding. Muss ich wohl was übersehen haben. Ist ja nicht das erste mal heute.<br /><br />Aber so, denke ich mir, habe ich wenigstens Gelegenheit, den Höllenberg mal anders herum, wie der beneidete Rennradfahrer von vorhin, abzureiten. Diese Höllensteigung mal von oben nach unten zu befahren. Und so freue ich mich auch ein bisschen.<br />Immerhin geht es fast den gesamten Weg zurück nach Praia de Santa Cruz bergab. Irgendwie hat es ja auch sein Gutes.<br />Also haue ich rein, gebe Gas.<br /><br />Und schon nach einer Minute habe ich vollen Speed, schieße die Dorfstraße hinab, dann die lange Abfahrt, die zweite Steigung von vorhin, die mich so viele Seufzer gekostet hat. Ich schalte in den höchsten Gang, trete, erst hart, dann geht es schneller. Wie gestern, erfasst mich ein Rausch. Es ist die Geschwindigkeit, die ganz besoffen macht, es ist die Schräglage in der Kurve, die Fliehkraft, die einen am Ausgang jedes Richtungswechsels noch einmal 5 km/h drauflegen würde, es ist das Surren des Freilaufs, das wie Aufatmen meiner Technik klingt. Nein, nicht wie Aufatmen - wie Beifall! Es spornt mich an, noch schneller! Noch schneller!<br />Dann die kleine Steigung - die enttäuschende Abfahrt von vorhin. Sie ist armselig, nimmt mir keinen Speed. Ich schieße über sie hinweg, einfach so, kommentarlos, bergan? Geht es hier nicht, ich bin viel zu schnell. Letzte Linkskurve vor dem Höllenberg. Ich presse mich in meinen Sitz, umfasse die Bremshebel - dann neigt sich die Nase meines Rads nach unten - ich blicke auf die Straße, die steil vor mir abfällt. Fast senkrecht, habe ich das Gefühl.<br />Wie eine mächtige Faust im Rücken, die mir einen Schlag versetzt, nimmt mein Gefährt noch einmal Fart auf. Brutal faucht es, als ich noch einmal beschleunige. Ich muss mich konzentrieren, voll und ganz auf das kurze Teilstück, das ich da gerade im Kamikazeflug hinabschieße. 65 km/h, da bremse ich - das Bike fängt an zu schlingern. Tribut der schweren Zuladung. Und schon bin ich unten, lange Rechtskurve. Ich nehme viel Fahrt mit. Bis Praia brauche ich nicht mehr treten.<br /><br />Dort angekommen hat sich das lebhafte Treiben sogar noch vergrößert. In der knappen Dreiviertelstunde, die ich weg war, scheinen noch einige hundert Badewillige mehr angereist zu sein. Und da endlich kommt es mir in den Sinn, einen Taxifahrer, den ich geduldig am Straßenrand neben seinem Peugeot warten sehe, zu fragen - der müsse es ja schließlich wissen.<br />Ich rolle also hin, begrüße ihn mit meinem besten "Bom dia, o Senhòr" und frage, ob er ein bisschen Englisch spräche.<br />"Not many", antwortet er. Das reicht schon - mehr als die meisten, grinse ich und frage, wo es nach Ribamar gehe. Er grinst da auch. Und deutet in die Richtung, aus der ich heute morgen gekommen war. Wie? Ganz zurück? Und dann deutet er in die Richtung, aus der ich gerade komme und die ich vorhin eingeschlagen hatte. Wie jetzt? Wohin denn nun?<br />"Ribamar direita", sagt er, rechts herum also.<br />"Ribamar esquerda", sagt er weiter, links also.<br />Ich zucke die Schultern hoch und schaue ihn mit großen Augen an: Links? Rechts? Die Erde ist rund und ich kann fahren, wohin ich will? Wie denn nun?<br />Ah, ich zeige ihm meine Karte.<br />"Praia de Santa Cruz", sagt er und drückt seinen zigarettengelben Finger auf die Stelle, an der wir gerade sind.<br />"Sim", antworte ich. Soviel weiß ich auch schon.<br />Dann fährt sein Finger nach Süden: "Ribamar", sagt er. Das steht da auch. Aha, also war ich heute morgen schon in Ribamar? Habs nur nicht bemerkt?<br />Weiter fährt sein Finger, wieder zurück nach Praia de Santa Cruz und weiter nach Norden: "Ribamar", sagt er wieder. Und da steht es auch wieder.<br /><br />Ich kann meinen Augen nicht trauen: Praia wird von 2 Dörfern mit dem selben Namen eingerahmt! Und sofort realisiere ich: Ich muss den Höllenberg wieder hoch! Zum zweiten Mal! Ich fasse es nicht! Ich war richtig, vorhin, im echten Ribamar. Und als ich die Frau gefragt hatte, wo es nach Ribamar gehe, hat sie wahrscheinlich angenommen, ich meinte das andere, durch das ich längst schon gefahren war. Meine Güte, auf sowas muss ich hier in Portugal also auch noch achten?<a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SI4bzmYCOJI/AAAAAAAAAg0/sRU5sQ8ZCkc/s1600-h/Lars_Reisberg_Portugal_SaoM.jpg"><img style="margin: 0pt 0pt 10px 10px; float: right; cursor: pointer;" src="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SI4bzmYCOJI/AAAAAAAAAg0/sRU5sQ8ZCkc/s320/Lars_Reisberg_Portugal_SaoM.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5228146790712359058" border="0" /></a><br />Ich kann nur noch fassungslos mit dem Kopf schütteln, ob meiner Doofheit. Da steht es, auf der Karte - ich hätte sie nur einmal aufmerksam anschauen müssen. Die ganze Mühe der letzten Stunde umsonst. Die ganze Häme ob des besiegten Höllenberges - verpufft. Nun muss ich diese fiese Mördersteigung wieder hinauf. Und nun, das merke ich sogar, wenn ich mich nicht bewege, ist es erst richtig heiß geworden.<br />Unfassbar.<br /><br />Ich bedanke mich beim Taximann, steige ächzend in die <span style="font-style: italic;">Speedmachine </span>und rolle an. Da hinten, da gähnt er, der schwarze Asphalt, heiß, dampfend, liegt er da und windet sich wie ein zäher, dunkler Lavastrom den Berg hinauf. Und ich bin mir sicher: Es wird nicht leichter sein, ihn das zweite mal zu bezwingen.<br />Und ich behalte Recht. Schon die ersten paar Meter bereiten mir derart Probleme, dass ich es erst gar nicht weiter versuche, liegend diese Steigung zu bezwingen. Ich schiebe das Rad hinauf - was am Ende mehr Energie kostet, denn um ein so tiefes Rad schieben zu können, muss man sich entsprechend krumm machen. Andererseits lenken die Rückenschmerzen von den Wadenkrämpfen ab ...<br /><br />Später, ich zähle nicht mehr die Stunden, erreiche ich wieder Ribamar, wo ich vorhin umgekehrt war, treffe auch die Frau wieder, die mir den Rat gegeben hatte, umzukehren. Zweifelnd schaut sie mir hinterher. Ich finde es peinlich, tue so, als hätte ich sie nicht gesehen. Sie muss mich für einen Vollidioten halten.<br /><br />Du hattest Deine Rache, Gott der Berge, denke ich mir und bitte um Gnade für den weiteren Verlauf dieser Etappe - immerhin liegen noch mehr als zwei Drittel vor mir. Und siehe da, er hat Gnade, und so erreiche ich, nur manchmal aufgehalten von kleineren, seichteren Anstiegen, Lourinha, die nächste größere Stadt. Kaum Zeit zum Verweilen - es hätte auch nichts gebracht, denn erstens hat in dieser Hitze eh kein Geschäft offen, da Siesta ist, und zweitens steht mir auch gar nicht der Sinn nach Sightseeing. Ich kaufe mir einen Snack - Sandwich & Wasser - verspeise es, mache mir ein paar Notizen und weiter geht es.<br /><br />Mittlerweile steht die Sonne genau über mir. Selbst wenn es hier Bäume am Straßenrand geben würde, sie könnten auch keine senkrechten Sonnenstrahlen auffangen. Ich habe das Gefühl, dass ich im Sitz meines Rades schwimme. Alles ist nass, fühlt sich verbraucht an. Das Leder meiner Handschuhe - mit dem Talg meiner Hände vermengt und in Nässe des Schweiß getränkt - geben einen Ekel erregenden Geruch ab.<br /><br />So also ist das, wenn man in der Knallesonne fährt, denke ich mir. Bei der Tour de France sieht das alles immer so idyllisch aus. Hier draußen, im Einsatz, ist das freilich ein ganz anderes Bild. Und dabei habe ich es noch vergleichsweise gut: Ich kann relativ entspannt im Bike liegen, habe keine schnaufende Konkurrenz in meinem Nacken, fahre nicht unter Zeitdruck (naja ...) und muss auch keinen Sponsor mit Bestleistungen beglücken. Nein, und trotzdem ist es eine Strapaze sondergleichen, hier an Portugals Küste zu fahren.<br /><br />Von der ich mich im übrigen immer weiter entferne. Fast schon kann ich das Meer nur noch am Horizont erahnen, denn ich steuere das Rad gen Inland. Und merke es auch sofort: Die Hitze steht. Kaum noch Wind, von frischer, feuchter Meeresbrise ganz zu schweigen. Hier herrscht einfach nur drückende Hitze. Glut steht auf dem Asphalt. Ich könnte anhalten und die Temperaturen aufsammeln. Die Grad Celsius wie im Kelch beider Hände tragen, bilde ich mir ein. Es ist affenheiß!<br />Mein Atem, da bin ich mir sicher, ist hier die einzige H2O-Quelle in Kilometern!<br /><br />Dafür werden die Hügel, die ich nun überwinden muss, seichter. Die Steigungen leichter, aber auch länger. Was am Ende, glaube ich, am Gesamtaufwand, die Strecke zu machen, nicht viel ändert. Das wäre doch mal was für Galilieo Mystery oder eine dieser "Infotainment"-Sendungen: Was ist besser: 5 steile, dafür kurze Berge oder einen, dafür sehr lang gezogenen Berg bei selber Strecke?<br />Mit solchen Fragen und der, ob Singvögel hier auch Siesta machen, beschäftige ich mich.<br />Ich bevorzuge, um das dann mal abzuschließen, wohl eher die lang gezogenen Berge: Immerhin bieten die dann auch längeren Abfahrten mehr Zeit für Erholung. Wobei, so eine rasante Schussfahrt hat ja auch was ... (Ich bin mir sicher, dass ich im Laufe meiner Reise noch eine Antwort finden werde, denn ich ahne, dass dies hier alles nur ein Vorspiel ist)<br /><br />Die Landschaft wird immer grüner. Je mehr ich fahre, desto dichter der Pflanzenbewuchs. Und dann, ich fahre um eine Kurve, kann ich nicht anders, als "Geilomat!" zu rufen: Unter mir tut sich eine grandiose, steile, scharf geschnittene Schlucht auf. Sie reicht mindestens 200 Meter in die Tiefe. Dicht bewaldete, steile Berge säumen sie ein, ich sehe unter mir die Straße in Serpentinen übergehen, spitze Felsformationen umschiffend. Ich stehe da und staune. Muss anhalten, an den Rand der Schlucht treten. Unter mir fliegen Vögel die Länge der Schlucht ab. Ein zugiger Wind zieht durch das Tal. Es ist ein berauschender Anblick. Ich freue mich. Vor allem freue ich mich auf die Abfahrt.<br />Es ist die Straße, die ins Dörfchen Rolica führt, einem, das auf meiner Strecke liegt.<br /><br />Wie trunken von Geschwindigkeit gebe ich mich den Kurven hin, lege einen Raumflug auf den Asphalt, sondergleichen. Ich jauchze mich von Kurve zu Kurve, es kann mir gar nicht schnell genug gehen. Immer mehr schneide ich die Strecke, komme auf die gegenüberliegende Fahrbahn, lenke härter, bremse weniger. Auch das nervöse Schaukeln der schwer beladenen <span style="font-style: italic;">Speedmachine </span>versuche ich zu irgnorieren - nicht jetzt, nicht hier! Diese paar Minuten sind der Lohn heute, diese Schlucht, diese Abfahrt von Rolica das Geschenk an mich, der ich zwei mal den Höllenberg hoch musste.<br />Wahrlich, ein Höhepunkt.<br /><br />Es stehen mir Tränen in den Augen, als ich unten ankomme, ein paar Fotos mache und gierig an meiner Wasserflasche sauge. Ja, genau, denke ich mir, deshalb mache ich das hier! Deshalb schwitze ich, deshalb ignoriere ich das Brennen in den Muskelsträngen - für diese Augenblicke, für die Eukalyptusbäume, die zischend an mir vorbeirauschen, für den Rollsplit auf der Straße, der mich bei 65 km/h fast zum Sturz bringt, für das Adrenalin, das mir jetzt förmlich aus den Ohren fließt.<br />Ich zittere.<br />Und muss es einfach noch einmal sagen: Geilomat!<br /><br />Der Weg in die geschichtsträchtige Stadt Obidós ist nicht weiter schlimm. Schon von weitem kann ich die beeindruckende Wehrburg auf dem Gipfel des Stadtberges erkennen. Riesige Mauern, Spitze Zinnen und eine brutale, dunkle Farbe erzeugen Ehrfurcht, vor diesem Bauwerk.<br /><br />Ich nehme die Nationalstraße N8, die parallel zur nagelneuen Autobahn verläuft. Sie wird mich nach Caldas da Rainha bringen. Und da alle Autofahrer die Autobahn nutzen, habe ich auf der Straße fast keinen Verkehr. Zwar nervt das Geräusch der hoch über mir auf Stelzen getragenen Schnellfahrbahn, aber dafür komme ich sehr gut voran. Was doppelt gut tut, denn mir werden langsam die Beine schwer - immerhin war die Etappe gestern auch nicht gerade ein Kindergeburtstag.<br /><br />In Caldas komme ich an einen Kreisverkehr, der so unverständlich beschildert ist, dass ich lieber in einem Café die Leute nach dem Weg frage. Wie so oft, kann niemand Englisch. Einer der älteren Herren kommt - nachdem er das obligatorische Handyfoto von meinem Bike gemacht hat - zu mir und fragt, ob ich Französisch könnte. "Non." sage ich und zucke bedauernd mit den Schultern, deute auf meine Ohren und gebe ihm zu verstehen, dass ich ihn nicht verstehe.<br />Er redet weiter.<br />Wie Französisch klingt das zwar auch nicht, aber er zupft mir am Arm, "Ingles, ingles." sagt er immer wieder. Zwei Läden weiter brüllt er etwas in die Tür. Wenig später kommt ein junger Mann in meinem Alter herunter. Der Alte sagt etwas, ich lächle ihn an und begrüße ihn.<br /><br />"Can you tell me the way to Sáo Martinho de Porto?" frage ich.<br />"Yes, Yes." sagt er. "I´m going to send you to the sea. To the sea - this way", macht er und deutet auf einer der etwa 24 Ausfahrten des Todeskreisels von Caldas da Rainha. "When you reach it - turn right. And then - straight on!"<br />Ah, mache ich, lächle, bedanke mich und gehe mit dem Opa zurück zu meinem Rad. Die Menschentraube ist noch nicht kleiner geworden und so trage ich zur allgemeinen Belustigung bei, entlocke das eine oder andere "Whoppa!" und Lachen aus den Mündern, als ich mich in den Sitz gleiten lasse, "Obrigadu!" rufe und winke.<br />"Bom viagem!" rufen sie mir nach - Gute Reise!<br /><br />Das ist das Schöne an Portugal: Niemand sagt hier "Ich weiß es nicht!" oder schüttelt abwehrend den Kopf. Hier gibt man sich Mühe, das erlebe ich immer wieder. Und man lässt den Hilfesuchenden nicht eher gehen, bis dieser weiß, wo er hin soll - und wenn das bedeutet, dass man ihn zwei Läden weiter schleifen muss bis man jemanden gefunden hat, der Englisch kann.<a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SI4fddbhl9I/AAAAAAAAAhc/Z_hiBbEylpQ/s1600-h/Lars_Reisberg_Portugal_Nebe.jpg"><img style="margin: 0pt 0pt 10px 10px; float: right; cursor: pointer;" src="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SI4fddbhl9I/AAAAAAAAAhc/Z_hiBbEylpQ/s320/Lars_Reisberg_Portugal_Nebe.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5228150808400467922" border="0" /></a><br /><br />Der junge Mann schickt mich in die falsche Richtung. Naja, nicht in die Falsche an sich, es liegt auch ein bisschen an mir, denn ich ich hätte ihm sagen sollen, dass ich mit Fahrrad reise. So aber ist die Strecke, die er sich für mich ausgesucht hatte, noch einmal mit fiesen Bergen übersäät und einfach nur zum Schreien. Die Nordroute wäre nicht nur kürzer - weil direkter - sondern auch flacher gewesen. Aber woher soll ich das auch vorher wissen?<br /><br />Zunächst folge ich der Straße bis zum Meer. Merklich ruhiger wird es, je näher ich dem Ozean komme, was ich sehr begrüße. Nur och vereinzelt werde ich überholt, die Straße bietet wieder einen schönen breiten Seitenstreifen. Doch dann, ich biege rechts ab, weil vor mir nur noch Wasser ist, geht es los. Ein ewiges Auf und Ab folgt. Den ganzen Weg, ich schätze so 15 bis 20 km bis Sáo Martinho. Richtig heftig wird es noch einmal in einem Örtchen namens Foz do Arelho, wo der 160 m hohe Serra do Bouro mit einer dem Höllenberg absolut ebenbürtigen Steigung aufwartet - deren letztes Stückchen ich wieder schieben muss.<br /><br />Es ist 16 Uhr und es wiederholt sich das Schauspiel von heute morgen: Dichter, reinweißer Wasserdampf zieht vom Meer herauf. Willkommene Abkühlung, frische, salzige Brise in den Lungen, die eine Wohltat ist. Freilich, die Temperatur kann der Dampf nicht senken. Eher fühlt es sich an, als stünde ich vor einem Dampfbügeleisen und gäbe volle Power. Aber merklich die Entlastung, wenn die Sonne nicht mehr direkt auf mich einprügeln kann.<br />Es geht stramm bergauf und bald fahre ich 20 oder 30 Meter über Meeresniveau auf einer Straße, die eingerahmt wird von mit Sicherheit messerscharfem Dünengras. Perfekt zum Wildcampen, denke ich mir und freue mich statt dessen, dass es nicht mehr weit bis zu meinem Campingplatz sein kann.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SI4U_jXMbyI/AAAAAAAAAgE/_cwCI-Hyt90/s1600-h/12_Sao_Martinho_Strand.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SI4U_jXMbyI/AAAAAAAAAgE/_cwCI-Hyt90/s400/12_Sao_Martinho_Strand.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5228139299480563490" border="0" /></a>Ich fahre noch eine halbe Stunde, als ich ihn erreiche. Die megabreite, weiße, omegaförmige Bucht, die nur einen schmalen Ausgang zum Meer, flankiert von zwei mächtigen, rot schimmernden Felsen, hat, ist randvoll gefüllt mit Badegästen.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJF3v8YOFII/AAAAAAAAAl0/ORIz6ap7nWQ/s1600-h/saomartinho_von_oben.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJF3v8YOFII/AAAAAAAAAl0/ORIz6ap7nWQ/s400/saomartinho_von_oben.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5229092307899126914" border="0" /></a>Wenn Praia de Santa Cruz schon voll war - Sáo Martinho quillt über vor Menschen. Mir ist klar, dass ich hier heute nicht ins Meer gehen werde. Ich hasse Massen. Vor allem Badende.<br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp3.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SI4fLbByQ1I/AAAAAAAAAhU/05G-HgLSbP4/s1600-h/Lars_Reisberg_Bucht.jpg"><img style="margin: 0pt 0pt 10px 10px; float: right; cursor: pointer;" src="http://bp3.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SI4fLbByQ1I/AAAAAAAAAhU/05G-HgLSbP4/s320/Lars_Reisberg_Bucht.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5228150498517992274" border="0" /></a><br />Der Campingplatz ist super. Die Leute freundlich und bald schon finde ich einen schönen Platz, wo ich - diesmal in angenehm weißem Untergrund - mein Zelt aufschlagen kann. Schnell bin ich geduscht, dufte nach Lotion, glänze penatenmäßig und fühle mich frisch. Endlich ist der Schweiß ab, die weiße Lorke aus Sonnencreme und Körpersalzen, endlich der Körper runtergekühlt - ich lechze nach einem kalten Bier und einer ordentlichen Portion. Die ich mir auch gleich im Strandrestaurant in Form eines Riesenhamburgers hole.<br /><br />Ein toller Ort - wenn man diese Art von Urlaub mag. Sicher gibt es hier eine Menge Bars und Diskos, eine breite Strandpromenade zum Bummeln und Eisessen. Mir aber ist das nichts - wozu flannieren, wenn man keinen hat, um dessen Hüfte man seine Arme legen könnte?<br />Stattdessen suche ich die andere Richtung - weg von den Massen, und beschließe, die Felsen am Ausgang der Bucht zu erklettern.<br /><br />Die richtige Idee für einen, der sich gerade 5 Stunden in der Sonne abgemüht hat, möchte man meinen, aber meinen Gelenken tut es gut. Tatsächlich erreiche ich den Ausgang der Bucht genau in dem Moment, an dem die Sonne untergeht.<br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SI4WKiRwx_I/AAAAAAAAAgs/RkSsHfYu2O4/s1600-h/15_Sao_Martinho_Cap.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SI4WKiRwx_I/AAAAAAAAAgs/RkSsHfYu2O4/s400/15_Sao_Martinho_Cap.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5228140587679533042" border="0" /></a>Ein tolles Gefühl, und welch´ prächtige Farben! Leider rollt auch die Flut massiv in die Mondsichelbucht ein, sodass ich mich spute, zurück ins Zelt zu kommen, bevor das Wasser so hoch steigt, dass es meinen Hinweg versperrt.<br /><br /><iframe allowfullscreen='allowfullscreen' webkitallowfullscreen='webkitallowfullscreen' mozallowfullscreen='mozallowfullscreen' width='320' height='266' src='https://www.blogger.com/video.g?token=AD6v5dzdLeVOePxucWMmTJ1mMm5P2hBjO33_LlnJPlrFMgkyuNixh-U_v95cONt3ItjYez_a7ytHRl5LhMH0lPs0BQ' class='b-hbp-video b-uploaded' frameborder='0'></iframe><br /><br />Und als dann gegen zwei, drei Uhr nachts auch meine Technojüngerzeltnachbarn Ruhe geben - nicht weil sie schlafen, sondern weil in Portugal "Nachtleben" erst um diese Uhrzeit beginnt und sie wohl einen der unzähligen Clubs heimsuchen - ist auch für mich an einen ruhigen, schönen Schlaf zu denken.<br /><br />Gefahren: 106,3 km in 5 h 13 min und 20,34 km/h Schnitt.Anonymoushttp://www.blogger.com/profile/11924140569160672339noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5791489776877501961.post-47387375474946033722008-07-27T00:56:00.000-07:002008-07-31T01:19:09.978-07:00Tag 3 / Etappe 1 "Eine Bergziege geht ihren Weg."<span style="font-style: italic;"><br />Lisboa - Estoril - Cascais - Cabo da Roca - Sintra - Ericeira</span><br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIwqiMNQr7I/AAAAAAAAAeU/URdoxWut7G4/s1600-h/etappe_1.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIwqiMNQr7I/AAAAAAAAAeU/URdoxWut7G4/s400/etappe_1.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5227600034351067058" border="0" /></a><br />Heute ist es also soweit. Endlich geht es auf die <span style="font-style: italic;">Speedmachine </span>- wir haben volles Go! Ich konnte kaum schlafen, konnte kaum schnell genug aufstehen, konnte kaum schnell genug das Frühstück herunterschlingen, konnte kaum schnell genug Hotelzimmer und das Minibar-Massaker bezahlen. Denn da steht sie im Foyer und glänzt mich in ihrem schönsten Orange an: Mein Liegerad!<br /><br />Das Virus hatte mich seit der Ankunft in Lisboa infiziert. Schluss mir dem Faulenzen - endlich! Ich bin hier, um Rad zu fahren! Ich lege ein letztes Mal Hand an meine Ausrüstung, verstaue und verschnüre alles sicher. Die Packtaschen sind randvoll gefüllt, oben thront, quasi als stromlinienförmiges Heck, meine zusammengerollte Isomatte, die ich auch gut als Kopfpolster nutzen könnte, daneben aufgeschnallt, der Schlafsack.<br /><br />Die Maschine ist schwer beladen - so schwer, wie noch nie.<br /><br />Unter allgemein interessierter Anteilnahme fast des gesamten Hotelpersonals schiebe ich sie nach draußen. Ein letzter Wink, ich gleite in den Sitz. Die Federung gibt nach. Tief hängt sie, meine schwere Maschine - ein erster Tritt in die Pedale. Ich lenke auf dem Kopfsteinpflaster noch etwas ungelenk - die Balance des Rades unterscheidet sich jetzt erheblich von der <span style="font-style: italic;">Speedmachine</span>, die ich kenne. Durch die Konzentration des Schwerpunktes hinten habe ich fast keinen Druck am Vorderrad. Es fährt sich wie auf rohen Eiern, ich brauche einige Minuten, mich hieran zu gewöhnen. Auch ist das normale, rapide Beschleunigen nicht mehr möglich - das Rad ist einfach viel zu schwer.<br /><br />So kämpfe ich mich die ersten kleineren Anstiege zum El Corte Inglés hinauf bis zum Parque Eduard VII, von wo aus es erstmal ein paar Kilometer bergab bis zum Tejo geht, wo ich die nicht empfohlene Küstenstraße nach Estoril nehmen will.<br /><br />Ich weiß nicht, ob es am Liegerad liegt, das man hier wohl noch nie gesehen hat, oder ob sich auch in diesem Punkt mein Marco Polo mal wieder geirrt hatte - die portugiesischen Autofahrer sind vorbildlich. Kein Schneiden, kein Drängeln, kein aggressives Hupen - man fährt vorsichtig, hält interessiert Abstand und lässt mich machen. Man lächelt mir im Vorbeifahren zu, manchen winken. Andere Hupen freundlich und recken den Daumen nach oben. Passanten, ganze Straßenzüge, bleiben stehen und drehen sich um. Ein Liegerad, hier in Lissabon? Sowas gabs wohl noch nie. Ich genieße das. Ein bisschen berühmt sein.<br /><br />Erstaunlich schnell komme ich voran. Der Parque ist flux durchfahren, die Avenida Libertade, die dreispurige Hauptavenue der Stadt, ebenfalls. Ich biege auf die Küstenstraße ein, die mich bis Cascais bringen wird, und beschleunige. Der Asphalt wird immer besser. Es geht schnell voran, den Wind von der Seite, der etwas stört, aber das geht schon.<br /><br />Und allenthalben fröhliche Zurufe, Winken, ganze halbe Körper, die sich mir aus Autofenstern entgegen recken und winken, spornen an. In Portugal freut man sich also noch über Liegeräder. In Deutschland, auf so einer Straße wie dieser, hätten mich sicher schon 25 Radweg-Nazis angehupt und angebrüllt.<br />Hier macht das niemand.<br />Na, hier geht das ja auch nicht - es gibt keine Radwege.<br /><br />Trotzdem ist der Verkehr der reine Wahnsinn. Ich liege tief - habe also die Abgase genau in der Nase. Gern überrascht der sonst perfekte Fahrbahnbelag auch mal mit einem 30 cm breiten Schlagloch auf offener Bahn oder einer in Fahrtrichtung liegenden, alten und nicht ganz überasphaltierten Straßenbahnschiene. Eine Herausforderung - aber als <span style="font-style: italic;">Speedmachine-</span>Pilot, der die Hamburger Radwege kennt, bin ich abgehärtet.<br /><br />Leider verpasse ich im rasanten Morgenverkehr die Abfahrt, die mich zum Fußgängerbereich direkt am Tejo-Ufer bringen würde. Nun liegt zwischen mir und dem grünen Traumweg entlang des mächtigen Flusses nicht nur eine 6-spurige Schnellverkehrsstraße in Morgen-Rushhour, sondern auch eine unüberwindliche Bahntrasse, die man nur via Fußgängerbrücken (natürlich ohne schräger Ebene für Rad- oder Rollstuhlfahrer) überqueren kann.<br />Ich entscheide mich für den Highway und bleibe.<br /><br />Es geht verdammt schnell. Schon fliegen das Denkmal Padrão dos Descobrimentos, zur Seefahrtstradition Portugals, und der Torre de Belém, der Wehrbau, der damals die Segelschiffe verabschiedet und wieder begrüßt hat, an mir vorbei. Die Fahrt geht über flaches Gelände, so bin ich sehr schnell. Immer wieder hupen und jubeln mir - vor allem junge - Leute aus ihren Autos zu, ich grüße, freue mich, bin so viel Euphorie angesichts eines Liegerads nicht gewöhnt.<br /><br />Schon habe ich Estoril erreicht. Biege ab, nach Cascais, meistere die erste längere Steigung und habe eine Viertelstunde später auch diese Stadt erreicht. Leider bekomme ich nicht viel mit von der tollen Küstenlandschaft, durch die ich da fliege, da ich mich auf Verkehr und Schilder konzentrieren muss.<br /><br />Ich bekomme dafür allerdings einen Vorgeschmack auf das, was mich hier erwarten wird - zumindest denke ich das jetzt. Wärme, nein, Hitze. Eine Hitze, wie sie selbst der größte Hochsommer in Deutschland nur schwer produzieren könnte. Unerbittlich glüht die Sonne über mir, Schweiß sammelt sich unter meinem Helm und bald schon glänzen Unterarme und Beine, überzogen von einem Blasen werfendem Film meiner eigenen salzigen Flüssigkeit.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp3.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIx5pv6bCrI/AAAAAAAAAfk/RQQy9NravkM/s1600-h/04_wow_ein_radweg.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp3.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIx5pv6bCrI/AAAAAAAAAfk/RQQy9NravkM/s400/04_wow_ein_radweg.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5227687025613408946" border="0" /></a>Ich blicke immer wieder nach links, sehnsüchtig, denn dort, keine 1.000 Meter neben mir brandet der Atlantik ans Ufer, verspricht Kühlung. Das azurblaue Wasser, kleine Kabbelwellen und fast schon kann ich das würzige Meeressalz auf den Lippen schmecken - was ich tatsächlich schmecke ist mein eigener Schweiß.<br /><br />Auto um Auto rauscht an mir vorbei. Ich grüße, denn noch immer hupen und winken enthusiastisch die Insassen. Hochgereckte Daumen signalisieren Achtung vor dem, was ich da treibe. Für die Portugiesen muss ich aussehen wie ein Außerirdischer - tief liegend in einem futuristischen Gefährt, trotzdem archaisch angetrieben nur durch eigener Muskel Kraft, schwer bepackt mit Zelt und Schlafsack.<br /><br />Wieder kämpfe ich mich im kleinsten Gang des größtes Blattes, so um die 16 km/h schnell, einen Anstieg hinauf. Cascais, die Stadt, in der der ich laut Karte abbiegen muss. Denn mein erstes Ziel naht - das Cabo da Roca.<br />Kontinentaleuropas westlichster Punkt.<br /><br />Ich biege ab, kommme ganz nah ans Wasser heran. Neben mir nur der felsige Strand und eine kleine - vorbildlich asphaltierte - Nebenstraße mit sehr wenig Verkehr. Und da passiert es: Ich finde einen Radweg, Mangelware in Portugal. Der Weg ist eben wie ein Spiegel, dabei griffig und durch kleine Poller von der Straße abgetrennt. Hier lässt es sich gemütlicher fahren, ich kann nun sogar beschleunigen auf fast 28 km/h Schnitt, denn da ich nun nach Norden fahre, habe ich den scharfen Lissaboner Seitenwind nun im Rücken.<br /><br />Da zeichnen sich plötzlich aus dem Dunst des atlantischen Wasserdampfes ganz klare Umrisse ab. Was ich vorher nur als massiven Schatten wahrgenommen hatte, kann ich nun ganz klar sehen. Das muss es sein. Das Kap. Mein Ziel.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp1.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIx58GdzhAI/AAAAAAAAAfs/cHMxGN7IjCg/s1600-h/02_Cabo_da_Roca_weit.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp1.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIx58GdzhAI/AAAAAAAAAfs/cHMxGN7IjCg/s400/02_Cabo_da_Roca_weit.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5227687340905038850" border="0" /></a>Ich halte an, trinke einen Schluck Apfelschorle, gehe kurz runter ans Meer und tauche meine Hände ins kühlende Nass des Ozeans. Dann blicke ich auf. Da muss ich hoch! Da will ich hoch! Weiter gehts, es ist noch recht früh, gegen 11 Uhr, und vielleicht schaffe ich es ja, vor der Mittagshitze - der richtigen Hitze - am Kap zu sein?<br /><br />Da, ganz weit vor mir, entdecke ich einen Radfahrer. Ein paar Minuten später habe ich ihn ein. Es ist ein braun gebrannter Rennradler in voller Montur. Er gibt sicher nicht sein Bestes, was das schnelle Aufschließen, ja sogar das Überholmanöver erklärt.<br />Als ich auf seiner Höhe bin, bremse ich ab. "My friend," beginne ich, "is this the right way to Cabo da Roca?"<br />"Whoa!" macht er, überrascht ob des ungewöhnlichen Rades. "Sim, sim!" stimmt er dann freundlich lächelnd zu, deutet mit seinem Helm zum großen roten Felsen, der sich über den Horizont erhebt: "Cabo da Roca!" stimmt er noch einmal zu.<br />"So, do you mind if I cycle behind you?" frage ich ihn. Er lächelt wieder, nickt begeistert und so fahren wir im Team.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIx5ZbIHJWI/AAAAAAAAAfc/XUcQ85XFKd0/s1600-h/Lars_Reisberg_Rennradkolleg.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIx5ZbIHJWI/AAAAAAAAAfc/XUcQ85XFKd0/s400/Lars_Reisberg_Rennradkolleg.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5227686745155773794" border="0" /></a>Die Fahrt geht flott, aber er sieht wohl, dass ich schwer zu schleppen habe, also fahren wir mit nicht mehr als 25 km/h. Langsam zieht auch die Steigung an, es wird heißer. Ich muss heftiger treten, öfter Gänge zurück schalten und freue mich, dass wir nun durch einen Wald fahren, der Schatten und etwas Kühle bietet.<br /><br />Das Mantra der Kurbelumdrehung. Das vertraute Klackern meiner Shimano Deore XT in den Ohren. So fahre ich hinter meinem Teamkollegen her. Steiler wird es, die Straße schickt sich an, zu einem Serpentinenkurs zu werden.<br />Noch genieße ich es, denn der Wald, durch den wir fahren, besteht zum größten Teil aus Eukalyptusbäumen. Ein Duft, den ich sehr mag, der mich an mein so sehr geliebtes Sonntagsbad erinnert. Hier draußen ist er schärfer, ungefilterter. Fast brennt er in der Nase, schaufelt aber die Lungen frei, habe ich das Gefühl, schafft Extraplatz für Sauerstoff, den ich nun immer <a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIx7k2MZ0jI/AAAAAAAAAf8/i7Nb5RJuyGc/s1600-h/Lars_Reisberg_CabodaRoca.jpg"><img style="margin: 0pt 0pt 10px 10px; float: right; cursor: pointer;" src="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIx7k2MZ0jI/AAAAAAAAAf8/i7Nb5RJuyGc/s320/Lars_Reisberg_CabodaRoca.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5227689140423348786" border="0" /></a>dringender brauche.<br /><br />Mehr als einmal dreht sich mein Rennradfreund um, fragt, ob alles okay ist. Ich recke dann meinen Daumen nach oben - ja, mein Freund, kein Problem.<br />In Wahrheit brennen mir die Waden. Aber wer gibt das schon gern zu?<br /><br />Er lässt sich zurückfallen, ist neben mir, greift in seine Trikottasche auf dem Rücken und holt ein silbriges Knäuel hervor. Er reicht er mir herunter.<br />"Pastel de Nata?" frage ich. Die Umrisse dieses köstlichen Blätterteig-Vanille-Gebäcks erkenne ich sofort.<br />"Sim, sim!" freut er sich, "Very good portuguese Food!"<br /><br />Schon beschleunigt er mit langem, rundem Tritt und setzt sich wieder vor mich. Ein Glück - außer trockenen Müsliriegeln habe ich nichts Essbares bei mir.<br /><br />Wir fahren mittlerweile fast eine Stunde. Kurvenreich, mal nach Osten, mal nach Westen, schlängeln sich die Serpentinen am Berg, der Serra de Sintra, nach oben. Immer aber geht es aufwärts. Keine Abfahrt belohnt mich für meine Strapazen. Mitten in den Kurven wird es immer besonders steil, die Anstiege dazwischen gehen, wir fahren sie mit flotten 13, 14 km/h.<br />Ich muss schalten, oft. Mein Rennradfreund, der dazu noch in einem atemberaubend hohen Gang wie in Zeitlupe tritt, schaltet nicht ein einziges Mal.<br /><br />Ich leide. Merke es aber nicht, da ich viel zu sehr damit beschäftigt bin, Anschluss zu behalten und meinen eigenen, runden Tritt zu finden.<br /><br />Dann wird der Wald lichter. Hinter einer Kurve, die an einem blanken, steilen Felsen vorbei führt, hört er ganz auf. Aus dem Schatten treten wir hinaus. In die freie, blanke Sonne. Einerseits ist es befreiend, denn ich fühle die Höhe - mehr als einmal musste ich Schlucken, um den Druck in den Ohren auszugleichen. Jetzt hier oben, ohne Bäume zu radeln ist wie die Bestätigung der Höhe.<br />Gleichzeitig ist es eine Pein - mächtig brutzelt es, fast scheint es mir, dass die paar hundert Meter, die wir jetzt über Meeresniveau sind, die Intensität der Strahlen verdoppelt hätte.<br /><br />Erbarmungslos treibt sie den Schweiß aus allen Poren. Merklich verlangsamt hat sich unsere Geschwindigkeit - und merklich steiler wird die Strecke. Nun schaltet auch mein Freund vor mir. Aus den flotten 14 sind 10, manchmal nur 8 km/h geworden. Müdigkeit kriecht die Beine hoch. Eine schmeichelnde, verführerische Stimme, ganz ganz hinten im Kopf, mahnt zu einer Pause. Sagt mir, dass ich hier niemandem etwas beweisen muss. Dass ich kein austrainierter Profi sei.<br />Ich doch ruhig mal anhalten könnte.<br />Ich es mir verdient hätte.<br />Das ächzende Knarren der Schaltung meines Vordermannes bringt die Stimme zum Schweigen - nix mit Anhalten hier! Wir fahren da jetzt hoch. Wir beide. Basta.<br /><br />Es ist eine erste Lehrstunde in Sachen Motivation. Oft schon habe ich auf meinen Touren schwere Abschnitte erlebt. Nie allerdings dermaßen Strapazen auf mich genommen. Dies ist eine Grenze, die ich hier gerade versetze, sage ich mir. Ich betrete neues Land, mache Dinge mit meinem Körper, die er vorher noch nie gemacht hat.<br />Diese Erkenntnis und die leckere Nata, die ich gierig verschlinge, spornen mich an.<br /><br />Irgendwann, wir fahren wieder in ein bewaldetes Stück hinein, kommen wir an eine Kreuzung. Mein Kamerad signalisiert mir, dass ich anhalten soll. So stehen wir nebeneinander. Er deutet nach links: "Cabo da Roca," sagt er und macht eine Bewegung, ich ich mit Freuden aufnehme - er deutet mit der flachen Hand nach unten: "Two Kilometer - down!"<br />Er grinst.<br />Ich grinse.<br />Früchte der Arbeit - 2 Stunden langer, harter Aufstieg, die nun mit einer hoffentlich ebenso spektakulären Abfahrt belohnt werden würden. Mein Herz beginnt zu pochen. Vorfreude quillt in meinen Hals. Meine erste Septentinenabfahrt in diesem Lande steht bevor.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp3.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJF1YNiMVWI/AAAAAAAAAls/_2DDagshPrE/s1600-h/Lisboa-Cabo.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp3.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SJF1YNiMVWI/AAAAAAAAAls/_2DDagshPrE/s400/Lisboa-Cabo.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5229089701164242274" border="0" /></a>Dann deutet er nach rechts. Und mit der flachen Hand nach oben: "I go here. Up. Mountain." sagt er und lächelt mich an. Unsere Wege trennen sich also.<br />Ich steige aus, gebe ihm die Hand. Wir lächeln uns zu, wünschen uns alles Gute.<br />Ich kenne nicht einmal seinen Namen, wir verabschieden uns aber mit "my friend". Wie warm und offen, wie herzlich und freundlich das ist. Gemeinsam 2 Stunden gelitten. Das schweißt wohl zusammen.<br />Er müht sich ab, wieder in einem irrsinnig hohem Gang, Fahrt aufzunehmen und verschwindet hinter einer Kurve. Es geht bergan für ihn. Mittags. Ein Wahnsinn ist das!<br /><br />Für mich aber, was hatte er gesagt? 2 Kilometer? Für mich aber geht es erst einmal bergab. Ich setze mich, mache es mir bequem, und fahre an. Und tatsächlich, als ich die Kurve durchfahre, geht es merklich nach unten. Zunächst noch durch das Dorf - Geschwindigkeitsbuckel alle 100 m, sehr schnell werde ich nicht.<br />Kaum ist der Ortsausgang erreicht, schalte ich hoch und beschleunige.<br /><br />35 Sachen, nächster Gang. Ich schalte gleich zwei auf einmal.<br />45, der Wind faucht und schlägt auf die Ohren.<br />50, ich kann mein Jauchzen kaum mehr verstehen, so laut ist der Fahrtwind.<br />55, die ersten Kurven reite ich in Schräglage ab, wie sie Jagdflieger in ihren Dogfights erleben. Ich schaue nach vorn, zitternd fliege ich über kleine Bodenwellen, stark zerrt der Meereswind mein Bike mal in die eine, mal in die andere Richtung. Ich habe die Hand an den Bremshebeln, tue aber einen Teufel, die Geschwindigkeit zu verringern.<br />60 km/h! Ich fliege. Mein Herz rast, fast schlagen die Segelklappen blutpumpend genauso schnell, wie mein Freilauf rattert. Eine kleine Steigung vor mir, ich nehme Moment mit, rase sie empor, erreiche den Kamm, bergab geht es, und ich fliege auf das Meer zu, geradewegs vor mir breitet sich die massive Bläue aus. Frischer Wind, es duftet. Ich schreie vor Freude, im Rausch des Speed.<br />63 km/h. Wir das noch mehr?<br /><br />Nervös wie ein junger Hengst schlittert die schwer beladene <span style="font-style: italic;">Speedmachine </span>über die Piste. Langen Geraden folgen enge Kurven, ich schieße über seichte Anstiege, um auf deren anderer Seite noch steiler bergab zu rasen.<br />So geht das. Ewig, habe ich das Gefühl. Aber 2 Kilometer sind 2 Kilometer. Das Meer kommt näher. Bald fliege ich auf einem schmalen Fels. Das Kap!<br /><br />Am Leuchtturm bremse ich. Komme unter einem Obelisken, der den symbolträchtigen Ort markiert, zum Stehen. Zitternd, die Wangen fast kalt vom Fahrtwind, schnalle ich Helm und Handschuhe ab.<br />Was für ein Ritt - und das mit einem schweren Rad. Wie muss das erst ganz ohne Gepäck, mit perfekter Balance im Rad sein? Wieviel schafft man hier? 70, 75 oder gar 80 km/h? Ein Grollen holt mich ins Hier und Jetzt.<br /><br />Cabo da Roca - es bittet zur Audienz.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp3.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIx6GBd1qOI/AAAAAAAAAf0/EA8GkSte5vQ/s1600-h/09_Cabo_da_Roca.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp3.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIx6GBd1qOI/AAAAAAAAAf0/EA8GkSte5vQ/s400/09_Cabo_da_Roca.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5227687511361693922" border="0" /></a>Der Ausblick ist grandios. Dutzende Meter geht es einfach nur senkrecht nach unten. Dort, wo kochend der wütende Atlantik am Kontinent zu rütteln versucht, aufgehalten durch Jahrmillionen alte Felsen und gebrochen von scharfe Kanten, die meterhoch die mächtige Brandung aufhalten.<br />Ein Sound, den man kaum beschreiben kann - dumpf grollt der Bass des Ozeans, bis selbst hier hoch. Man kann sie spüren, die Kraft, im Bauch. Und um wieviel gewaltiger muss der Eindruck hier sein, wenn Sturm herrscht, wenn das Meer zu Demonstration seiner wahren Kraft anhebt?<br /><br />Ich bin allein am Kap. Keine Touristen. Da biegt ein Reisebus um die Ecke. Öffnet die Türen. Menschen quellen heraus. Ich erkenne, selbst nur Sprachfetzen erahnend, ihre Herkunft. Es sind Polen.<br />Und da - anfangs belustigt, später ergriffen von diesem Symbol - durchfährt mich ein Gedanke an Europa. Dass ich hier am westlichesten Punkt des Kontinents, Menschen vom östlichsten Punkt des Kontinents treffe. Ein schöner Zufall. Flüchtig, vielleicht belanglos, aber ich mag das Bild. Schlägt es doch eine Brücke und manifestiert die Idee Europas, als Verbindung zwischen so vielen, so unterschiedlichen Völkern und Kulturen.<br /><br />So nehme ich das Kap mit - als beeindruckenden Ort faszinierender Naturkräfte. Und als meinen ganz persönlichen Augenblick, an dem sich mir die Idee von Europa so anschaulich offenbahrt hat.<br /><br />Zeit, weiterzufahren. Und da dämmert mir: Ich muss den ganzen Weg zurück! Wenn es vorhin mit meinem Rennradkollegen noch mit recht flotten 11, 12 km/h voranging, nie aber langsamer als 8, so hatte ich jetzt, vor allem auf den sehr steilen Stücken, Mühe, das Rad überhaupt steuerbar zu halten. Unter 6 km/h geht fast keine Kreiselkraft - und damit Stabilisierungswirkung - von den Rädern mehr aus. Ich muss heftig lenken und gegenlenken. Mühsam, schweißtreibend, nun schutzlos der unbarmherzigen Mittagssonne ausgeliefert, kurbele ich mich jene Strecke hoch, die ich vor wenigen Minuten noch freudeschreiend hinabgesaust bin.<br /><br />Zwei Kilometer nur. Zwei mal eintausend Meter. Das klingt wenig. Zwei Kilometer. Wenn einen jede Kurbelumdrehung aber nur 20 Zentimeter weit bringt, und selbst diese eine, winzige Umdrehung Ressourcen verbraucht, die immens sind, dann ziehen sich diese zwei Kilometer in endlose Länge. In Leiden.<br />Dann werden aus zwei Kilometer plötzlich fünftausend Umdrehungen. Fünftausend mal ächzen und stöhnen. Fünftausend mal Schmerzen.<br />Mehr als einmal muss ich anhalten, Puste holen. Etwas trinken.<br /><br />Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis ich das Dorf erreiche, an dessen Kreuzung ich mich vom Kollegen getrennt hatte. Und wenn die Geschwindigkeitshuckel vorhin noch nervten, jetzt sind sie mein Aus - um wieviel mehr an Kraft brauche ich, diese Betonwülste zu überfahren. Jedes Mal bleibt das Rad fast stehen, so langsam, schneckenartig krieche ich schweißtriefend über sie hinweg.<br /><br />Nun bloß nicht überdrehen! Ja nicht übermütig werden - das kenne ich von anderen Bergen. Gerade gegen Ende einer Steigung, wenn der Kamm nur wenige hundert Meter entfernt ist, meint man, beschleunigen zu müssen. Meint man, nochmal anziehen zu müssen. Warum auch immer. Aber damit powert man sich aus, überdreht, setzt die ohnehin zum Zerreißen gespannten Sehen zu viel unter Spannung, provoziert schmerzhafte Krämpfe, versauert seine Muskeln, verschleudert sein letztes bisschen Kraft. Für nichts.<br />Also: Bloß nicht überdrehen!<br /><br />Im Dorf. Es ist leer. Alle Fenster verrammelt. Fern zirpen Grillen, anscheinend die einzigen Geschöpfe, die sich zurzeit hier draußen aufhalten. Und die Polen am Kap, die mich gerade vorsichtig überholen, von oben runterstarren, hinter getönten Scheiben in ihrem klimatisierten Bus. Schon sind sie wieder verschwunden. Ich bin allein. Kämpfe mich voran. Und erreiche die Kreuzung. Schatten.<br /><br />Ich schaue auf meine Karte. Dann auf die Hinweisschilder. Und mir schwant das nächste, Böse. Ich werde den Weg, den mein Radkollege vor einer Stunde ("Up there - Mountain!") gefahren ist, ebenfalls nehmen müssen.<br />Noch mehr Steigung. Noch mehr knallharte Sonne. Noch mehr Schweiß.<br />Ich bin alle. Und dann ist es noch so weit bis Ericeira, wo ich heute Zelten will. Es hilft alles nichts - auf gehts! Sporne ich mich an, atme einmal tief durch, sauge den Eukalyptus in mich hinein, trinke einen tiefen Zug Schorle und biege um die Ecke.<br /><br />Es bleibt, wie es war: Bergig. Extrem. Serpentinen schrauben sich behäbig an steilen Abhängen hinauf.Staubtrockene Luft, unbarmherzige Temperaturen und eine wütend glühende Sonne tun das ihre. Ich schwitze, muss stinken wie ein Iltis, fällt mir ein. Aber wen interessiert das jetzt, wie ich dufte? Wobei mir schlagartig einfällt, dass ich mein Parfum mit im Gepäck habe. Mexx im schweren Glasflakon. So unnütz, wie ein Kropf. Lieber 200 Gramm weniger, dafür stinken und es leichter haben.<br />Ich kurbele.<br />Ich kurbele ...<br /><br />Dann, nach schier endlosem Gestrampel, nach Spitzkehren, steilen Anstiegen, ganzen Kilometern ohne Schatten, dann kommt er endlich, der Pass: Ich habe die Spitze der Serra da Sintra erreicht. 490 Höhenmeter, sagt mein Plan. Na, einigen wir uns auf 400. Ich kann zur Spitze des Berges ja noch aufblicken.<br />Vor mir knickt die Straße ab. Zeigt wieder nach unten. Die Abfahrt. Lang ersehnt. 400 Höhenmeter bergab. Das Äquivalent von fast 3 Stunden sturem Bergauffahren. Ich habe es mir verdient.<br /><br />Rasant geht es ab. Da kaum Verkehr ist, kann ich die gesamte Fahrbahn nutzen. Muss nicht ständig im Rückspiegel Ausschau halten. Kann rasen. Kann mich in die Kurven legen, mich behutsam reinbremsen, dann, am Scheitelpunkt, die Bremshebel loslassen, den Schwung mitnehmen, wie ein Pendel zur anderen Seite der Kurve hinausschießen, wieder abtauchen, Nase runter, Fahrt aufnehmen. Mein Puls rast. Mein schweißnasses Trikot trocknet.<br />Ich schreie wieder, breite die Ellenbogen aus, so, als wolle ich fliegen.<br />Schnell reite ich in den kühlenden Eukalyptuswald ein, schieße durch eine grüne Hölle. Wie Blitze tanzt das rasante Wechselspiel von Licht und Schatten auf meiner Sonnenbrille. Alles wackelt, alles fliegt, kaum Geräusche, nur der Wind, der mir um die Ohren knallt. Und was kann es schöneren Lohn für eine Plackerei wie diese geben, als eine solch kapitale Abfahrt am Berg? Mal den Blick raus aufs Meer geheftet, wie es näher kommt, reinbremsen, die Maschine wenden und zur anderen Seite runterschießen, auf einem Dach aus grünem Duftlaub schwebend.<br /><br />Hinter der letzten Kurve, ich hebe meinen Kopf - der nächste Berg türmt sich auf.<br />Regel Nummer 1 in Portugal: Hast du einen Berg bezwungen, bekommst du zwei neue.<br /><br />So geht das drei oder vier Berge lang. Kilometer auf Kilometer. Stunde um Stunde. Harte Anstiege, rasante Abfahrten. Oft allein, gern aber auch im dichten Verkehr, neben schweren LKW oder schnellen Porsches. Menschen jubeln wieder, winken mir zu. Das gibt Kraft.<br />An einem Brunnen mache ich Pause, trinke ausgiebig, kühle meinen Kopf unter dem kalten Quellwasser, fülle die Flaschen auf.<br /><br />Ich passiere Sintra, die Gartenstadt, die aber nahezu ohne Eindruck zu hinterlassen an mir vorbeizieht. Die Sonne sinkt schon tiefer, kühler wird es aber nicht. Ab Sintra habe ich die letzten Ausläufer der gleichnamigen Serra überwunden. Von hier an geht es nur noch gemächlich bergan. Leider auch nur gemächlich bergab.<br />Ich fahre wieder streng nach Norden, linkerhand kann ich fern das Meer erkennen, in dem ich gleich baden werde. Denn Ericeira ist schon ausgeschildert. Die nagelneue Umgehungsstraße des Städtchens erinnert mich an deutsche Autobahnen - zwei Fahrtrichtungen, getrennt voneinander, zwei Spuren pro Richtung und mit einem extrem breiten Seitenstreifen ausgestattet. EU-Geldern sei Dank, hier haben die Straßenbauer einen Leckerbissen hingesetzt, fähig, der dichtesten, wildesten und schnellsten Blechlawine Stand zu halten.<br />Ich fahre allein auf diesem Highway.<br />Fühle mich so klein, so fehl am Platz, hier, auf dieser Rennstrecke für PS-Boliden. Fast wie der einzige Überlebende einer Nuklearkatastrophe.<br /><br />Ich erreiche gegen 15 Uhr den Zeltplatz. Den Untergrund finde ich steinhart vor - es ist mir<a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp1.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIx4dpRR96I/AAAAAAAAAfM/3HNWFDi64-Y/s1600-h/Lars_Reisberg_Ericeira.jpg"><img style="margin: 0pt 0pt 10px 10px; float: right; cursor: pointer;" src="http://bp1.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIx4dpRR96I/AAAAAAAAAfM/3HNWFDi64-Y/s320/Lars_Reisberg_Ericeira.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5227685718160177058" border="0" /></a> ein Rätsel, wie man auf diesem Betonboden einen Campingplatz eröffnen kann. Nur mit größter Mühe bekomme ich die Häringe in den Boden. Grobe Steine dienen als Hammer. Dem harten Untergrund sind meine Alu-Häringe natürlich nicht gewachsen.<br />Ich sollte mir bei Gelegenheit angespitze aus Stahl kaufen.<br />Doch irgendwann steht das Zelt, ich gehe duschen, ziehe meine gürtellose Schlabberjeans an, erkunde kurz das Terrain und finde einen Strand genau gegenüber vom Zeltplatz. Nun hole ich mir eine dicke Pizza, einen eiskalten Eistee, mache es mir auf dem Handtuch im heißen Sand bequem und esse. Brennender Hunger - das merke ich erst jetzt - treibt die Bissen runter. Kühlend und wohlschmeckend spült der Mango-Eistee hinterher.<br /><br />Dann stürze ich mich in die Fluten. Hoher Wellengang - na, für einen, der seine Badewanne und Mecklenburger Seen gewöhnt ist, zumindest. Ich genieße den Kälteschock, dann die Abkühlung, die allmählich den total überhitzten Radlerkörper erfasst.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIx4o9cV0dI/AAAAAAAAAfU/PZFbWcDgUy0/s1600-h/14_Ericeira_Strand_3.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIx4o9cV0dI/AAAAAAAAAfU/PZFbWcDgUy0/s400/14_Ericeira_Strand_3.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5227685912553837010" border="0" /></a>Ein, zwei Stunden liege ich noch in der Sonne. Dann schreibe ich Tagebuch, hole mir noch eine Kleinigkeit zum Abendbrot und falle gegen 21 Uhr - nicht ohne vorher ein paar SMS an Freunde und Familie zu schicken - in einen wohl verdienten, tiefen Schlaf. Daran kann auch die Kindergruppe, die Gitarrenmusiksingend neben meinem Zelt bis spät in die Nacht feiert, nichts ändern.<br /><br />Eine tolle, eine rasante erste Etappe. Und eine, die mir schon viel beigebracht hat, über das, auf das ich mich hier eingelassen habe.<br /><br />Gefahren: 99,4 km in 4 h 28 min und guten 22,6 km/h SchnittAnonymoushttp://www.blogger.com/profile/11924140569160672339noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5791489776877501961.post-26749870428019671072008-07-26T23:55:00.000-07:002008-07-27T00:56:25.721-07:00Tag 2 "Sightseeing ... und wann gehts endlich los?"Schön ausschlafen, das ist heute morgen die Devise. Die beiden Tage Lissabon dienen zwar auch dem touristischen Erkunden dieser Stadt, von der man schon so viel gehört hat, aber auch der Aklimatisierung - ich will mich an die Hitze und die besonderen Luftfeuchtigkeitsverhältnisse gewöhnen, bevor ich aufs Rad steige, losfahre und hinterher zusammenklappe, weil ich meinem Körper nicht genug Zeit gegeben habe, sich an all das hier zu gewöhnen.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIwmDZ6JRMI/AAAAAAAAAd0/tMZWmmcIiag/s1600-h/05_LIssabon_Electrico.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIwmDZ6JRMI/AAAAAAAAAd0/tMZWmmcIiag/s400/05_LIssabon_Electrico.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5227595107406529730" border="0" /></a>Nachdem ich gestern rund 8 Stunden durch die Stadt zu Fuß gelaufen bin, viel gesehen habe (und Marco Polo sagt, es sei unmöglich, Lissabon by foot zu entdecken ...) und viel fotografiert habe, fielen mir selbige gestern Abend vor Schmerzen fast ab. Meine Chucks sind halt auch keine Wanderschuhe. Aber der Latschenkiefer von Klosterfrau hats wieder hinbekommen - und heute, das schwöre ich mir beim reichhaltigen Frühstücksbüffet - werde ich mich in einen Touribus setzen und mir das ganze mal vorführen lassen.<br /><br />Doch zunächst gilt es, den ramponierten Transportkarton so zusammenzuflicken, dass ich ihn a.) nach Porto in mein Endhotel schicken und b.) überhaupt noch einmal, nämlich für den Rückflug, benutzen kann. Es dauert fast eine Stunde, um das riesige Papphaus wieder zusammenzufalten und dann zur Post zu schleppen. Gottseidank ist die geradewegs nur 5 Minuten entfernt, denn die Pappe ist auch gefaltet riesig und nicht gerade ein Leichtgewicht.<br /><br />In Portugal muss niemand in der Post (Correios genannt) anstehen. Da haben die ein ganz tolles System. Sich abgeguckt. Jeder, der rein kommt, zieht an einem Dispenser eine Nummer. Arbeitsamtmäßig. Dann kann er sich irgendwo einen Platz suchen und es sich bequem machen. Irgendwann ertönt dann das Standardsignal für "der nächste Bitte" - bei uns Deutschen freilich den Arbeitsamtreflex auslösend - und dann hat man einen freien Schalter. Finde ich super.<br />Ein überaus freundlicher Mitarbeiter nimmt das Paket entgegen, verschickt es für 8 Euro und ich bekomme sogar noch 10 Postkarten für Mama, Freunde und Bekannte oben drauf.<br />Ich mag die Correios.<br /><br />Und da ich nun schon mal da bin, in Lissabons größtem Shopping-Center, dem "El Corte Inglés", kaufe ich gleich für morgen (endlich gehts los!) ein: Müsliriegel, Saft, Pflaster, Tape. Ein Riesenbeutel. Ich zahle 7.60 Euro. Portugals Preise sollen mit den deutschen vergleichbar sein. Wenn das stimmt, habe ich das billigste Riesenshopping-Center Portugals entdeckt.<br /><br />Und dann, es ist Mittag, eigentlich Siesta-Zeit, laufe ich den Parque Eduard VII hinab, dort, wo die Touribusse abfahren, kaufe mich für 15 Euro in die illustre Runde ein und fahre los. Witzigerweise führt mich die etwa 2-stündige Fahrt durch das Verkehrschaos dieser Metropole an exakt den Plätzen vorbei, de ich gestern schon by foot erobert hatte. Freilich gestern ohne die vielen interessanten Infos der freundlichen Reiseführerin, die in 3 Sprachen ihr Bestes gibt.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIwm6pmKH7I/AAAAAAAAAeE/xi-eJJ8n3yw/s1600-h/08_Lissabon_Fassade.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIwm6pmKH7I/AAAAAAAAAeE/xi-eJJ8n3yw/s400/08_Lissabon_Fassade.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5227596056510472114" border="0" /></a>Mit an Bord: eine Familie aus Brasilien. Unschwer zu erkennen an der Beflaggung, die Vater Brasilio stolz am Körper trägt. Aus Pietätsgründen habe ich mir verkniffen ein Foto zu schießen, aber man kann sich das einfach so vorstellen: T-Shirt, Armband, Gürtelschnalle, Schlüsseband, Socken und sogar die Fotokamera in grün-gelber Brasilienfarbe. Abenteuerlichst turnte er über und unter den Sitzen um alle möglichen und (bis dato) unmöglichen Positionen für ein Foto zu erreichen, um seine Familie vor den wunderschönen architektonischen und historischen Perlen<a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIwpsjKIXpI/AAAAAAAAAeM/7KNShGjLnYo/s1600-h/Lissabon_Lars_Reisberg_2.jpg"><img style="margin: 0pt 0pt 10px 10px; float: right; cursor: pointer;" src="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIwpsjKIXpI/AAAAAAAAAeM/7KNShGjLnYo/s320/Lissabon_Lars_Reisberg_2.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5227599112799018642" border="0" /></a> der Hauptstadt abzulichten. Bisweilen auch nicht ohne Kolatteralschäden - so hatte ich ihn das eine oder andere mal im Kreuz. Aber soll er mal.<br />Zudem noch eine 5er-Gruppe hübscher Kaugummiamerikanerinnen, die ohne Probleme für den Cast eine Daily Soap einer M-TV-Serie ihre Frau gestanden hätten. Hübsch, laut, Kaugummi.<br /><br />Mir knurrt der Magen. Ich steige aus und in das nächste Restaurant ein. Ich probiere die Pastel de Bacalhau, Fischbällchen - gestampfte Kartoffel, Gemüse und Bacalhau (Portugals Lieblingsfisch) in einem Bällchen, das frittiert wird. Lecker. Mit Sagres noch leckerer.<br /><br />Ich verspüre immer mehr, wie mir die Stadt, so schön sie auch sein mag, den Hals zuschnürt. Dieses Touristengetue nervt mich - bin ich doch eigentlich hier um Rad zu fahren, Kilometer zu fressen, Natur zu sehen. Und nicht, um mich als Hoteltourist mit allem Pipapo bespaßen zu lassen. Nur noch heute Abend, sage ich mir. Genieß den Abend, morgen wirst du fahren können ... endlich!<br /><br />Notiz: Meine Pläne, Gewicht zu sparen, in allen Ehren, aber eine Jeans, die eigentlich 2 Nummern zu groß ist (man weiß ja nie) ohne Gürtel zu tragen ist Folter. Aber dafür 300 g Ledergürtel gespart ...<br /><br />Am Nachmittag ersteige ich in größter Hitze den Berg, der zum Castel Sao Jorge führt. Das Castel thront hoch über der Stadt, ich möchte es sehen. Im Schweiße meines Angesichts (und gehbehindert, weil mir die Hose in den Knien hängt), kämpfe ich mich tausende grob behauener Stufen empor. Etliche Touribusse überholen mich. Ich werde mitleidsvoll bis belustigt angeschaut. Aber Ihr, Ihr habt es Euch eigentlich gar nicht verdient!<br />Der Eintritt ins alte Gemäuer kostet 10 Euro. Ich verzichte.<br /><br />Dafür finde ich, hinter zwei, drei engen Gassen versteckt, dort, wo kein Touri hinkommt, einen Garten Eden. Ein paar - musste ja so sein - verliebte Pärchen haben es sich in dem rosenumrankten Rungang, der zwar etwas heruntergekommen aussieht, aber nichts von seinem romantischen Charme verloren hat, bequem gemacht, turtel miteinander oder umarmen sich schweigend und genießen den fantastischen Blick, den man auf den Westteil der Stadt mit der großen Tejo-Bucht hat.<br /><br /><iframe allowfullscreen='allowfullscreen' webkitallowfullscreen='webkitallowfullscreen' mozallowfullscreen='mozallowfullscreen' width='320' height='266' src='https://www.blogger.com/video.g?token=AD6v5dwUmtptteYe8MIDZLx3Ny7PdR3U56fJjk4T6LJgP4MngIWSw-PV6lMQSetnBNW8bsdeR5ZRb7P_xA5cU8rR' class='b-hbp-video b-uploaded' frameborder='0'></iframe><br /><br />Auch ich ergattere einen solchen Platz, atme tief durch, lass mir die frische Meeresbrise um den schweißnassen Körper wehen und schreibe meine Postkarten. Der Rosenduft benebelt mich fast, der Ausblick schmeichelt sich ein, der Flow dieser tollen Stadt besticht - und so schwärme ich nach Hause von einem Lissabon, dessen Facetten ich nur habe funkeln sehen, nicht wirklich erfahren können, aber von einem Lissabon, das mit Sicherheit eine Reise wert ist, das eine der schönsten Metropolen Europas, wenn nicht der Welt, ist, mit einem Charme, den man nicht beschreiben kann, den man fühlen muss. Und das dann am besten so, wie es die Jungs und Mädchen, die mich hier umsäumen, tun: Mit einem lieben Menschen an seiner Seite, mit dem man all die schönen Dinge hier teilen kann.<br /><br />Ich mache mich auf den Heimweg. Zu viel Romantik benebelt. Oder macht traurig. Wie man es nimmt. Unterwegs kaufe ich mich 10 Pastel de Bacalhau, nehme im Hotelzimmer ein langes, heißes Bad, massiere meine Waden und schaue einen fiesen Film auf RTL, wobei ich die frittierten Leckereien verspeise.<br />Morgen - endlich - geht es los.<br />Morgen - endlich - kann ich wieder kurbeln.<br />Fahren.<br />Lenken.<br />Kann das tun, weswegen ich hier her gekommen bin.<br /><br />Vieles will ich sehen, vieles wird schwer, das weiß ich. Aber es wird wunderbar, auch dessen bin ich mir sicher.<br /><br />Zwar weiß ich noch nicht so genau, wie ich den Mordsverkehr Lissabons (der sich größtenteils auf holprigem Kopfsteinpflaster von 1145 abspielt) überleben soll, aber auch dafür wird sich eine Möglichkeit finden. Mein "Portugal für Radfahrer"-Buch empfiehlt, sich vor dem abenteuerlichen Fahrstil der Portugiesen in acht zu nehmen. Es empfiehlt, nicht die Küstenstraße zu nehmen. Es empfiehlt, am besten das Rad in die Bahn zu laden und sich bis Cascais, eines meiner Ziele für morgen, fahren zu lassen.<br />Für mich kann das nichts sein. Ich bin Radfahrer. Keine Mutti.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp1.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIwmZ27cJ0I/AAAAAAAAAd8/S41C_khVSUY/s1600-h/15_LIssabon_Uni.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp1.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIwmZ27cJ0I/AAAAAAAAAd8/S41C_khVSUY/s400/15_LIssabon_Uni.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5227595493153711938" border="0" /></a>Morgen also: Früh aufstehen, ausgiebig frühstücken und so vielleicht dem Moloch Lissabon vor der Rushhour entkommen. Die Sonne geht unter, sehr schnell, wie es in Portugal üblich ist, und ein fantastischer Sternenhimmel funkelt wie ein Teppich aus Myriarden Diamanten über mir. Ich träume mich ins Morgen. Hören schon, wie meine Kette über die Ritzel fliegt, ich meinen Atem stoßweise alle paar dutzend Meter hinter mir lasse. Ich freue mich.<br /><br />Ach, und heute habe ich wieder 2 Radfahrer gesehen. Das macht dann schon 5 in zwei Tagen. Morgen werde ich den Schnitt erheblich erhöhen.Anonymoushttp://www.blogger.com/profile/11924140569160672339noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5791489776877501961.post-89083243518367402112008-07-26T03:10:00.000-07:002008-08-01T06:35:33.041-07:00Tag 1 "Flug in die Glut"Aufstehen um 4 Uhr macht keinem Spaß. Aber erstaunlicherweise fühle ich mich erstaunlich fit - denn vor großen Reisen schläft es sich erfahrungsgemäß nicht sehr gut.<br /><br />Am gestrigen Abend hatte ich noch die Zeit genutzt, um meine Sachen zu packen und das Rad klarzumachen für seine Reise. Für seine zwei Reisen: Denn bevor ich es würde durch Portugal reiten können, würde es im Frachtraum meines Flugzeuges platz finden müssen. Und da ich meine <span style="font-style: italic;">Speedmachine </span>liebe, wollte ich ihr den gleichen Komfort angedeihen lassen, wie ich ihn haben würde. Naja, soweit man in der Economy von Komfort sprechen kann.<br /><br />Und so verbrachte ich einige Stunden damit, das Rad zu putzen, eine extrastarke Schicht lackschützendes Wachs aufzutragen, alle beweglichen Teile zu ölen, Kette, Umwerfer und Ritzel noch einmal zu reinigen und zu wachsen. Kurz - das Rad gläzte wie neu.<br />Dann ging es ab in seinen Karton.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIswh-ochII/AAAAAAAAAdE/Zr_T1-QZPfc/s1600-h/01_SPeedmachine_putzen.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIswh-ochII/AAAAAAAAAdE/Zr_T1-QZPfc/s400/01_SPeedmachine_putzen.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5227325152800048258" border="0" /></a>Den hatte ich im Internet bestellt. Ein Monstrum aus Pappe. Der Aufbau dauerte fast eine ganze Stunde, aber es lohnte sich - passte doch das gesamte Rad hinein, ohne dass ich Pedale oder Ähnliches hatte abschrauben müssen. Die Räder ruhten in Extrakartons, die das Fahrrad als Ganzes in der Mitte des Kartons zentrierten. Ein dritter Karton umfasste den Sitz, sodass das Rad fest und sicher stand. Ich stellte nur den Lenker schräg, verstaute neben dem Rad noch Zelt, Schlafsack, Isomatte und einiges Kleinzeug im Karton, verschloss alles sachgemäß und brachte es mit einem Kurierdienst zum Airport.<br /><br />Den Rest meiner Ausrüstung hatte ich in die Radtaschen gepackt und ebenfalls zum Flughafen mitgenommen. Der Vorabend-CheckIn ist etwas ganz Tolles - denn so würde ich am Tag der Abreise nur mit meinem Fotoapparat ausgerüstet an Bord gehen können.<br /><br />Was ich auch tat.<br /><br />Der Flug mit TAP Portugal verläuft perfekt. Belgien und Frankreich liegen noch unter einer dünnen, aber dichten, Schäfchenwolkendecke, Spanien dafür ist klar und deutlich zu erkennen - ich sehe Gebirgszuüge, ausgedehnte Flächen der Pampa und stimme mich so auf das ein, was mich in Portugal erwarten wird.<br /><br />Wir setzen in Lissabon zur Landung an. Zunächst fliegen wir in geringster Höhe über die Stadt hinweg. Prächtig in Weiß liegt sie unter uns, verteilt sich auf viele Hügel. Davon hatte ich schon gelesen. Der Flieger fliegt raus aufs Meer, geht in eine steile Kurve und nimmt so Kurs auf den Lissaboner Airport. Es wird unruhig im Flieger. Winde greifen nach dem Flugzeug, es geht rauf und runter, mal hängen wir schräg links, mal schräg rechts in der Luft.<br />Ich hatte gelesen, dass Lissabon einer der windigsten Orte zum Landen ist. Das dürfte interessant werden ...<br /><br />Tatsächlich setzt der Flieger nach ewigem Gekurbel und zigmaligem Korrigieren der Flugbahn in einem ziemlich verrückten Winkel zur Landebahn aufgesetzt - butterweich. Portugiesische Piloten gelten nicht nur Madeiras wegen als die besten der Welt.<br /><br />Ich stehe am Gepäckband und erhalte ziemlich schnell meine Tasche. Alles fein. Dann begebe ich mich zu "Oversized Luggage" und warte auf mein Rad. Wird es den Flug überstanden haben? Und wenn ja, wie? Nach und nach bringen Mitarbeiter die Gepäckstücke, die nicht der Norm entsprechen, heraus. Kinderwagen, große Kisten, sogar ein Komode ist dabei. Aber nicht der Riesenkarton mit meiner <span style="font-style: italic;">Speedmachine.</span><br />So stehe ich da, fast eine Stunde lang. Mein Taxifahrer, den ich extra mit einem großen Transporter via E-Mail bestellt hatte, wird längst schon weg sein.<br /><br />Ich gehe zu "Lost & Found", eine spontane Eingebung. Und da finde ich es dann auch. Mein Karton. Er steht da. Ziemlich ramponiert. Aber Gottseidank ist nichts Ernstes passiert, ich werde ihn wohl für den Rückflug etwas stärker präparieren müssen, aber sonst ist alles glatt gelaufen.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp1.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIswYJXsBhI/AAAAAAAAAc8/Nqd4PgU-578/s1600-h/02_Verpackung_ade.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp1.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIswYJXsBhI/AAAAAAAAAc8/Nqd4PgU-578/s400/02_Verpackung_ade.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5227324983883859474" border="0" /></a>Draußen halte ich Ausschau nach dem Taximann. Der ist, wie befürchtet, schon längst weg. Mir hilf eine freundliche Stadtbedienstete, die für mich ein Großraumtaxi bestellt, in das gerade so das Rad passt. Auf den Karton muss ich ja nun keine Rücksicht mehr nehmen - und zwänge auch die letzte Ecke unter würgen und brechen in den Truck. Dann gehts auf zum Hotel.<br /><br />Es ist heiß in Lissabon. Sehr heiß. Und dazu - das ist in Noreuropa, vor allem in Hamburg, nicht so - vor allem ist es trocken. Bald schon brennt mir die Kehle. Gottseidank weht in der ganzen Stadt ein stetiger, kühlender Wind. Egal wo man steht, unten, oben, hinter einer Ecke oder wo auch immer - ständig weht es. Und das nicht zu knapp. Vorboten einer Windtour hier in Portugal? Ich weiß es nicht.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIsxBTyw9hI/AAAAAAAAAdM/mbjzsMPLae0/s1600-h/14_Portugalisol.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIsxBTyw9hI/AAAAAAAAAdM/mbjzsMPLae0/s400/14_Portugalisol.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5227325691056420370" border="0" /></a>Es ist knapp 11 Uhr und mein Zimmer ist noch nicht bezugsfertig. Und so stelle ich alles im Hotel ab - man ist sehr freundlich hier - und beschließe, ein wenig die Stadt zu erkunden. Zeit genug ist ja. Es ist gerade Siesta, kaum ein Laden hat geöffnet und auf den Straßen herrscht wenig Verkehr. Ich folge einigen größeren Avenues, erreiche den Parque Eduardo VII, der großzügig hoch oben über der Altstadt thront und in die Avenida Libertade, der Hauptachse der Stadt, mündet. Ich habe einen fantastischen Blick auf die Bucht, auf Bairro Alto, dem berühmten Altstadtviertel und verstehe langsam, warum man Lissabon auch "Die Weiße" nennt - unglaublich klar, ungetrübt der Blick bis in weiteste Ferne - und daher strahlend weiß die Häuser.<br /><br /><a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIsxWPJhqSI/AAAAAAAAAdU/VBHoRevp7M8/s1600-h/03_LIssabon_ParqueEduardVII.jpg"><img style="margin: 0px auto 10px; display: block; text-align: center; cursor: pointer;" src="http://bp2.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIsxWPJhqSI/AAAAAAAAAdU/VBHoRevp7M8/s400/03_LIssabon_ParqueEduardVII.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5227326050586962210" border="0" /></a>Ich gehe die Hauptstraße heran, will ans Wasser. Fast 5 km Weg, aber die schrecken mich nicht. Eher die Hitze, die nach viel Flüssigkeit verlangt, die es aber allenthalben in den kleinen Cafés - Pastelaria genannt - und Kiosken für wenig Geld gibt. Unten am Wasser habe ich einen herrlichen Blick auf die "Golden Gate Bridge", die tatsächlich wie ihr großer Bruder in San Francisco aussieht. Kein Wunder, hatte doch die selbe Firma diese Brücke erbaut. Drüben, auf der anderen Seite, grüßt ein Mini-Jesus, wie er in Rio auf dem Zuckerhut steht. Schön, diese Tradition, Verbindungen ans andere Ende der Welt.<br /><br />Lissabon ist so, wie man es in all den Filmen gesehen hat: Steile Hügel, enge, verwinkelte Gassen. Überall sitzen Menschen und sprechen miteinander und immer dringt von irgendwoher traditionelle Musik ins Gehör. Dabei ist Lissabon nicht laut. Schon gar nicht hektisch. Mir fallen die vielen jungen Menschen auf.<br /><br />Schließlich schlendere ich ins Bairro Alto, jenem Ort, den man noch am ehesten mit Lissabon verbindet. Hier sind die Berge am steilsten, die Gassen am engsten und die Häsuer die ältesten. Und, das muss ich sagen, nachdem ich eine kleine Pastelaria geau auf er Spitze des Bairro-Hügels entdeckt und einen der Plätze ergattert habe, hier trinkt es sich auch das eisgekühlte Sagres am besten. Mit Blick hinab in die Bucht über ein Meer von Dächern. Nebenan musiziert ein <a onblur="try {parent.deselectBloggerImageGracefully();} catch(e) {}" href="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIwlkxczdsI/AAAAAAAAAds/XsO2j5Rtnf4/s1600-h/Lissabon_Lars_Reisberg.jpg"><img style="margin: 0pt 0pt 10px 10px; float: right; cursor: pointer;" src="http://bp0.blogger.com/_QfcXEaXAEmQ/SIwlkxczdsI/AAAAAAAAAds/XsO2j5Rtnf4/s320/Lissabon_Lars_Reisberg.jpg" alt="" id="BLOGGER_PHOTO_ID_5227594581149972162" border="0" /></a>Freestyler auf einem Schlagzeug - treibende Rhythmen kombiniert er mit Jazz, eine kleine Meute junger Menschen feuert ihn an.<br /><br />Portugiesen scheinen leidenschaftliche Raucher zu sein. Kaum jemand, der nicht rauchen würde. An jedem Ort, zu jeder Zeit. Männer, Frauen, ob jung ob alt. Das stört mich sehr, vor allem in den Cafés oder beim Essen. Vielleicht nur Modewelle, vielleicht, wie man es von Spanien her kennt, einfach fest verwurzelte Leidenschaft. Ich muss das nicht haben und verziehe mich sogleich aus den stinkenden Schwaden. Das Bier ist mir bei dieser Hitze eh schon zu Kopf gestiegen.<br /><br />Während ich so zurück laufe, merke ich, um wie viel sich diese europäische Metropole sich doch von anderen Städten dieser Art abhebt. Hier haben Worte wie "Hektik" und "Geschäftigkeit" eine ganz eigene Definition, eine ganz eigene Geschwindigkeit. Man fleißig hier, jeder hat immer irgend etwas zu tun - aber man tut es ruhiger, gelassener.<br /><br />Mich fasziniert diese Mischung, mit der die Stadt aufwarten kann - neben zweihundert Jahre alten Häusern und ihrer traditionellen Azulejo-Verkleidung (Azulejos sind diese bunten, reich verzierten Fliesen, die man zur Kühlung an den Häusern anbringt) stehen moderne Stahlgrasbauten, die das Bild dennoch nicht zu zerstören vermögen. Klar, hier und da ragen auch mal Betonmonster aus den Achtzigern empor, aber vor allem die Altstadt kann mit einem Charme aufwarten, der grenzenlos zu sein scheint. Wie das hier nachts aussehen muss ... darauf freue ich mich schon.<br /><br />Als ich mein Hotel erreiche und das Zimmer - toll ausgestattet, ich freue mich vor allem über die Minibar - erobere, wird mir klar, dass ich in den Stunden, die ich nun hier bin, erst 3 Fahrräder in der ganzen Stadt gesehen habe. Eins parkte vor einem Laden, das zweite war klapprig und wurde von einer älteren Mutti gesteuert, die den Tageseinkauf nach Hause wackelte und das dritte war ein Rennrad, das sich das huckelige Pflaster emporkämpfte, getreten von einem fast schon schwarz gebrannten Portugiesen in voller Radlermontur. 3 Radfahrer also heute.<br /><br />Mein Marco Polo-Führer hatte angedeutet, dass die Portugiesen leidenschaftliche Radfahrer sein würden. Na, vielleicht schauen die ja auch alle gerade die Tour de France ...Anonymoushttp://www.blogger.com/profile/11924140569160672339noreply@blogger.com0